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AUF DEM HOLZWEG IN DIE ZUKUNFT

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Bäume, die rasch in den Himmel wachsen, könnten in Zukunft zu einer wertvollen Energiequelle werden. Diese „Holzkraft" hat gegenüber Kohle und Erdöl einen enormen Vorteil: Sie schont die Umwelt, ja sie schützt und verschönert sie sogar.

Derzeit werden nur rund zehn Prozent des heimischen Energiebedarfes durch Biomasse, vor allem Holz, abgedeckt. Experten schätzen jedoch, daß eine Steigerung auf das Zweieinhalbfache möglich wäre, vor allem durch die Pflanzung von Energiewald. Nicht nur die Energiebilanz könnte verbessert werden, sondern auch der Landwirtschaft erschließen sich dadurch neue Einnahmequellen.

Energiequelle der Zukunft

„Seit einigen Jahren versucht die Landwirtschaft, in die Energieproduktion einzusteigen. Eine bisher wenig beachtete Möglichkeit bietet das Holz, das bereits auf rund 3,8 Millionen Hektar österreichischen Bodens gewachsen ist", verweist Karl Schuster von der Forstabteilung der NÖ-Lan-deslandwirtschaftskammer auf eine Energiequelle der Zukunft: Holz in Form von Holzschnitzel als Energiehackgut.

„Durch die Verbesserung auf dem Holzheizungssektor - Kachelöfen, Holzkessel, Hackgutheizungen, Biomasseheizungen, Fernwärme - gibt es bereits eine große Zahl von optimalen Verbrennungseinrichtungen, die eine umweltfreundliche Verteuerung von Holz mit einem Wirkungsgrad von rund 80 Prozent gewährleisten", sieht der Forstexperte echte Chancen für das Alternativprodukt.

Grundsätzlich gibt es für den Landwirt zwei Möglichkeiten der Erzeugung von Energiehackgut: Holz aus dem bestehenden Wald durch Durchforstung einschließlich der Verwendung von Unterholz; und Energieholz durch Anbau auf landwirtschaftlicher Fläche als Alternative zum Überschußgetreide. Derzeit gibt es in Österreich allerdings nur einige hundert Hektar an Energieholzfläche, etwa bei Bruck an der Leitha oder im Waldviertel, die durch Bundesmittel gefördert oder von innovativen Landwirten bewirtschaftet werden. In Deutschland, werden solche Aufforstungen großzügig gefördert, in Schweden will man 5.000 Hektar mit Energieholz bepflanzen.

„Gut ausschlagfähige Baumarten", so nennt sie der Forstexperte, braucht man für den Energiewald: vor allem Pappeln, aber auch - je nach Bodenbeschaffenheit - Weiden und Robi-

nien. Bei der Auswahl und beim Klonen von Arten wird vor allem mit Wissenschaftern der Universität für Bodenkultur in Wien zusammengear-beitet. Die „Umtriebe" wachsen rasch, bei guten Bedingungen bis zu vier Meter im Jahr. Sie brauchen weder Dünger, noch Herbizide und Insektizide. Die Wachstumszeit beträgt ein bis 15 Jahre, der ideale Durchmesser liegt bei zehn bis 15 Zentimeter. Von einer Bepflanzung kann vier bis sechsmal geerntet werden.

„Derzeit untersuchen wir, unter welchen Bedingungen Energieholz am besten wächst und geerntet werden kann. Aus Kostengründen bevorzugen wir Pappeln, die in einer Vielzahl von Klonen zur Verfügung stehen, aber spezielle Standorte brauchen. Erste Ergebnisse in Niederösterreich zeigen, daß auf tiefgründigen, grundwassernahen Gebieten zehn bis zwölf Tonnen Energiehackgut pro Hektar und Jahr geerntet werden können", berichtet Schuster. Weitere Leistungssteigerungen seien zu erwar-ten.Nach Meinung der Wissenschaf-

ter ist die Frage der Sortenauswahl noch lange nicht abgeschlossen.

Das Endprodukt, die Trockenmasse Energiehackgut, wird durch das Zerkleinern des Holzgutes mit einer speziellen Hackmaschine und einem anschließenden Trocken Vorgang hergestellt. Ihr Wassergehalt darf nicht mehr als 30 Prozent betragen. Die Rohenergiekosten für eine Kilowattstunde aus dieser „Holzkraft" liegen etwa bei 33 Groschen, die aus Heizöl extra leicht bei über 40 Groschen.

Trotzdem besteht noch kein echter Markt für Hackgut. Um eine bessere Vermarktung zu erreichen, wurde jetzt in Niederösterreich eine „Hackschnitzelbörse" eingerichtet, um den Kontakt zwischen dem Produzenten, also dem Landwirt, und dem Konsumenten herzustellen.

Ausbau der „Holzkraft"

„Derzeit erscheint die Anlage von Energieholzflächen nur auf speziell dafür geeigneten Standorten und bei gesichertem Absatz sinnvoll. Ob das für die nächsten Jahrzehnte auf 1.000, 10.000 oder, wie manche glauben, auf 100.000 Hektar in Österreich möglich erscheint, ist derzeit kaum abzuschätzen", urteilt Schuster. Vorsichtig optimistisch äußert sich dazu Universitätsprofessor Hanno Richter vom Botanischen Institut der Bodenkultur, „man darf die Hoffnungen nicht zu hoch ansetzen, aber zweifellos besteht vor allem für die lokale Ene-gieversorgung eine gute Chance. Die Durchforstung der bestehenden Wälder ist wünschenswert und bringt zusätzliche Arbeitsplätze.

Neue Energieholzflächen lassen sich auch gut als Windschutzstreifen oder in Verbindung mit Sträuchern als Ökoinseln für Pflanzen und Tiere zur verbesserten Umwelt umfunktionieren". Noch ist die „Holzkraft" eine nicht sehr kräftige Energiequelle, aber ihr weiterer Ausbau wäre gerade im Hinblick auf den immer sensibler werdenden Umgang mit der Umwelt ein großes Anliegen. Holz ist ein Brennstoff, der umweltfreundlich, weil C02 neutral ist und immer wieder nachwächst.

Holz ist überdies ein Baustoff, der mit nur geringer Energie erzeugt werden kann. Das Verhältnis des Energieaufwandes von Holz zu Beton, Stahl und Aluminium beträgt 1:2:8:40. Das alles spricht dafür, daß der Holzweg, entgegen seinem sprichwörtlichen Sinn, in Zukunft sehr erfolgreich sein kann.

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