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Atomkraft? Ne, hvala!

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Das Laibacher Institut für Meinungsforschung hat bereits dreimal -1980,1982 und 1984 - die Meinung der Slowenen zum Thema Kernkraftwerke erhoben. Die Zahl der Atomgegner ist in dieser Zeit erheblich gestiegen. Eine gesamtjugoslawische Analyse gibt es allerdings noch nicht. Doch der Widerstand gegen den Bau von derzeit vier geplanten Kernkraftwerken wird in allen jugoslawischen Teilrepubliken von Tag zu Tag größer. Die Parole lautet: „Nuklearka? Ne, hvala“ („Atomkraft? Nein, danke!“)

Vor kurzem wandte sich in Belgrad eine Gruppe von 132 Frauen mit einem Appell an den Vorsitzenden des jugoslawischen Bundesparlamentes, in dem ein genereller Baustopp für Kernkraftwerke verlangt wird: „Wir wollen hier kein Hiroshima“, schreibt das Frauenkomitee.

Auf die wachsende Anti-Atomstimmung in der Bevölkerung reagieren die verantwortlichen Politiker innerhalb des jugoslawischen Bundes der Kommunisten äußerst gereizt.

Eine Artikelserie aus der Feder des Atomgegners Josip Cicek in der Wochenzeitschrift „Vikend“, die übrigens der jugoslawischen Bewegung der „Grünen“ besonders nahesteht, ist ohne Angabe von Gründen eingestellt worden. Das Publikationsverbot erfolgte angeblich nach einer heftigen Intervention aus der Belgrader Parteizentrale.

In Belgrad ist die jugoslawische Bewegung der „Grünen“ derzeit auch am stärksten. Serbien, so argumentieren die jugoslawischen Umweltschützer, benötige keine Kernkraftwerke, weil die Republik durch die Donau-Staustufe Djerdap (Eisernes Tor) über genug Elektroenergie verfüge. Die zu Serbien gehörende Autonome Provinz Kosovo, deren Braunkohlevorkommen auf 14,6 Milliarden Tonnen geschätzt werden, verfüge über genug Energiequellen, um langfristig auf die Kernkraftwerke verzichten zu können.

Aber auch in Zagreb wächst der Widerstand gegen den Atomstrom, zumal das zweite jugoslawische Kernkraftwerk „Prevla-ka“ in der unmittelbaren Nähe der kroatischen Hauptstadt entstehen soll. In Zagreb nennt man erstmals die Summe, die für den Bau von vier Kernkraftwerken aufgebracht werden muß: 15 Milliarden US-Dollar. Für das ohnehin schwerverschuldete Land ist das eine zusätzliche finanzielle Belastung.

Den Kern der Auseinandersetzungen bildet jedoch das nach wie vor ungelöste Endlagerungsproblem. Das Kernkraftwerk Krsko an der Grenze zwischen Kroatien und Slowenien kann den Atommüll nur noch 15 Monate lagern, dann müssen Alternativ-Deponi-en gefunden werden.

Als möglicher Ausweichplatz wurde die an der österreichischen Grenze gelegene Stadt Slovenj-gradec genannt. Doch vor kurzem hatte sich die Bevölkerung von Slovenjgradec in einem Referendum gegen -die Atommüllablagerung in ihrer Gemeinde ausgesprochen.

Selbst das Angebot der Laibacher Landesregierung, durch großzügige Investitionen den wirtschaftlichen Ausbau der Gemeinde zu fördern, konnte die betroffenen Anrainer nicht umstimmen. „Wir wollen keinen Atomstrom, denn keiner wünscht sich Atommüll in seiner Nachbarschaft“, erklärten die Bauern vor der Regierungskommission.

Aber auch innerhalb der KP wächst nun der Widerstand gegen den Atomstrom. Hier führen die Atomgegner rein politische Argumente ins Treffen. Während man sich in Kroatien und Slowenien mit westlicher Technologie eindeckt - das AKW Krsko ist ein Produkt der US-Firma Westing-house — müssen sich ärmere Republiken mit billiger Atomtechnologie aus der UdSSR begnügen, argumentiert die KP.

Wird Jugoslawiens Atomdebatte nun auch noch zu einem ideologischen Streitfall?

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