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Auf jeden Fall lehrreich

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Diese Sommerferien sollen wieder für nicht wenige Schüler zum sprachfördernden Auslandsaufenthalt werden. Ein Dutzend privater Ferienschulen vermittelt hierzulande A uslandsreisen, die sowohl für sprachbegabte Schüler als auch für schulisch Gefährdete geeignet sind. Doch in letzter Zeit sind manche dieser Institute in ein Licht gerückt, das eher dunkeltrüb schillert. Überhöhte Preise, mangelhaftes Angebot und unsaubere Praktiken sind ein fester Bestandteil der Branche, an der übrigens auch eine Sekte mitnascht.,.

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Diese Sommerferien sollen wieder für nicht wenige Schüler zum sprachfördernden Auslandsaufenthalt werden. Ein Dutzend privater Ferienschulen vermittelt hierzulande A uslandsreisen, die sowohl für sprachbegabte Schüler als auch für schulisch Gefährdete geeignet sind. Doch in letzter Zeit sind manche dieser Institute in ein Licht gerückt, das eher dunkeltrüb schillert. Überhöhte Preise, mangelhaftes Angebot und unsaubere Praktiken sind ein fester Bestandteil der Branche, an der übrigens auch eine Sekte mitnascht.,.

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Als im vergangenen Sommer ein sechzehnjähriger Schüler von seinem Sprachaufenthalt in England zurückkehrte, war er mehr als fröhlich: Er war mit 40 jungen Österreichern in einer Garage untergebracht, was die gute Laune überhaupt nicht beeinträchtigte.

Für einen Durchschnittspreis von 9.000 bis 12.000 Schilling hätte man sich trotzdem mehr erwarten können.

Die Verbraucherzeitschrift „Konsument" rät deshalb, den Veranstalter nach dem Ferien verlauf zu fragen.

Die Preise bleiben ungerechtfertigt hoch: Das Berufsförderungsinstitut in Vorarlberg (BFI) stellte jetzt eine Kostenliste zusammen: Für einen dreiwöchigen Aufenthalt in Großbritannien dürfte der Preis nicht höher als genau 4821 Schilling sein. Doch bei einem Mindestbetrag von 9.000 Schilling

(Anglo-Austrian-Society) ergibt sich zwangsläufig ein Differenzbetrag von 4.000 Schilling, der in die Kasse des auf Gewinn ausgerichteten Institutes fiießt.

BFI-Mann Kurt Koprüner: „Bei 30 Schülern ergibt das einen Gewinn von rund 140.000 Schilling." Auch wenn dann noch sonstige Verwaltungs- und Lohnkosten der Mitarbeiter davon bezahlt werden. Außerdem, so Koprüner, sei der Lerneffekt „gering". Deshalb solle man diese Veranstaltung als Urlaub ausschreiben und nicht als Sprachferien.

Aber auch die Behandlung der Schüler selbst durch die Institute ist nicht immer gleich: So fiihrt die „Europäische Ferienschule" ihre Karteien nach entsprechenden Methoden. Man unterscheidet zwischen normal Sterblichen und Schülern, bei denen keine Pannen während des Auslandsaufenthaltes erlaubt sind: Mit rotem Filzstift wird bei Prominentensprößlingen oder guten Bekannten ein vielsagendes, großes „VIP"-Zeichen vermerkt, welches als Abkürzung fiir „Very important person" gilt.

Somit bestätigt es sich, daß manche Schüler eben gleicher als alle anderen sind.

Die „SFA-Sprachreisen", ein Salzburger Unternehmen, wurden auch im Fernsehen („Argumente") kritisch unter die Lupe genommen. So ist in dessen Prospekten ein offiziöses Vorwort des Unterrichtsministers zum Thema „Sprachferien" zu finden, das aber schon vor Jahren verfaßt wurde und dessen einzige Aktualität Inder Unter Schrift von Fred Sinowatz besteht.

Im Zusammenhang mit dem Unterrichtsministerium erhebt sich die Frage, warum Lehrer fiir Sprachferien und damit verbundene kommerzielle Unternehmen in der Schule - durch entsprechendes Prospekteverteilen -Werbung betreiben, obwohl das Schulunterrichtsgesetz deutlich genug Werbung jeder Art im Schulbereich strikt verbietet.

Um gleiche Kriterien fiir alle zu schaffen, erstellt das Unterrichtsministerium jährlich eine Liste aller seriösen Unternehmen, die dann während der Schulzeit verteilt wird. Außerdem stellt das Ministerium 220.000 Schilling für begabte, behinderte oder sozial schwache Schüler zur Verfiigung.

Im Klartext heißt das, daß fast jede Ferienschule eine Summe erhält, die sie dann ansuchenden Schülern zur Verfiigung stellen muß, sofern diese ein entsprechend gutes Zeugnis, eine Einkommensbestätigung der Eltern oder einen Nachweis ihrer Behinderung erbringen können.

Der Betrag liegt dann, nach Auskunft von Josef Neumüller von der Abteilung fiir Auslandsbeziehungen im Unter-

richtsministerium, bei rund 1000 Schilling. Auch fiir ihn ist die Situation auf dem Ferienschulen-Markt „wirklich trist".

Der Vogel wird jedoch von der Firma „Academe" abgeschossen, die von Mitgliedern und Funktionären der Scientology-Sekte geführt wird und somit als Vorfeldorganisation einer Sekte bezeichnet werden kann. Sie vermittelt sogar einjährige USA-Aufenthalte …

Sie bezeichnet sich als „private In-itiatfive", die „Lernen zu einer Aktivität machen will, die Freude bereitet" (Werbetext).

Friederike Valentin vom Sektenreferat der Erzdiözese Wien sieht das natürlich anders: „Das ist reine Vorfeldarbeit fiir Schüler, die fiir Scientology noch, nicht interessant sind und inzwischen deren ,Sprache’ lernen sollen."

Um das Durcheinander der Sprachferien-Institute ein bißchen zu ordnen, schlägt das Vorarlberger BFI vor, einen entsprechenden Pool zu schaffen, der dann als Verband seriöser Sprachferien-Veranstalter agieren soll.

Die Mitgliedschaft in diesem Verein sollte davon abhängen, ob gewisse Kriterien von den Firmen erfiillt werden. Etwa die Bekanntgabe der Kalkulation, Einsatz ausgebildeter Lehrkräfte (und nicht, wie es jetzt manchmal vorkommen soll, Hausfrauen), eine entsprechend kleine Gruppengröße und anderes mehr.

Vorläufig bleibt den Eltern und Kindern nur die Möglichkeit, möglichst genau die Angebote zu studieren und den Veranstaltern viele Fragen zu stellen.

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