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Argumente je nach Wahl

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Ab 1. Jänner 1987 gibt's Steuerabsetzbeträge von 600 Schilling pro Kind. Der Finanzminister reduziert sofort seinen Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds. Warum?

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Ab 1. Jänner 1987 gibt's Steuerabsetzbeträge von 600 Schilling pro Kind. Der Finanzminister reduziert sofort seinen Beitrag zum Familienlastenausgleichsfonds. Warum?

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1978 wurden die bis dahin bestehenden und seit Jahr und Tag in der Höhe unveränderten Kinder-absetzbeträge in einen Teil der Familienbeihilfe umgewandelt. Begründet wurde dies damit, daß jedes Kind gleich viel wert sei. Von dem Kinderabsetzbetrag der Steuer hätten jene nichts, die wenig verdienten.

Wie viele Familien von dieser Umstellung tatsächlich einen Vorteil hatten, war nie genau zu erfahren. Es war daher auch nicht zu überprüfen, wie weit der Beitrag gerechtfertigt war, den der Finanzminister in den Familienlastenausgleichsfonds einzahlte.

Um dem Vorwurf zu entgehen, der Finanzminister mache sich ein „Körberlgeld“, da ja durch den Wegfall der Kinder ab setzbe-träge Mehreinnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer vorhanden waren, zahlte der Finanzminister 1978 6,8 Milliarden Schilling, 1979 bis 1983 je 7,2 Milliarden Schilling in den Familienlastenausgleichsfonds ein. 1984 wurde dieser Betrag auf 10,5 Milliarden Schilling angehoben und blieb auch 1985 und 198&gleich. Im Budget-Entwurf 1987 wurde nun dieser Betrag um 500 Millionen

Schilling verringert — unter Hinweis auf die Steuerabsetzbeträge ab 1. Jänner 1987.

Bisher wurde der Betrag angehoben, ohne daß jener Teil der Fa-mihenbeihilfe, der dem Kinderabsetzbetrag entspricht, in gleicher Weise angehoben worden wäre. Als der Katholische Familienverband die Anhebung jenes Teils der Familienbeihilfe forderte, wurde dies unter Hinweis auf die schwierige Finanzsituation des Familienlastenausgleichsfonds abgelehnt.

Nun, da der Familienlastenausgleichsfonds anscheinend aufgrund steigender Löhne und Gehälter und der rückläufigen Kinderzahlen wieder mehr Geld hat, reduziert der Finanzminister seine Zahlungen. Und plötzlich gilt das Argument, dies seien ja Zahlungen in unmittelbarem Zusammenhang mit der steuerlichen Berücksichtigung der Familie. Da es diese ab 1987 wieder gebe, müsse der Betrag natürlich reduziert werden.

Man richtet sich's in der Argumentation eben so, wie | man's braucht.

In der „Arbeit und Wirtschaft“, herausgegeben von Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund, muß den Lesern natürlich erklärt werden, warum plötzlich auch die sozialistischen Gewerkschafter und Parlamentarier für die Berücksichtigung der Kinder im Steuerrecht sind.

Nun wird darauf hingewiesen, daß der Großteil der Einkommensbezieher (90 Prozent) diesen neuen Kinderabsetzbetrag voll nutzen können, nur zehn Prozent nicht. Diese würden aber so wenig verdienen, daß man ihnen zum Beispiel durch Anhebung der Kinderzuschläge bei den Ausgleichszulagen, der Familienzuschläge, beim Arbeitslosengeld und ähnlichen Sozialleistungen besser helfen könne.

Bund, Länder und Gemeinden haben sich darüber hinaus gegenüber anderen Dienstgebern einen gewaltigen Vorteil verschafft. Sie zahlen die Familienbeihilfe direkt an ihre Dienstnehmer aus, dafür aber nichts in den Familienlastenausgleichsfonds ein. Dabei haben auch Bundes-, Landes- und Gemeindebedienstete Anspruch auf Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds wie Schulbücher und Schülerfreifahrt.

Durch eine parlamentarische Anfrage wurde jetzt bekannt, daß der Bund für seine Bediensteten Familien- und Geburtenbeihilfe in der Höhe von einer Milliarde Schilling leistet, die Länder 875 Millionen Schilling. Der fiktive Dienstnehmerbeitrag von Bund und Länder beträgt demnach 3,5 Milliarden beziehungsweise 1,2 Milliarden Schilling. Der Bund erspart sich also 2,387 Milliarden, die Länder 354 Millionen Schilling bei Beibehaltung der derzeitigen Regelung.

Mit diesem Betrag könnte man zum Beispiel die Familienbeihilfe für alle Kinder um rund 150 Schilling pro Monat anheben.

Es ist daher höchste Zeit, in eine engagierte, sachliche und gerechte Diskussion nach den Wahlen auch die Leistungen für die Familien einzubeziehen und neue Regelungen so zu treffen, daß sie eindeutig und — sowohl was die Leistungen als auch was die Kostenverteilung betrifft — gerecht beschaffen sind.

Der Autor ist Generalsekretär des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

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