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AUF DEM WASSER QUER DURCH EUROPA

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Am 25. September dieses Jahres ist es endgültig so weit: Der Rhein-Main-Donau-Kanal wird eröffnet werden. Von Bamberg über Nürnberg bis kurz vor Regensburg, wo er die Donau erreicht, eröffnet diese Verbindung einen durchgehenden Schiffahrtsweg von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer: quer durch 15 europäische Länder und über eine Strecke von 3.500 Kilometer. Hinter der Idee für das 50 Milliarden Schilling teure Mammutprojekt steht nicht in erster Linie die Einsparung des Seeweges über Gibraltar, sondern der bessere Warenaustausch zwischen den anliegenden Ländern.

Vor allem durch die Umwälzungen im Osten erwartet man sich starke Impulse auf den internationalen Warenverkehr. Zwar wurde die Binnenschiffahrt in jüngerer Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt (obwohl beispielsweise in Deutschland annähernd gleich viele Waren mit dem Schiff wie mit der Bahn transportiert werden), für die Zukunft ist sie aber als realistische Alternative zum Landtransport anzusehen.

Heute werden vor allem kaum- oder unverderbliche Waren, wie chemische Erzeugnisse und Erdölprodukte, Erze, Mineralien, Futtermittel und feste Brennstoffe auf dem Flußweg transportiert. Das derzeitige Transportvolumen über die Main-Donau-Verbindung wird auf sechs bis sieben Millionen Tonnen pro Jahr geschätzt.

Die österreichische Donauschiffahrt leistet etwa zehn Prozent des gesamten grenzüberschreitenden Binnentransports, den Großteil davon mit Osteuropa. Heimische Statistiker sehen den österreichischen Donauverkehr aber schon von neun Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf 16 Millionen Tonnen im Jahr 2000 steigen. Die Wiener „Planconsulf" rechnet damit, daß der Rhein-Main-Donau-Kanal zu einer Umschichtung von zehn Prozent des Güterverkehrs von der Bahn und der Straße auf das Wasser führen könnte.

Die Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft (DDSG) als wichtigstes heimisches Schiffstransportuntemeh-men hofft natürlich auf solche Steigerungen, wiewohl sie damit beachtliche Investitionen tätigen müßte, die, im Gegensatz zu Bahn und Straße, kaum subventioniert werden. Dabei wäre das Schiff vom Energieververbrauch her die attraktivste Variante für den Transport von Gütern.

Vor allzu starkem Optimismus, was die Expansion des Schiffsverkehrs anbelangt, wird bei der DDSG allerdings gewarnt. Die Transporte in den wirtschaftlich schwer angeschlagenen Osten und der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien dämpfen die Hoffnungen. Die DDSG befürchtet, daß sich Transportunternehmen die bestehende Einbahnsituation - relativ viel Transportvolumen in eine Richtung und eher wenig Fracht in die andere - auf Dauer leisten wollen.

Die Kosten für den Kanalbau selbst wurden hauptsächlich von der Bundesrepublik (zwei Drittel) und von Bayern (etwa ein Drittel) getragen. Daher verfügt Deutschland auch über die Fahrtrechte. Sie sind mit den meisten Ländern schon geklärt, mit Österreich wurde bereits ein entsprechender Vertrag unterzeichnet.

Als vorteilhafter Nebeneffekt sieht die RMD-AG die durch die Schleusenbauten gegebene Möglichkeit, Wasserkraft zu gewinnen. Diese Absicht ist jedoch keineswegs unumstritten. An vorderster Front der Opposition gegen dieses Projekt agiert der „Bund Naturschutz in Bayern e.V." (BN). Dabei geht es vor allem um den bayrischen Abschnitt der Donau. Dieser soll nämlich noch ausgebaut werden. Er weist einen Wasserstand auf, der häufig für Schiffe mit einer Ladekapazität bis 3.300Tonnen zu niedrig ist. Diese können dann nicht passieren.

Der BN befürchtet, daß es durch diese Staustufen zu stärkerer Erosion und damit zum Absinken des Grundwasserspiegels kommt, was schwerwiegende Auswirkungen auf die umliegenden Auen hätte. Die Umwandlung des Flusses von einem fließenden zu einem stehenden Gewässer-System wird mit dem Aussterben unzähliger Arten bezahlt werden müssen. „Bei konsequenter Anwendung des Naturschutzgesetzes müßte dem Projekt die Genehmigung versagt werden!", meint die BN.

Ein schlagkräftiges Argument der Befürworter des weiteren Ausbaues bleibt aber immer wieder die dringend notwendige Entlastung des Bahn- und vor allem des Straßenverkehrs und die relativ große Umweltfreundlichkeit des Schiffstransportes.

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