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Aufgewertete Innenstadt

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Wenn über ein Thema viel geschrieben und geredet wird, geschieht Umso weniger Effizientes, so die Volksmeinung. In Klagenfurt ist in den letzten zehn Jahren eher weniger geschrieben und geredet worden, dafür hat sich Schritt um Schritt, Mosaik-steinchen um Mosaiksteinchen eine sehenswerte Altstadt herausgemausert.

Es ist dies natürlich kein Ergebnis des Zufalls und des sogenannten freien Spiels der Kräfte, sondern es wurden hier in der Innen-

Stadt seit etwa 15 Jahren stadtpla-nerische Ziele mit einer gewissen Hartnäckigkeit verfolgt, die der Stadt bereits mehrere Anerkennungspreise und Belobigungen beschert haben.

Schon 1970 ist, damals als Pionierleistung in Österreich, von der Stadtplanung (Architekten Bergmann und Kraigher) ein „Konzept zur Erhaltung und Sanierung der historischen Altstadt von Klagenfurt" in einer großen Ausstellung der Öffentlichkeit präsentiert worden. Damals galten genaue Erhebungen und Bauaufnahmen, teils unter Einsatz von Studentengruppen, der Erfassung der historischen Bausubstanz, und erst mit diesen Unterlagen gelang es, den Nachweis ihrer hohen architektonischen Qualität zu führen.

Es war die Zeit, da man sich der meist ziemlich verkommenen Altstadtviertel allgemein eher schämte und eine „Sanierung mittels Schubraupe" an der Tagesordnung war. Und dies in einem Ausmaß, welches überall in Europa mehr Substanzverlust mit sich brachte, als der Zweite Weltkrieg gefordert hatte. Weitere Studien befaßten sich mit der soziologischen Struktur und ihren Entwicklungstendenzen. Dabei wurde immer deutlicher, daß die Gefahr der Verödung durch Verdrängung der Wohnfunktion, wie auch in anderen Altstädten, auch in Klagenfurt akut ist.

Zum Thema „Altstadt als Wirt-

Schaftsstandort" existieren mehrere Untersuchungen und Dissertationen; gerade hier hakt nun das Altstadtkonzept ein. 'Dessen besonderes Anliegen ist es, durch Erschließung der vielen reizvollen Arkadenhöfe mittels Passagen hochwertige innerstädtische Geschäftsflächen zu schaffen. Hier können sich dann in unverwechselbarem Rahmen Boutiquen und Lokale, Freizeiteinrichtungen und originelle Geschäfte etablieren und damit wesentlich zur Belebung dieser Bezirke beitragen. Gleichzeitig werden so auch im Inneren der Bauwerke Sehenswürdigkeiten zugänglich, die auch touristische Attraktionen ersten Ranges sind. Gerade die kleinteilige Struktur historischer Bauten eignet sich ja für intime beratungsintensive Klein-und Mittelbetriebe, nicht jedoch für lagerintensive Kaufhäuser und Supermärkte mit Massenumsatz.

Die Altstadt hat aber nicht nur kommerziellen Bedürfnissen zu dienen. Sie ist auch die Kontaktzone der Gesamtstadt. Diesem Zweck als Kommunikationsbereich dienen auch die in Klagen-furt frühzeitig angelegten Fußgängerzonen, deren Erweiterung ständig weitergeht. Hier finden Veranstaltungen aller Art statt, von Platzkonzerten über Folklore bis zum Flohmarkt. Wo der fließende Verkehr nicht ganz verdrängt werden kann, wird durch Beschränkung der Fahrbahnbreiten und Einbahnregelungen eine Verkehrsberuhigung herbeigeführt. Gegenwärtig ist dies in der Bahnhof straße im Gang, dort soll durch Gehsteigbreiten von 4 m (statt wie bisher 1,80 m), durch Bepflanzung, durch Möblierung mit Vitrinen, Kunstwerken, Blumen, durch einen hochwertigen Bodenbelag, eine boulevardartige, zum Verweilen einladende

Zone geschaffen werden.

Besonders erfolgreich und augenscheinlich ist die Fassadenaktion, die stilgerechte Instandsetzung der Fassaden wird durch Zuschüsse von Stadt, Land und Denkmalamt vorangetrieben. In den letzten zehn Jahren waren es über 100 Fassaden, was einen wirtschaftlich nicht unbedeutenden Umsatz von 25 Millionen Schilling ausmachte. Der seit fünf Jahren dafür zuständige politische Referent, Stadtrat Dieter Jandl, hat sich für diese Fassadenaktion besonders vehement eingesetzt.

Die Bemühungen um Stadtgestaltung und Ortsbildpflege finden auch in Verordnungen des Gemeinderates ihren Ausdruck. So sind Gebäudeaufschriften und Reklamen anzeigepflichtig, so daß eine gestalterische Einflußnahme möglich ist. Ferner wurde vom Stadtplanungsamt auf der Basis genauer Stadtbildanalysen ein „Konzept zur Stadtgestaltung" ausgearbeitet. Mit diesen Instrumenten ist heute die Gewähr gegeben, daß dort, wo Stadterneuerung durch Neubau geschieht, die Maßstäblichkeit gewahrt wird.

Die Innenstadt von Klagenfurt zeichnet sich noch heute durch den aus der Renaissance überlieferten, schachbrettförmigen Grundriß des genialen lombardischen Architekten Domenico De-lalio aus. Für die heutige Stadtplanung sind diese traditionellen Raum- und Platzgef üge, die überlieferten Blickachsen und Visur-linien eine hohe Verpflichtung.

Recht zögernd, aber durchaus mit einigen guten Beispielen, setzte auch der Wohnungsbau in der Innenstadt ein. Hier gibt es noch große ungenutzte Reserven in den Dachgeschoßzonen, wo ein reizvolles und ruhiges kultiviertes Wohnen möglich ist. Indessen kommen die Wohnbauförde-rungs-Richtlinien der Altstadtre-vitalisierung nicht entgegen. Wohnbauförderung ist in Österreich immer noch vorrangig auf den Neubau auf der grünen Wiese vor der Stadt zugeschnitten.

War es bisher ein stehendes Argument, daß das Wohnen in der Innenstadt wegen mangelnder Grünflächen unattraktiv sei, ist dies in Klagenfurt jedenfalls nicht mehr der Fall. Eine Reihe von kleinen und großen Parks wurde in der Innenstadt neu angelegt, und zwar auf früheren Bauflächen, was — wie Kenner-wissen — nicht selbstverständlich ist. Derzeit ist eine umfassende Sanierung der die Ringe begleitenden Parkanlagen im Gang. Hier wird durch intensive Abschirmung von den Hauptverkehrsflächen, Ausstattung mit Brunnen und Kunstwerken und auch Anlage von Radwegen, eine erhebliche Aufwertung herbeigeführt.

Das Erfreulichste für alle an der Altstadtsanierung Beteiligten ist aber, daß dieses Sachgebiet über den politischen Tagesstreitigkeiten liegt und sich die Erkenntnis allgemein durchgesetzt hat, daß unser einprägsames historisches Ortsbild zu den entscheidenden, nicht reproduzierbaren Wesensmerkmalen unseres Landes gehört.

Der Autor ist Stadtplaner von Klagenfurt.

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