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Auch Polen ist nicht verloren!

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Aus solcher Helligkeit solch grauer Morgen“: Diese bange Vorahnung hatte der junge polnische Dichter Stanislaw Stabro schon im letzten März. Die Ahnung trog ihn nicht. Der Morgen eines neuen Abschnitts in der Geschichte Polens ist grau und grausam.

In Österreich kann man in intellektuellen TV-Diskussionszir- keln noch heute die Auffassung hören, die Friedensbewegung fasse nun auch im Ostblock Fuß, und Kriege würden am besten dadurch verhindert, daß man „nicht hingeht“.

General Jaruzelski hat davon leider noch nichts gehört, und die Polen können sich vom Kriegsrecht bedauerlicherweise nicht abmelden. Für Zehntausende, die gestern noch frei waren, heißt die bittere Wirklichkeit heute Gefängnis, Kerker, Konzentrationslager.

Ob nun Jaruzelski ein von den Sowjets Getriebener oder ihr geheimer Komplize ist, macht letztlich keinen Unterschied. Jedenfalls hat er gelogen, als er die „Wiederaufnahme des Dialogs“ verhieß und dann die Elite des Landes verhaften ließ — katholische Publizisten unter ihnen, für die man sich vor jeder Weltinstanz verbürgen könnte, daß sie keine Umstürzler, sondern glühende Patrioten sind.

Und Jaruzelski hat gelogen, als er die Machtübernahme durch die Militärs am 13. Dezember mit den Worten begründete: „Unsere Soldaten haben saubere Hände.“ Schon sind diese blutverschmiert.

„Unterstützt uns in unserem Kampf mit massivem Protest und moralischer Hilfe!“, flehte die „Solidarität“ aus dem polnischen Untergrund. Kein verantwortungsbewußter Mensch wird andere als gewaltfreie Reaktionen auf diesen Appell erhoffen. Aber darauf wenigstens sollen sich unsere Freunde verlassen können: auf den massiven Protest und auf die volle geistige Solidarität!

Sie gilt den Verfolgten in Polen und überall dort, wo Diktatoren, Kerkermeister und Folterknechte ihr Handwerk tun. Niemand soll uns nachsagen können, wir entdeckten Menschlichkeit nur, wenn Kommunisten sie verletzen. Auch das Volk von El Salvador, auch die Entrechteten in Bolivien und Guatemala, in Nordirland, Liberien, Obervolta und Südafrika, die Geknebelten im Iran und die Ausgebombten im Libanon soll unsere Solidarität erreichen — alle, die Unrecht leiden!

Daß Israel die Stunde der Not eines anderen Volkes zur Festschreibung eigener Vorteile - Annexion der besetzten Golanhöhen — nutzte, ist scharf zu verurteilen.

Aber alle Gewaltherrscher dieser Erde werden es immer wieder erfahren: Sie haben auf Dauer keine Aussicht auf Behauptung. Weihnachten beweist: Auch die finsterste Nacht ist ohne Hoffnung nicht. Auch Polen ist beileibe nicht verloren.

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