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Für die niederösterreichische Kulturszene sind die großen Landesausstellungen seit rund zwei Jahrzehnten zu einem Markenbegriff geworden. Standen in den ersten Jahren Kunstthemen im Vordergrund, so sind in letzter Zeit Themen mit vorwiegend historischem Bezug gestaltet worden. Als besonders signifikantes Beispiel dafür sei die so erfolgreiche Babenberger-Ausstellung im Stift Lilienfeld hervorgehoben, die 1976 von mehr als 460.000 Besuchern frequentiert wurde.

Es f nden aber nicht nur die ganz großen spektakulären Ausstellungsereignisse, sondern vielfach auch kleinere historische Dokumentationen, wie etwa die Ausstellung „700 Jahre Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen”, ein gutes Echo beim Publikum. Im Vorjahr war Wiener Neustadt Standort der Landesausstellung, hier wurde „Die Zeit der frühen Habsburger 1279-1379” präsentiert.

Den großen Ausstellungen liegen vor allem volksbildnerische Zielsetzungen zugrunde. Es wird darum ein starkes Augenmerk auf eine zeitgemäße und optisch einprägsame Präsentation gerichtet. Mit ein Geheimnis der großen Publikumserfolge ist die didaktische Aufbereitung des Materials und die Anschaulichkeit, mit der historische Zusammenhänge und kunstgeschichtliche Kostbarkeiten dem Besucher dargestellt werden.

Vor allem die letzten Jahre, die geradezu einen Ausstellungsboom erlebt haben, zeigten ganz deutlich, daß für einen hohen Prozentsatz des Publikums diese Ausstellungen eine Art zweiten Bildungsweg darstellen.

Ein wichtiger Nebeneffekt ist aber immer wieder auch der wissenschaftliche Ertrag. Namhafte Fachleute des In-und Auslandes arbeiten vor allem bei den Katalogen mit, die bisweilen geradezu handbuchartigen Charakter annehmen. Die Anzahl der verkauften Kataloge spricht eine eindeutige Sprache, z. B. S8.000 Stück bei der Babenberger-Ausstellung.

Der Erfolg ist in hohem Maße auch abhängig von der Qualität der zur Verfügung gestellten Leihgaben. Hier kann Niederösterreich mit berechtigtem Stolz darauf hinweisen, daß sein guter Ausstellungsruf es ermöglicht, immer wieder Spitzenleihgaben auch von führenden Instituten des Auslandes zu erhalten.

Für Niederösterreich von ganz besonderer Bedeutung ist die Tatsache, daß die meisten der großen Landesausstellungen in kulturhistorisch wichtigen Objekten veranstaltet werden, die aus diesem Anlaß zu der oft dringend erforderlichen Restaurierung kommen. Mit den großen Landesausstellungen werden daher auch immer wieder denkmal-pflegerische Großvorhaben durchgeführt, die wertvollstes Kulturgut erhalten.

Die diesjährige Landesausstellung „Osterreich zur Zeit Kaiser Josephs II.” wird im besonderen Maße das niederösterreichische Kulturgeschehen prägen. Die zweihundertste Wiederkehr des Beginns der Alleinregierung Josephs II. ist für Niederösterreich eine willkommene Gelegenheit, diese so populäre und im Bewußtsein der Österreicher noch stark verwurzelte Herrscherpersönlichkeit und ihr Wirken in einer Großausstellung entsprechend darzustellen.

Der Ausstellungsbesucher erlebt das Stift Melk in großen Teilen in neuem Glanz, da die Restaurierung in den letzten zwei Jahren große Fortschritte gemacht hat. Es werden bisher nicht gezeigte Räumlichkeiten des Stiftes in die Ausstellung einbezogen, so etwa der erst vor kurzem fertig restaurierte Theatersaal, der sicher großes Interesse finden wird.

Auf der Schallaburg, die seit ihrer großzügigen Restaurierung im Jahre 1974 Jahr für Jahr von vielen Tausenden Menschen besucht wird und sich immer stärker zu einem Landeskulturzentrum entwickelt, wird heuereine Begleitausstellung zur Landesausstellung in Melk mit dem Titel „Adel, Bürger, Bauern im 18. Jahrhundert” gezeigt.

Im vergangenen Jahr gab es erstmals eine internationale Ausstellung über Bulgarien auf der Schallaburg, damit wurde ein neuer Akzent gesetzt, der heuer durch die internationale Spitzenausstellung „Sumer, Assur, Babylon”, die für einige Wochen im Sommer 1980 auf der Schallaburg präsentiert werden kann, fortgesetzt wird.

Auch für die kommenden Jahre gibt es schon eine Ausstellungsplanung. Es ist allerdings nicht mehr beabsichtigt, jedes Jahr eine historische Großausstellung zu veranstalten. Gewisse Pausen werden sich als zweckmäßig erweisen. Fixiert ist die Ausstellung im Jahr 1981 im Stift Zwettl über das Thema „Die Kuenringer und das Werden des Landes Niederösterreich”, ferner ein zweiteiliger Ausstellungszyklus in Gra-fenegg in den Jahren 1984 und 1986 über die Zeit von 1848 bis 1918, und schließlich steht schon das Jahr 1985 als Termin einer großen Landesausstellung in Klosterneuburg fest, in deren Mittelpunkt das Leben und Wirken des heiligen Leopold stehen soll.

Neben der Präsentation historischretrospektiver Ausstellungen wird das niederösterreichische Ausstellungsjahr in zunehmendem Maße von den Aktivitäten auf dem Gebiet der Gegenwartskunst geprägt. Vielfach von den Medien unbemerkt, erfolgte hier eine gewisse Akzentverlagerung, ein Aufholen.

Es kann hier die erfreuliche Feststellung gemacht werden, daß auch diese Bemühungen der verschiedensten Stellen auf eine lebhafte Resonanz stoßen. Als markante Ereignisse auf diesem Gebiet sei etwa die Geometrica in Tulln erwähnt, wo vor einigen Jahren ein interessanter Uberblick über die Kunst der Konstruktivsten gegeben wurde.

Im niederösterreichischen Landesmuseum werden permanent an zwei Ausstellungsplätzen niederösterreichische Künstler präsentiert, dabei werden besonders neuere Richtungen und Experimente berücksichtigt. Als Beispiele aus der letzten Zeit seien etwa die originell-sarkastischen Zeichnungen, Objekte und Graphiken des Tullner Bildhauers Gert Linke erwähnt, oder die derzeit laufende Ausstellung „Germania illum inata”, in der jüngst entstandene Werke meist jüngerer niederösterreichischer Künstler zu Texten mittelhochdeutscher Autoren gezeigt werden.

Das vor einigen Jahren gegründete Dokumentationszentrum für Moderne Kunst in St. Pölten ist durch eine Reihe bemerkenswerter Ausstellungen hervorgetreten. Im Vorjahr etwa durch den Versuch einer Darstellung der Malerei in Österreich nach 1945. Derzeit ist eine umfassende Schau über Oskar Matulla zu sehen, der zu den fruchtbarsten und vielseitigsten Künstlern des Landes zählt. Im Herbst soll eine umfassende Schau die 25jährige Tätigkeit des Landesverbandes der niederösterreichischen Kunstvereine dokumentieren.

Wichtige Partner des Landes auf dem kulturellen Sektor sind in erster Linie die Gemeinden. In Wiener Neustadt ist die ehemalige Kirche St. Peter/Sperr ein bedeutender Ausstellungsplatz von einer außerordentlichen Ausstrahlung über den engeren Raum hinaus. In Krems ist es vor allen Dingen die Moderne Galerie im Dominikanerkloster, in der zeitgenössische Kunst permanent gezeigt wird. Darüber hinaus gibt es im Land mehr als fünfzig ständige Ausstellungsplätze, die vielfach von Kulturreferaten der Gemeinden oder von Vereinen unterhalten werden.

Zu einer weiteren Aktivierung der zeitgenössischen Kulturszene haben einige in letzter Zeit gegründete Vereinigungen beigetragen, wie die „Nö Gesellschaft für Kunst und Kultur” oder das „Nö Kulturforum”.

Das erwähnte Dokumentationszentrum beabsichtigt, den Veranstaltern eine zusätzliche Hilfe anzubieten: Bereitstellung der technischen Einrichtungen sowie Beratung.

Von besonderer Wichtigkeit ist die Intensivierung aller kunstpädagogischen Bestrebungen. Dazu gehören zwei Wanderausstellungen an den höheren Schulen, die von der Arbeitsgemeinschaft der Kunsterzieher und der Kulturabteilung des Landes gestaltet wurden. Als interessantes Modell zählt dazu auch die nun schon fünf Jahre bestehende Schulgalerie an der Hauptschule Loosdorf.

Schließlich seien noch Symposien zur Kunst und Kultur des Landes erwähnt, wie etwa das im Frühsommer stattfindende Treffen von Künstlern im Schloß Drosendorf unter dem Arbeitstitel „Kultur im Grenzraum”. Ähnliche Bestrebungen werden von der Stadtgemeinde Litschau mit dem Workshop „Grenzzeichen”, an dem namhafte, in erster Linie im Grenzraum ansässige jüngere Künstler teilnehmen sollen, verfolgt.

Natürlich werden auch in anderen Sparten Ausstellungen veranstaltet. So ist etwa die Volkskunde zahlreich vertreten und selbstverständlich auch die Naturwissenschaft. Diesen Bemühungen liegt nicht zuletzt die Absicht zugrunde, die reichen musealen Bestände des Landes immer wieder dem erfreulich zahlreichen Publikum näherzubringen.

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