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Auf dem heißen Stuhl in Paudorf

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Selbst der Papst soll schon einmal nur zähneknirschend eine|Kirchenweihe vorgenommen haben. In Houphouet Boignys Cöte d'Ivoire (Elfenbeinküste) steht der dem Petersdom in Rom nachempfundene Monumentalbau, den in dem armen Land eigentlich niemand brauchte; nicht Zeichen der Gemeinsamkeit und Ort der Versammlung, sondern der Entzweiung.

Zur Zeit bewegt das katholische Managua, die Hauptstadt des mit-telamerikanischen Nikaragua, eine Kontroverse über die am 4. September geplante Weihe des neuen Doms durch Kardinal Miguel Obando y Bravo. Das wie ein Eierkarton wirkende Gotteshaus, des futuristischen Aussehens wegen auch als „Atomreaktor” kritisiert, stellt sich hohen Kirchenvertretern als Symbol nationaler Erneuerung dar. Für das darbende Volk ist der 50 Millionen-Schilling-Bau eine nationale Sünde.

In diese Streit-Serie reiht sich auch eine österreichische Variante ein, der jetzt „gütlich” zu Ende gebrachte Zwist zwischen dem St. Pöltener Diözesanbi-schof Kurt Krenn und dem Pfarrer von Paudorf, dem mittlerweile vielen wohlbekannten Pater Udo Fischer, um die Weihe der neuen Dorfkirche in Paudorf-Göttweig. Monatelangem Tauziehen um die Genehmigung der Weihe durch den Ortsordinarius folgte jetzt, offenbar unter Druck des Nuntius auf die unversöhnlich scheinenden Gegner, ein Einlenken Krenns: am 12. September, dem Maria-Namen-Fest -Gedenken an die Befreiung Wiens und damit des sogenannten christlichen Abendlandes von den muselmanischen Türken - ,wird Kurt Krenn höchstpersönlich seine aufmüpfigen Schäfchen besuchen und ihnen das Gotteshaus weihen. Wieder einmal scheint das christliche Abendland gerettet.

Das Schauspiel, das Krenn und Fischer der Öffentlichkeit boten, war so richtig nach dem Geschmack vieler Medien und hat der Kirche wohl nicht viel Ehr' eingetragen. Mit Vorwürfen wegen eines angeblich aufwendigen Lebensstils und Verschwendungssucht des Bischofs hatte alles begonnen; die von Fischer und Mitstreitern der Bewegung „Weg der Hoffnung” eingeleitete - letztlich nicht sehr erfolgreiche - Unterschriftenaktion zur Abberufung Kurt Krenns durch Rom war vorläufiger Endpunkt in dem Trauerspiel „Der Bischof und sein I

Rebellenpriester”.

Kommt jetzt der Schlußakt nach dem Bibelspruch: „Seht, wie sie einander lieben”? Wer hat jetzt klein beigegeben? Mußte Udo Fischer die von Bischof Krenn immer wieder geforderte Gehorsams- und Ehrfurchtserklärung abgeben? Wie weit konnte oder mußte der Diözesanbischof dem Benediktinerpater Fischer entgegenkommen?

Während jetzt alles gespannt auf den Kirchweihtermin starrt und das Medienspektakel schon vorprogrammiert ist -wäre doch „schön”, wenn es während der Weihe, während der Predigt zu Zwischenrufen und anderen Störaktionen käme, nicht wahr? - geht die Auseinandersetzung um das Kirchenverständnis völlig unter. Daß es momentan so aussieht, als ob der Zwist unter den Teppich gekehrt würde, wirft kein gutes Licht auf die Gegner. Bischof Krenn wagt sich auf den heißen Stuhl in der Pfarre Paudorf: Medienapplaus ist ihm sicher. Aber was hat die Auseinandersetzung der Kirche eigentlich gebracht? Sind ein paar hämische Kommentare und Hochglanzfotos von dem Fest in der „Rebellen-Kirche” (so eine österreichische Tageszeitung) alles, was von dem notwendigen Streit bleibt? Dann wäre die ganze Energie vergeblich gewesen: jetzt muß der Schritt zum wirklichen Dialog gewagt werden, weg vom verbalen Schlagabtausch in sicherer Deckung.

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