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Armer Süden, reicher Norden"

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Ein Alt-Meister schweizerischer Wirtschafts-Wissenschaft, Emil Küng, St. Gallen, referiert da, nüchtern, sehr zurückhaltend, konservativ liberal, sehr vorsichtig in der Wahl seiner Urteile, über heißeste Eisen der Welt-Wirtschaft, und damit auch der Weltpolitik im Heute: über die

Konflikte zwischen dem „armen Süden" und dem „reichen Norden".

Emil Küng spricht apokalyptische „Zustände" so unterkühlt an, daß nur der sehr aufmerksame Leser erkennt, wie ernst er doch die Lage sieht; und zu einer Änderung des gesamten Denkens — als Voraussetzung für eine Änderung des Handelns - zunächst der westlichen Welt, einlädt.

Ohne die USA auch nur einmal beim Namen zu nennen, spricht er deren verfehlte Politik an, die immer wieder ihr Heil in einer unheiligen Allianz mit korrupten Regimen ersieht, in denen Mörder, Großmörder ihre Waffen in der Hand haben. Und ihre Polizeien.

Die Multis sind, wie Emil Küng vermerkt, „für Ruhe und Ordnung", immer im Bunde mit den Machthabers sie sind für „busi-ness as usual", praktizieren gemäß der Maxime: „Wer da hat, dem wird gegeben."

Verglichen mit deutschen evangelischen Forschern und Kritikern durchaus konservativer Provenienz — um die breite Linke auszuklammern — und ihren Berichten über die konkreten Verhältnisse in den sogenannten „Entwicklungsländern", so über die Erdrosselung der einheimischen Landwirtschaft durch westliche Konzerne, wirken die Bemerkungen von Emil Küng bisweilen etwas gestrig.

Schade, daß er konkrete Bezüge meidet, sehr allgemein spricht und schreibt. Immerhin: Emil Küng spricht offen den „unbewußten Uberlegenheitsdünkel der westlichen Geisteshaltung", ebenso wie den „internen Kolonialismus" der Oberschichten in den „Entwicklungsländern" an, die die Gelder wie die Waffen an sich reißen, die ihnen die westliche Welt liefern.

Auch dies übersieht Küng nicht: die krasse Uberalterung der Industrieländer (immer mehr Menschen sind über 65 Jahre alt) — in den Entwicklungsländern sind oft mehr als fünfzig Prozent der Bevölkerung unter zwanzig Jahren alt. Jugend, ohne „Führung und Geleit" (so hätte man das früher genannt): ein riesenhafter Explosivstoff.

Emil Küng lädt zu „Kooperation statt Konfrontation" ein: eine solche könnte sich aber erst weltweit, geschichtsmächtig ausfalten, wenn „der reiche Norden", ja und eben auch „der arme Süden" eine Umsinnung erleben würde.

Das aber würde eine Erschließung spiritueller Kräfte erfordern, die heute in beiden Welten nur in sehr kleinen Gruppen und in vielverfehmdeten Außenseitern schlummern.

DER ARME SÜDEN UND DER REICHE NORDEN. Ein Marschall-Plan für die Dritte Welt? Von Emil Küng. Seewald Verlag. Stuttgart 1981. 220 Seiten, Ln.. öS 212.80.

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