6939819-1983_23_04.jpg
Digital In Arbeit

Auch weiterhin nur Packeseln ?

19451960198020002020

Was erwarten sich Österreichs Familien von der neuen Bundesregierung? Mit der Schaffung des Familienministeriums allein werden die anstehenden Probleme nicht gelöst.

19451960198020002020

Was erwarten sich Österreichs Familien von der neuen Bundesregierung? Mit der Schaffung des Familienministeriums allein werden die anstehenden Probleme nicht gelöst.

Werbung
Werbung
Werbung

Nicht nur schöne Worte, wie sie zahlreich, aber sehr wenig konkret auch im Kapitel Familie der Regierungserklärung enthalten sind, sondern konkrete Taten der Bundesregierung sind auch im Bereich Familie notwendig.

„Wenn man es ernst meint mit dem Satz, daß die Familie die Keimzelle der Gesellschaft ist, dann darf man auch der Familienpolitik den erforderlichen institutionellen Rahmen zu ihrer vollen Entfaltung nicht verwei-

gern“, führte der Bundeskanzler in der Regierungserklärung als Begründung für die Errichtung des Familienministeriums an. Er fand damit den Beifall der Abgeordneten.

Damit die Familie dieses Fundament der Gesellschaft tatsächlich sein kann, gilt es eine Neuordnung zu schaffen, die die Familie als Basis des menschlichen Zusammenlebens und als Fundament der Gesellschaft wieder achtet.

Diese Überlegungen sollen an einigen Aspekten im materiellen Bereich konkretisiert werden.

# Familienlastenausgleichsfonds (FLAF):

„Für die Zukunft wird es vor allem auch darauf ankommen, die Finanzierung der Familienförderung zu sichern“ (Regierungserklärung). Nur allzu wahr, aber wie das geschehen soll, darauf bleibt die Regierungserklärung jede Antwort schuldig.

Die Barreserven des Fonds (2,6 Milliarden Schilling zum 1. Jänner 1983) sind heuer aufgebraucht,

von der Bundesschuld (3,5 Millir arden Schilling) benötigt der FLAF 1983 zur Deckung des Abganges mindestens 2,5 Milliarden Schilling, ohne daß die Leistungen ausgeweitet wurden.

Für 1984 bedeutet dies, daß alle Reserven aufgebraucht sind und der FLAF voraussichtlich aus dem allgemeinen Budget zirka 4 Milliarden Schilling benötigt. Dann wird man uns wieder Vorhalten, daß das Sozialbudget explodiert.

Die Familien waren schon bisher die Packeseln der Nation, die immer zurückstehen mußten und deren Gelder (FLAF) zur Budgetsanierung herangezogen wurden.

Gerechtigkeit und Förderung sind notwendig. Dies umso mehr, wenn immer wieder von einer Energieabgabe für den Umwelt schutz und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer die Rede ist, die in ganz besonderer Weise die Familien belasten würden.

Es ist daher wenig erfreulich, wenn in der Regierungserklärung fortgesetzt wird: „Das Schwergewicht wird weiterhin bei direkten Geld- und Sachleistungen liegen müssen, da damit den sozial Schwachen und kinderreichen Familien am meisten geholfen wird.“

Wirklich? Bürgermeister Gratz erklärte vor zwei Jahren: Der Preis für den Kinderfahrschein müsse stärker angehoben werden, damit die Wiener Verkehrsbetriebe möglichst viel Geld aus dem F amilienlastenausgleichsfonds erhielten.

• Steuern, Beihilfen:

Papst Johannes Paul II. fordert in Laborem exercens, daß der Lohn eines Arbeiters in der Regel ausreichen müßte, seine Familie zu erhähren. Wenn das nicht der Fall sei, müsse über Solidarlei- stungen der Gesellschaft ein familiengerechtes Einkommen garantiert werden.

„Die Familienförderung“ müsse „in Zukunft so gestaltet sein, daß die Ehepartner frei darüber entscheiden können, wie sie Haushaltsführung, Erziehung der Kinder und Erwerb des Lebensunterhaltes untereinander aufteilen … Die Bundesregierung beabsichtigt daher, sehr rasch Vorschläge für eine Steuerreform vorzulegen. Diese Reform wird der Zielsetzung eines sozial gerechten, einfachen und leistungsfördernden Steuersystems verpflichtet sein“ (Regierungserklärung).

Damit die Entscheidung tatsächlich frei möglich ist, müssen die Rahmenbedingungen verändert werden. Dies erfordert zum Beispiel, daß bei der Besteuerung berücksichtigt wird, wie viele Personen von einem Familieneinkommen leben müssen.

Die Zeiten der Kindererziehung und der Pflege kranker, naher Verwandter müssen bei der Pension wahlweise eigenständig oder zu einer Erwerbspension anrechenbar berücksichtigt werden.

Die Familienbeihilfe muß zur Teuerungsabgeltung angehoben werden, ebenso jener Teil der Fa- milienbeihilfe, der dem früheren Kinderabsetzbetrag entspricht.

Der Arbeitsplatz Familie soll ebenso wie die anderen Arbeitsplätze gefördert werden.

• Besondere Probleme:

„Ein weiterer Schwerpunkt wird die Unterstützung von Familien mit besonderen Problemen und Belastungen sein“ (Regierungserklärung).

Von den besonderen Problemen seien zwei hervorgehoben: Die Situation der Familien mit mehreren Kindern und einem Einkommen bzw. geringem Familieneinkommen und der der Familien mit älteren Kindern muß insbesondere durch Staffelung der Familienbeihilfe nach der Zahl der Kinder und einem weiteren Ausbau der Altersstaffel berücksichtigt werden.

Besondere Hilfen für Familien mit arbeitslosen Schulabgängern müssen vorgesehen werden, am besten durch Aufhebung der Wartefrist für den Erhalt der Arbeitslosenunterstützung.

In diesem Beitrag stand der materielle Aspekt der Familienförderung im Vordergrund. Da die Familien von schönen Worten allein nicht leben können, ist die Teilnahme der Familien am sozialen Fortschritt Gradmesser für die ideelle Anerkennung.

Anerkennung, Gerechtigkeit, Solidarität und Förderung durch Worte und konkrete Taten sind notwendig, damit der Lebehs- raum der Familie gerade in wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten gesichert wird.

Der Autor ist Generalsekretär des Katholischen Familienverbandes Österreichs.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung