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Auf den Spuren von Robert Koch

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Wer sich heute durch Impfung gegen den Erreger der von Zecken übertragenen Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) schützen läßt, denkt vielleicht kaum daran, daß ein solcher Schutz vor zehn Jahren noch gar nicht möglich, vor fünf Jahren aber unter Umständen noch mit lästigen Nebenwirkungen verbunden war. In dieser Zeit haben Wiener Forscher gemeinsam mit der „Immuno“, einer weltweit verbreiteten, besonders in Österreich hochaktiven Aktiengesellschaft für chemisch-medizinische Produkte, den FSME-Impfstoff entwickelt und ständig verbessert.

Die Geschichte der Impfstoffe und Seren, die ein Hauptgebiet der „Immuno“-Forschung sind, hat bald nach der Entdeckung der Tatsache, daß Mikroorganismen •häufig Krankheitserreger sind, begonnen. Louis Pasteur und Robert Koch waren im vorigen Jahrhundert die großen Pioniere auf diesem Gebiet.

Um die Jahrhundertwende erlebte die klinische Mikrobiologie ihre erste Blütezeit. Vor allem von Tieren, die Infektionskrankheiten durchgemacht hatten, gewann man jenes Serum, das dank der darin enthaltenen Antikörper Menschen helfen sollte, die gleichen Krankheiten zu überstehen. Mit dem Aufkommen der Antibiotika und Sulfonamide ging die Forschung in Richtung solcher biologischer Arzneimittel allerdings wieder zurück.

Heute sind solche Arzneimittel, Blutderivate, die nun bereits vorwiegend von Menschen stammen, wieder aktuell. Gerade die „Im- muno“, die vorige Woche ein neues Forschungszentrum in Orth an der Donau (Nö.) eröffnete, hat sich auf diese Produkte spezialisiert. Vorstandsdirektor Johann Eibl, Chef der Bereiche Forschung und Entwicklung, beziffert den Anteil der Blutderivate an der Produktion auf 80 Prozent, etwa 15 Prozent entfallen auf Impfstoffe, der Rest auf Diagnostika. Die Forschung macht etwa acht bis zehn Prozent des Umsatzes von „Immuno“ aus.

Die sich immer mehr durchset zende Meinung, daß Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte besser ist als die massive Bekämpfung von Krankheitserregern durch Antibiotika, erklärt ein wenig das ständige Expandieren des Unternehmens, das gegenwärtig über tausend Mitarbeiter beschäftigt, davon knapp hundert in Orth, wo man für das neue Forschungszentrum rund eine Viertelmilliarde Schilling ausgegeben hat.

Die Verlagerung nach Orth erfolgte aus Sicherheitsgründen — Orth bot die ersten freien Gründe donauabwärts, die außerhalb des Wiener Grundwasserbereiches liegen. Da mit gefährlichen Krankheitserregern experimentiert wird, sind auch rigorose Sicherheitsvorkehrungen für das Personal unerläßlich.

Hinsichtlich der Tierversuche — von der Maus bis zum Schimpansen — sieht Direktor Eibl kaum ethische Probleme: „Beim Fangen gehen viele zugrunde, das stimmt, aber bei uns werden sie in der Regel nicht einmal krank.“ Wohl aber liefern infizierte Tiere jene Antikörper, über die die Wissenschaft immer mehr wissen möchte.

Das Ergebnis der Forschungen sind dann jene widerstandsfähigen Eiweißkörper, die man Immunglobuline nennt. Sie gewähren Schutz gegen bestimmte Krankheiten, meist allerdings nur für einen eng begrenzten Zeitraum, wenn jede Impfung bereits zu spät käme, also eine Infektion wahrscheinlich bereits erfolgt, die Krankheit aber nur noch nicht zum Ausbruch gekommen ist.

Hauptobjekt der „Immuno“- Forschung sind die sogenannten „opportunistischen Keime“, nämlich Mikroben verschiedener Art — Bakterien, Pilze oder Viren —, die bei vielen Menschen Vorkommen, aber nur bei ganz wenigen, die ganz bestimmte Abwehrschwächen haben, zu schweren Erkrankungen führen.

Andere Experimente zielen auf ein Präparat, das gegen bestimmte Arten von Tumoren wirksam werden soll, wobei Direktor Eibl erklärt: „Tierversuche geben Anlaß zu Optimismus.“

Das neue Forschungszentrum hat sich jedenfalls für die nächsten Jahre einiges vorgenommen.

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