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AUCH DIE BAUERN BRAUCHEN SCHUTZ

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Der Welttierschutztag am 4. Oktober war ein willkommener Anlaß, um über die artgerechte Nutztierhaltung in Österreich Gewissenserforschung zu halten. Der technische Fortschritt und die zunehmende Konkurrenz, aber auch die am Markt sichtbar werdenden Konsumentenwünsche verändern das Erscheinungsbild der Tierhaltung.

Mit Schrecken hören wir Berichte über Massentierhaltungen in den ehemaligen Oststaaten, aber auch in der EG. Billige Importfuttermittel aus Entwickungsländern haben an den Atlantikhäfen riesige Mastanstalten entstehen lassen. So mancher holländische „Bauer" weiß nicht mehr wohin mit der Gülle.

In Österreich haben wir Dank der Bestimmungen im Viehwirtschaftsgesetz solche Auswüchse verhindert. Dadurch ist mit wenigen Ausnahmen eine bäuerliche Struktur erhalten geblieben. Dies wurde durch sogenannte Bestandsobergrenzen erreicht. Niemand darf ohne Bewilligung mehr als 50 Mutterschweine oder 400 Mastschweine oder 10.000 Legehennen oder 8.000 Puten oder 20.000 Masthühner halten.

Nur wer 1978 schon mehr als die genannten Bestände hatte, durfte sie behalten. Abgesehen von einigen Pu-

tenbeständen wurden keine Bewilligungen für größere Viehhaltungen gegeben.

Ein internationaler Vergleich, der aus Anlaß des geplanten EG-Betrittes angestellt wurde, zeigt nun, daß wir mit der genannten Regelung in Österreich eine Kleinstruktur konserviert haben, die schlecht konkurrenzfähig

ist. In Österreich werden in Beständen mit mehr als 100 Rindern nur 2,3 Prozent aller Rinder gehalten. In der Bundesrepublik sind es 26, in Holland 54, in Großbritannien 69 Tiere. Der Durchschnittsbestand an Schweinen je Betrieb in Österreich beträgt 18,1 Tiere. In der Bundesrepublik sind es 68, in Frankreich 64, in Dänemark

295, in Belgien 300 und in Holland 452 Schweine. Im EG-Durchschnitt stehen 62 Prozent aller Schweine in Betrieben mit mehr als 400 Tieren; in Österreich sind es lediglich 5,0 Prozent.

Das Problem dabei: Das Kilogramm Schweinefleisch kann in Beständen mit 400 Schweinen um 1,50

Schilling billiger erzeugt werden, als in solchen mit nur 100 Tiere. Aus Überlebensgründen wird man in Österreich daher diese Bestandesobergrenzen lockern oder beseitigen müssen. An ihre Stelle müssen aber neue Regeln, die sich an einer bodengebundenen Tierhaltung orientieren, treten. Das Wasserrechtsgesetz mit seinen maximal 3,5 Großvieheinheiten pro Hektar ist eine wichtige Hilfe.

Bestandesobergrenze lockern?

Beim EG-Beitritt werden wir- auch aus Konkurrenzgründen - die Viehpreise stark senken müssen. Dabei wird es Ausgleichszahlungen geben, damit der Bauer keinen Einkommensverlust hat. Mit diesem System sollten wir bald beginnen und diese Ausgleichszahlungen an die Haltung von Höchstzahlen je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche binden.

Darüber hinaus müssen im Einzelfall aber auch die Tierschutzbestimmungen so gestaltet werden, daß in Österreich auch in Zukunft eine bäuerliche Viehhaltung möglich ist und in den EG-Ländern sollten alle Bestrebungen in diese Richtung unterstützt werden. Die Situation bei uns ist zwar besser, aber auch wir sind vor schwarzen Schafen nicht gefeit.

Der Autor ist Vorsitzender der Vieh- und Fleischkommission und Abgeordneter zum Nationalrat.

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