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Auf die Plätze — los…

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Schon’ lange, ehe der offizielle Wahlkampfbeginn eingeläutet wird, setzt von der Basis bis zur Spitze der politischen Parteien das Gerangel um die besten, die aussichtsreichsten und die Hoffnungsplätze in den Nationalrats-Kandidatenlisten ein. Einige, meist Prominente, werfen das Handtuch früher oder doch so rechtzeitig, daß nicht der Eindruck aufkommen könnte, sie hätten im größten Kampfgetümmel die Segel streichen müssen; dabei spielen die Parteistatuten mit ihren Altersklauseln letzte Entscheidungshilfe; so stellte schon vor einigen Monaten Vizekanzler Häuser sein Mandat dem ÖBG-Funktionär Dalldnger zur Verfügung, so gab der burgenländische SP-Spitzenreiter Robak jüngst bekannt, sich mit Ablauf der Legislaturperiode aus dem Nationalrat zurückziehen zu wollen. Andere haben diesen Kampf mit sich selbst noch nicht endgültig entschieden und sperren sich gegen unmißverständliche Winke aus ihren Parteizentralen; etwa Alfred Maleta. Wiederum andere glauben, daß sich die Parteistatuten vor ihrer politischen Superiorität beugen werden. Zu dieser Kategorie zählen letztlich Bundeskanzler Kreisky (Jahrgang 1910) und ÖGB-Präsident Benya (Jahrgang 1912); beide müßten im Laufe der kommenden Legislaturperiode ihr Mandat zurücklegen.

Die mutmaßlichen und sicheren Ausscheider aus dem Nationalrat sind rasch aufgezählt; der ÖVP- Steuerexperte Neuner scheidet in relativ jungen Jahren wegen Arbeitsüberlastung aus dem Kandidatenfeld; der streitbare Handelskammerpräsident Otto Mitterer wül sich um die Interessen der Gewerbetreibenden bald ausschließlich in seiner Kammerfunktion kümmern; der steirische VP-Unterrichtssprecher Har- waiiik will sich aufs Altenteil zurück- ziehen, von dem eben zum stellvertretenden Vorsitzenden des ORF-

Kuratoriums gewählten Kärntner SP-Parlamentarier Michael Lupto- vits hört man ähnliches. Gerüchteweise hört man auch vom gewünschten Abgang des Vorarlberger SP- Nationalrat Roman Heinz (er soll die Vorarlberger SPÖ wieder auf Vordermann bringen), über Stefan Tüll (SP-Oberösterreich) hört man, daß ein solcher Abgang von der Partei diktiert worden sei. Der Wiener FP- Sprecher Tassilo Brösigke, so heißt es, hätte alles andere denn einen sicheren Platz im nächsten Natiomal- rat, vom Wiener VP-Abgeordneten Fiedler heißt es wiederum, daß er den geänderten Pari ei-Erfordernis -

sen Tribut zollen müsse. Ein ähnliches Schicksal dürfte auch dem VP- ,.unabhängigen“ Gleisdorfer Bürgermeister Heinz Rudolf Fischer be- schieden sein, SP-Staatssekretär Veselsky kämpft noch in seiner politischen Wahlheimat Kärnten dagegen an. Schließlich aber hat auch der steirische ÖVP-Parlamentarier Eduard Moser große Schwierigkeiten, Gerüchte über seinen absehbaren Abgang aus dem Parlament glaubhaft dementieren zu können.

Ungewiß ist auch die parlamentarische Zukunft von Innenminister Rösch, wogegen sicher ist, daß Justizminister Broda in die erste Reihe der Sitzordnung in der SP- Parlamentsfraktion vorrücken wird. Die parlamentarische Zukunft von Unterrichtsminister Sinowatz ist eng verknüpft mit dem landespoUtischen Schicksal des burgenländischen Landeshauptmannes Kery. Verabschiedet sich Kery von der. Landespolitdk (und dafür votieren immer mehr S timmen in der bur,gen ländischen Landesparieileitung), dann ist Sinowatz der gegebene Nachfolger. Han delsminister Staribacher ist wohl ein Pixstarter dm Parlament der nächsten Legislaturperiode, letztlich entscheidet aber das Duell der Kron-

prinzen in der SPÖ, Androsch gegen Gratz, über seine politische Zukunft. Gewinnt Gratz dieses Duell, wofür derzeit so ziemlich alles spricht, dann dürfte Staribacher ihm ins Amt des Wiener Bürgermeisters nachfol- gen.

Wie immer die nächsten Nationalratswahlen, deren Zeitpunkt noch immer nicht feststeht, ausgehen werden, diie höchste parlamentarische Funktion in der ÖVP-Riege dürfte Hermann Withalm besetzen. Bei einer relativen Mehrheit der ÖVP würde das die Besetzung des Nationalratspräsidenten mit dem nieder- österreichischen Landedelmann bedeuten. Sein Rivale für diese Funktion, Bauernbundpräsident Roland Minkowitsch, ist, so hört man, derzeit eher an einem Ministerrang interessiert.

Nach hochgespielten Schwierigkeiten scheinen derzeit auch dem ÖVP- „Unabhängigen“ Professor Felix Er- macora (er will 1975 der ÖVP beitreten) und dem Generalsekretär des Wirtschaftsbundes, Erhard Busek, Mandate im nächsten Nationalrat sicher zu sein. Busek dürfte das Mandat von Kurt Fiedler übernehmen und damit seine Chancen für höhere Aufgaben in der ÖVP wahren.

Sicher ist heute — drei, sechs oder zehn Monate vor dem Zeitpunkt der nächsten Wahlen zum Nationalrat —, daß 1975 keine tiefgreifende parla mentarische wachabiose (wie etwa 1970) stattfinden wird. Die sogenannte 45er-Generation ist, mit Ausnahme von Alfred Maleta, längst schon abgetreten, die politischen Stars der fünfziger Jahre rüsten nach einem oder mehreren Ehrenjahren zum Abgang. In einigen Jahren sind wohl auch sie nur mehr Bestandteil nostalgischer Erinnerungen.

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