6910551-1981_07_12.jpg
Digital In Arbeit

Atombomben!

Werbung
Werbung
Werbung

Wenn im vorigen Jahr in der BRD die Zahl der Drogentoten um ein Drit­tel zurückgegangen ist, dann als Folge von Nachschubproblemen und nicht aufgrund besserer Heilungschancen. Die liegen weltweit nach wie vor bei zehn Prozent. Drogenfahnder und Dro­genhändler liefern einander weltweit immer verbissenere Kämpfe.

Dies mußten auch die Mitglieder der UNO-Rauschgift- und Drogenkom­mission zugeben, die vorige Woche in der Wiener UNO-City ihre 29. Jahres­konferenz abhielten.

Gerade die Verquickung von sozio­ökonomischen Problemen in den An­bauländern mit den Hintergründen der Drogensucht in Industrie-und Entwick­lungsstaaten macht die Bekämpfung so schwierig. Der Konsument in West­europa oder Nordamerika hat dafür nämlich offenbar nicht die selben Mo­tive wie der Slumbewohner und „Bru­der im Drogenrausch“ in irgendeiner Stadt der Dritten Welt.

Dazu kommt noch, daß neben den „Marktleadern“ Heroin, Kokain und Cannabis insbesondere in den ärmeren tropischen Regionen der Welt billigere Psychopharmaka aus obskuren Labo­ratorien den teuren Stoff ersetzen.

„Wir sind zwar nur eine moralische Kraft und können daher auf die einzel­nen Staaten keinen Zwang ausüben. Doch die Verantwortung aller Natio­nen ist groß. Wenn nicht mehr ge­schieht als bisher, werden in den näch­sten 20 Jahren die Drogen eine ärgere Gefahr für die Menschheit sein als alle Atombomben zusammengenommen“, meinte der diesjährige Vorsitzende der UNO-Kommission, Dr. Ling, in einem Pressegespräch.

Gegenmaßnahmen umfassen einer­seits Langzeitprojekte zum alternativen Anbau von Kaffee und Gemüse anstatt Schlafmohn im „Goldenen Dreieck“

zwischen Thailand, Laos und Kambod­scha ebenso wie später in Pakistan oder Burma.

In Zusammenarbeit mit Interpol wird man sich um wirksamere Fahn­dungsmethoden beim Rauschgifttrans­port und bei der Aufdeckung illegaler Heroinküchen ebenso bemühen wie um eine raschere und gründlichere Schu­lung der Drogenexperten. Denn je wir­kungsvoller die Drogenfahnder arbei­ten, desto raffinierter antworten die Drogenhändler.

Um erfolgreich zu sein, ist auch eine bessere Kenntnis der Narkotika und Drogen vonnöten, die in einem viel­sprachigen Handbuch genauestens be­schrieben und registriert werden sollen. Über eines sind sich die UNO-Fach- leute aber einig: „Drogen haben keinen nützlichen Wert in der Gesellschaft - im Gegensatz zu psychischen Präpara­ten wie etwa Psychopharmaka, von de­nen einige leider auch als Ersatz- oder Zusatzdrogen zu anderen Rauschgift­sorten genommen werden. Daher ist die Unterscheidung zwischen erlaubten und unerlaubten psychoaktiven Stoffen nicht leicht zu definieren.

In diesem Zusammenhang ist auch die Warnung der UNO-Leute vor einer allzu leichtfertigen Berichterstattung über Drogenprobleme von entschei­dender Bedeutung, kann doch der billi­ge Effekt unter Umständen erst Men­schen zum Mißbrauch verleiten.

Ganz sicher ist die Methode des Iran nicht die generelle Lösung. Dort hat man nämlich an die „Moral“ der Süch­tigen appelliert, sich freiwillig behan­deln zu lassen und gleichzeitig fast 30.000 Hektar Mohnanbauflächen zer­stört. Ob dieses Experiment angesichts weitgehend mangelnder ärztlicher In­frastruktur und schwerer ökonomi­scher Probleme gelingen kann, bleibt abzuwarten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung