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Auch Sorgen im Gepäck

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Selbst wenn die äußereixBedin-gungen für den Urlaub optimal sind — was selten wirklich der Fall ist —, so ist der Urlauber trotzdem nicht davor gefeit, auch Probleme, Sorgen und mitmenschliche Konflikte im Reisegepäck mitzuführen. Viele Konflikte überfallen einen gerade im Urlaub, als hätten sie nur darauf gewartet, endlich einmal losgelöst vom ablenkenden Alltagsstreß ihr Unwesen zu treiben.

Paare, die einen unbewältigten Konflikt mit in den Urlaub nehmen, wissen davon zu berichten, daß die Erwartungen an die gemeinsamen Tage, die Hoffnung, jetzt würde alles gut werden, nur Utopien sind. Durch das enge Zusammensein im Urlaub werden alle seelischen Verletzungen nur noch drückender empfunden.

Wer nun um jeden Preis sein Urlaubsprogramm durchzieht, läßt sich auf ein unsinniges Unterfangen ein. Hier sollte vielmehr die Chance wahrgenommen werden, endlich den Mut zu langen, klärenden Gesprächen zu finden.

Abgesehen von unseren mitmenschlichen Problemen schleppt wohl jeder von uns auch noch größere und kleinere persönliche Konflikte mit sich herum — und nimmt sie selbstverständlich auch in den Urlaub mit. Der Abstand vom Alltag kann bewirken. daß lange verdrängte Unzufriedenheit und Ängste auftauchen.

Dann tauchen Gedanken auf wie: Soll es wirklich so weitergehen? Wie lange erträgt meine Gesundheit noch den beruflichen Streß? Was ist überhaupt der Sinn meines Lebens, so wie es tagein-tagaus dahinläuft___?

Sollten solche Gedanken und bedrückende Gefühle den Urlaubsgenuß beeinträchtigen, so hat es wenig Sinn, diese Regungen um jeden Preis zu unterdrücken, um trotzdem noch die Ferien genießen zu können. Es besteht nämlich die Gefahr, daß dann nach der Rückkehr in den Alltag alles doppelt so schwer empfunden wird.

In einem solchen Fall könnte sich allerdings das Blatt wenden, wenn der Urlaub schon so geplant und dann auch dazu genützt wird, wenigstens einen Teil der persönlichen Konflikte während dieser freien Zeit anzugehen.

Wer sich selbst liebt, benützt den einen oder anderen Urlaub auch dazu, um zu sich selbst zu finden. Dazu eignen sich Kuraufenthalte, das Wandern fernab der Zivilisation, persönliche und religiöse Vertiefung durch Bücher und Gespräche und dergleichen.

Vielleicht hat man dann zwar keine tollen Erlebnisse vom Traumurlaub aus der weiten Welt zu berichten, dafür aber wirklich ein Stück Vergangenheit bewältigt oder seine eigenen Kräfte besser kennen- und nützen gelernt.

Ich meine, daß es eine andere Art von „Traumurlaub“ gibt, nämlich einen Urlaub, in dem der Traum von mehr Wahrheit, Offenheit und Nähe erreicht werden kann. Dann lohnt es sich, auch bewußt Konflikte mit ins Reisegepäck zu stecken. Allerdings muß man dann dafür sorgen, daß genug Zeit und Kraft da sind, hie und da ein Konfliktpäckchen auszupacken, es näher zu betrachten, um es zu bewältigen.

Daher ist es angebracht, im Urlaub Zeit für Gespräche, Bücher, Briefe oder Tagebuchaufzeichnungen zu reservieren. Hängen wir Erinnerungen (auch traurigen!) nach, lassen wir uns aber auch von Neuem ansprechen. Vor allem an unseren Mitmenschen werden wir neue Seiten entdek-ken, wenn wir Augen, Ohren und unser Herz öffnen.

Die Autorin ist Diplom-Ehe- und Familienberaterin in Wien

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