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Armee hat Jugoslawien zerschossen

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Auf EG-Druck beschloß das jugoslawische Rest-Bundespräsidium eine eintägige Waffenruhe in Kroatien. Zagreb soll die Kasernen freigeben. Sloweniens Parlament zementierte seine Unabhängigkeit. Es gibt eine neue Währung, seit Dienstag acht Uhr kontrollieren slowenische Zöllner die Grenze zu Kroatien.

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Auf EG-Druck beschloß das jugoslawische Rest-Bundespräsidium eine eintägige Waffenruhe in Kroatien. Zagreb soll die Kasernen freigeben. Sloweniens Parlament zementierte seine Unabhängigkeit. Es gibt eine neue Währung, seit Dienstag acht Uhr kontrollieren slowenische Zöllner die Grenze zu Kroatien.

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Die Generäle, die für die Kampfhandlungen in Süd- und Ost-Kroatien verantwortlich sind, gehören vor ein internationales Tribunal. Das ist die allgemeine Stimmung in Kroatien nach dem Bombenangriff von Montag nachmittag auf den Präsidentschaftspalast in der Oberstadt von Zagreb, gleich neben der Markuskirche, die ebenfalls beschädigt wurde. Die Kritik der Kroaten an der „Ap-peasemenf'-Politik Präsident Franjo Tudjmans wird auch immer lauter. Die Friedenspolitik Zagrebs - so Flüchtlinge aus Slawonien zur FURCHE - hat nichts gebracht. „Gefangengenommene und gleich darauf wieder freigelassene Tschetniks wurden von Serbien sofort wieder gegen Städte und Ortschaften in Slawonien eingesetzt."

„Die hohe Politik in Zagreb geht leider andere Wege, die auch verständlich sind", meinte dazu der Franziskaner-provinzial in Kroatien, Mirko Matausic, der aus eigener Anschauung und über den Franziskanerpater Tomislav Duka, Parlamentsabgeordneter in Zagreb, Parteigänger Tudjmans, bestens über die politischen Intentionen der Regierung informiert ist. „Tudjman hielt sich deswegen in dem kroatisch-serbischen Konflikt immer zurück, weil er damit vor dem internationalen Forum dokumentieren wollte, daß das heutige Kroatien nichts mehr mit dem seinerzeitigen Ustascha-Staat zu tun hat."

Der Franziskanerpater Lucius Jagec, Augenzeuge des Bombenangriffs auf den 300 Meter von der Franziskanerzentrale in E

Zagreb entfernt gelegenen Präsidentenpalast - er ist nach Beginn des Luftalarms nicht in den Keller gegangen, sondern hat in seinem Zimmer am Boden liegend den Angriff miterlebt und nachher die Rauchsäule in der Oberstadt gesehen -, erhofft von der Regierung die rasche Beschlie-ßung der Unabhängigkeit Kroatiens und damit die Erklärung der Illegalität der jugoslawischen Armee auf kroatischem Territorium.

Slowenien hat den Stichtag 7. Oktober, an dem das von Serbien nie eingehaltene Stillhalteabkommen ablief, ernstgenommen und seine Selbständigkeit zementiert. „Es war die Armee, die Jugoslawien auseinandergeschossen hat", betont Janez Gril, Chefredakteur der Laibacher Wochenzeitung „Druzina" gegenüber der FURCHE. Am Dienstag acht Uhr haben slowenische Zollbeamte und Sicherheitskräfte die Grenzsicherung zu Kroatien übernommen. Das Parlament in Laibach hat die Einführung einerneuen Währung, des Tolar, beschlossen. Bis 18. Oktober muß die jugoslawische Armee nach einem Parlamentsbeschluß in Laibach Slowenien mit seinen dort noch stationierten 2.000 Mann ohne Waffen verlassen haben. An einen neuerlichen militärischen Einsatz der jugoslawischen Armee in Slowenien glaubt man nicht emstlich, hat aber doch ein mulmiges Gefühl, „weil es noch immer viele verrückte Generäle gibt, die sich an kein Oberkommando mehr halten", soGril.

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