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Digital In Arbeit

Arbeitsfreude als Betriebsprogramm

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Jetzt geht es nicht mehr um das Entgelt, das der Mensch von seiner Arbeit hat, sondern um das, was er in seiner Arbeit ist (Papst Paul VI.). Wer produktive Arbeit tut, so heißt es schon in „Mater et Magistra" (Papst Johannes XXIII.), soll auch in der Lage sein, den Gang der Dinge mitzubestimmen und durch seine Arbeit zur Entfaltung seiner Persönlichkeit zu gelangen.

Das damit vorgegebene Ziel, das Unternehmen zu einer echten menschlichen Gemeinschaft zu machen, ist das eigentliche Jahrhundertthema der Sozialpolitik. Wer freilich von „Humanisierung der Arbeitswelt" spricht, muß angeben, welches Menschenbild seine Vorstellung von Humanität bestimmt.

Für die katholische Soziallehre, besonders eben bei „Mater et Magistra", ist Persönlichkeitsverwirklichung in der Arbeit untrennbar verbunden mit einer steten Realisierung des Verantwortungsgefühls des Menschen und der Beanspruchung seiner schöpferischen Kräfte. Sie weiß dabei von der Notwendigkeit der Arbeit für den Lebensunterhalt, und sie ist realistisch genug, zu wissen, daß Arbeit eine Doppelnatur hat (Paul VI.): sie verspricht Geld, Vergnügen, Macht, sie lädt die einen zum Egoismus ein, die anderen zur Revolte, aber sie entwickelt auch Berufsethos, Pflichtbewußtsein und Nächstenliebe. Organisierte Arbeit sei gleichwohl nur menschlich, wenn sie der Intelligenz und der Freiheit Platz läßt.

Leitbild ist der selbständige Mensch (durchaus im Sinne von Helmut Schelsky), der die Leistung bejaht und gerade deshalb aus dem - Bereich des Vorgenormten hinausstrebt, nicht länger Untertan sein will und kann. Diese „Arbeitsmoral" sieht in der Arbeit

nicht nur das Arbeitsleid, von dem der Mensch zu befreien sei soll seine Würde gerettet werden.

Arbeit kann und soll auch Freude machen. Sie soll und kann auch „gesellig" sein - ohne damit unrentabel zu werden: Mitmenschlicher Erwerb ist gefragt. Nicht, was er mit seiner Arbeit erwirbt ist freilich der eigentliche Lohn des Menschen, sondern das, was er durch sie wird (Ruskin). Dabei liegen Arbeitsleid und Arbeitsfreude ziemlich eng beisammen.

Weil krankmacht, was kränkt, sieht auch Erwin Ringel („Psychosomatische Medizin und Arbeitsklima" in: Management Forum 11/1979) „wirkliche Zusammenarbeit" als entscheidend dafür an, wie gesund eine Arbeitsorganisation ist. Seine Beobachtungen bieten gute Beispiele, was menschengerechte Arbeitswelt beansprucht.

1. Der Sinn der Arbeit ist nur durch eigene Aufgaben zu vermitteln. Der Arbeitende will Verstandes- und gefühlsmäßig an der Gesamtleistung beteiligt sein.

2. Kooperation statt Konflikt, Leistungsgemeinschaft statt „Hackordnung" sind human und ökonomisch notwendig. Jedes Gegeneinander im Betrieb vergeudet nur Arbeitskraft und behindert jenes Lernen, ohne das wirtschaftlicher Fortschritt unmöglich ist.

3. Für das Gespräch muß Zeit sein. Der Mitarbeiter soll wissen, was vorgeht: Nur wer weiß, was er tut und warum er es tut, kann eine positive Einstellung zum Arbeitsprozeß entwickeln.

4. Eine partnerschaftliche Kommunikation in der Hierarchie erschließt erst das Verständnis für die Mitverantwortung. Führung nur durch Kritik, mag sie auch sachlich sein, ist ungenügend. Der Mitarbeiter muß auch Anerkennung erfahren. Und er muß sich beschweren können, wenn er beschwert ist. Echte Mitsprache gehört zur Mitarbeit. Macht macht nur Fremde. Der Betrieb braucht aber Partner - leistungsbereite Mitmenschen, die begriffen haben, daß alle im selben Boot sitzen.

Partnerschaft muß gelernt werden, von allen gelernt werden. Es geht ja nicht bloß um das Arbeitsklima. Eine echte Delegation von Aufgaben und Verantwortung in Verbindung mit Mitspracherechten am Arbeitsplatz ist ein volles Programm. Ein Programm, das wir uns leisten müssen.

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