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Aufgerissene Flanke

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Isolde Pietsch über die Folgen des griechischen NATO-Rückzugs

Griechenland zieht seine Streitkräfte aus der Nordatlantischen Allianz zurück. Diese Alarmmeldung aus Genf, wo die Verhandlungen über die Zukunft Zyperns gescheitert sind, schockt die westliche Welt. Damit hatte kaum jemand gerechnet.

Lachender Dritter ist auf jeden Fall die Sowjetunion. Die Führung in Moskau mag mit solchen Erfolgen kaum gerechnet haben. Momentan hat sich genau das erfüllt, was sie als Ziel anstrebte: Der Zypern-Konflikt soll wieder vor dem Forum der Vereinten Nationen beraten werden. Der britische Außenminister Callaghan hat als Vertreter einer der Garantiemächte selbst an den Weltsicherheitsrat appelliert, der bereits zur Feuereinstellung aufgerufen hat. Hier kann die Sowjetunion erneut die in ihrem Interesse hegende Forderung nach der Wiedereinsetzung des verjagten Staatschefs Makarios in seine Rechte erheben. Bestimmt wird Moskau in New York nichts unversucht lassei}, um Zypern als „Fall“ für die UN und nicht als „Fall“ für die Atlantische Allianz zu deklarieren.

Die große Frage, die sich jetzt stellt, lautet: Wie kam es, daß diesmal die amerikanische Krisendiplomatie unter Kissinger versagte?

Sollte sich Griechenland tatsächlich auf Dauer militärisch von der Allianz abwenden, so käme das einer schlimmen Situation für das Bündnis gleich. An diesem traurigen Tatbestand ist nicht zu rütteln. Dann wäre die so kritische Südostflanke der NATO „aufgerissen“. Zwar kann man sich nicht vorstellen, daß Athen auch wirklich die militärische Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten beenden würde. Sehr vieles hängt sicher davon ab, ob nicht doch noch bei gutem Willen von Seiten Ankaras eine Lösung für Zypern gefunden werden kann,

Griechenland will Mitglied der politischen Organisation der Allianz bleiben. Das heißt also, daß die Brücken noch nicht abgebrochen sind. Dies läßt noch hoffen, daß mindestens auch eine Regelung erreicht werden kann für so wichtige militärische Stützpunkte der Amerikaner wie den auf der Insel Kreta (Suda-Buoht). Von hier aus werden die Bewegungen sowjetischer U-Boote im Mittelmeer kontrolliert. Weil Washington um die prekäre Situation in jener Region weiß, hatte es bislang auch gegenüber Athen —> selbst als die Junta ihre abenteuerlichen Aktionen auf Zypern inszenierte — vorsichtig taktiert. Diesmal nun scheint es den Griechen nicht rechtzeitig an die Seite gesprungen zu sein.

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