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Aufkommensneutral

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Wer sich die Ausführungen von Finanzminister Herbert Salcher in der letzten Pressestunde — da in dieser unwidersprochen — zu Herzen nahm, muß seine Ankündigung, die kommende Einkommensteuerreform werde aufkommensneutral sein, geradezu als Gnadenakt empfinden und Alois Mocks Plan, die Möglichkeiten einer 20prozentigen Tarifsenkung prüfen zu lassen, als frivoles Spiel empfinden. Denn, so wischte der sichtlich um einen tatkräftigen Eindruck bemühte Tiroler, alles Jammern um hohe Steuersätze vom Tisch, die durchschnittliche Belastung mit Lohn-und Einkommensteuer betrage ohnehin nur rund 11 Prozent.

Das erinnert fatal an den Witz von der durchschnittlich wohltemperierten Wiener Gemeindewohnung: In der einen Hälfte der Wohnungen hat es 10 Grad, in der anderen 30 Grad, durchschnittlich demnach 20 Grad.

Für das Belastungsempfinden und den Leistungswillen jener, die aktiv im Beruf stehen, sind aber 33 Prozent Steuerprogression bereits ab einem Einkommen von 100.100 S und 51 Prozent Steuerprogression ab 250.100 S Jahreseinkommen heute die Realität.

Wenn jemand, der brutto 22.000 S im Monat verdient, von jedem zusätzlich verdienten Tausender mehr als die Hälfte an den Finanzminister abliefern muß, ist es ihm absolut kein Trost, wenn der Lohnsteuerdurchschnitt von Pensionisten und Teilzeitbeschäftigten gedrückt wird.

Immer mehr Steuerpflichtige wachsen in Tarifstufen hinein, die für sie ursprünglich nicht bestimmt waren. Auch jene Einkommenszuwächse, die allein dem Inflationsausgleich dienen, unterliegen dadurch voll der Progression.

Trotz mehrerer Steuersenkungen ist die Durchschnittsteuerbelastung real vergleichbarer (d. h. unter Ausschaltung der Inflation) Einkommen seit der ersten Regierung Kreisky ständig gestiegen: Bei einem Einkommen von 100.000 S pro Jahr von 28 J (1971) auf 32,7 Prozent (1982), bei 200.000 S Jahreseinkommen von 392 auf 44,4 Prozent (jeweils Verheiratete ohne Kinder).

Die ständigen heimlichen Steuererhöhungen lassen sich auch sehr gut an der Entwicklung des Lohnsteueraufkommens ablesen: Während die Lohn- und Gehaltsumme von 1971 auf 1982 etwa auf das Dreifache stieg (von 205 auf 617 Milliarden Schilling), wuchsen die Lohnsteuereinnahmen des Finanzministers auf das Sechsfache (von 12 auf "72 Milliarden Schilling), also doppelt so schnell.

,^ufkommensneutral" heißt daher bloß: Kein zusätzlicher Steuer-Sprung im Jahr der Steuerreform.

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