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Artisten mit Netz
„Damit alle eins seien und die Welt glaube" (Joh 17,21) lautet heuer das biblische Leitwort der Weltgebetswoche für die Einheit der Christen. Diese Gebetswoche vom 18. bis zum 25. Jänner hat 1908 Paul J. Francis Wattson eingeführt, ein Anglikpner, der ein Jahr später zur römisch-katholischen Kirche konvertierte. Unter Papst Benedikt XV. (1914-1922) wurde diese Woche mit dem Hauptanliegen der Rückholung der getrennnten Christen in der römisch-katholischen Kirche verbindlich.
Dieser Rückholgedanke wurde dann vor allem durch Abbe Paul Couturier aufgegeben, und 1941 wurde die von der evangelischen Bewegung für Glaube und Kirchenverfassung eingeführte Gebetswoche mit dem gleichen Anliegen von der Pfingstwoche auf den gleichen Termin Ende Jänner verlegt. Seit 1966 vereinbart eine aus Vertretern des Vatikan und des Ökumenischen Rates der Kirchen gebildete Kommission die Themen der Weltgebetswoche.
Niemand kann bestreiten, daß diese Woche offensichtlich Früchte trägt. Man darf dabei natürlich nicht nur gebannt auf die Ebene der Dogmen und der Strukturen blik-ken. Auch wenn der Prozeß Ökumene in manchen Bereichen sichtbar stagniert, gibt es vor allem im Kirchenvolk eine Menge kleiner Schritte zu einer Einheit im Handeln, sogar zum Sprechen mit einer Stimme in einer Fülle von praktischen Fragen. Ohne jeglichen Anspruch darauf, hier mehr als einen Bruchteil der zahlreichen vorhandenen Initiativen zu erwähnen, sei auf einige konkrete Beispiele der Zusammenarbeit von Christen unterschiedlicher Konfession hier in Österreich verwiesen.
Auf höchster Ebene besteht seit Jahren eine Katholisch-Evangelische Kommission, die den Dialog aufrecht hält, Tagungen organisiert, Ergebnisse publiziert. Für die Beziehungen der römisch-katholischen Kirche nach Osten ist die Stiftung „Pro Oriente" ein Begriff geworden. Die christlichen Kirchen Österreichs begleiten gemeinsam sehr intensiv den KSZE-Prozeß in Wien, wie Superintendent Helmut Nausner von den Methodisten auf der jüngsten Pastoraltagung berichtete. Theologen, insbesondere Bi-bliker, kooperieren, Caritas und Diakonisches Werk organisieren gemeinsam den „Weltlepratag".
Zusammenarbeit auch in den Medien: Eine ORF-Pioniertat war die Einführung der Sendung „Ökumenische Morgenfeier", die eine in allen Auswirkungen gar nicht abschätzbare regelmäßige Chance der überkonfessionellen christlichen Begegnung darstellt. Kooperation auch in der Tourismusseelsorge, zum Beispiel in Wien: Ein gemeinsamer mehrsprachiger Prospekt aller christlichen Kirchen (samt Verweis auf die jüdische Kultusgemeinde) mit Angabe der Gottesdienstzeiten war vor einigen Jahren auch keine Selbstverständlichkeit.
Ein Miteinander gibt es auch in der Telefonseelsorge, bei der Plattform für Alleinerzieher oder bei Gottesdiensten zu besonderen Anlässen. Völlig an einem Strang zieht man bei „Christian Solidarity International" (CSI), jener Organisa- * tion, die sich für verfolgte Christen in aller Welt einsetzt. Einen positiven Begriff für „Mischehen" fanden die Gruppen „konfessionsverbindender Ehepaare", die sich zumindest in Wien und Salzburg schon treffen. Und immer wieder ist von gegenseitiger Gastfreundschaft zu hören: daß katholische Bildungshäuser auch Christen anderer Konfession Räume zur Verfügung stellen oder Katholiken im Fall des Falles bei ihren getrennten Brüdern Platz finden. Ganz besonders gut scheinen die Kontakte bei den Frauen und unter Jugendlichen zu sein. Das ökumenische Großereignis „Weltgebetstag der Frauen", heuer am 2. März, steht im Zeichen des Gebetes und des Sammeins für Ent-wicklungshilfeprojekte. Kaum Probleme haben die im Ökumenischen Jugendrat vertretenen Jugendorganisationen miteinander.
Im Zuge des konziliaren Prozesses haben viele mit den Themen des Prozesses befaßte christliche Gruppen näher zusammen gefunden, zirka 40 gehören zum „Ökumenischen Netz in Österreich", das bewußt kein Verein ist, aber durch regelmäßige „Netztreffen" (zu Pfingsten 1990 in Budapest!) Beziehungen knüpft. Netz-Koordinator Klaus Heidegger erklärt: „Ein Netz ist es geworden, in dem sich Ungerechtigkeit, Unfrieden und Naturzerstörung verfangen sollen. Ein Fischernetz, das einfangen will, was zu Frieden in Gerechtigkeit führt. Ein Sicherheitsnetz, in das die Kämpfenden fallen können wie Artisten im Zirkus."
Soll die erbetete Einheit der Christen näherrücken, wird - diesem Bild gemäß - noch viel Knüpfarbeit nötig sein.
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