Vor Jahren habe ich gern Verei- ne gegründet. Es waren imagi- näre Vereine, bei der Behörde nicht angemeldet, sondern nur in Form einer Stampiglie existent. Beson- deren Anklang hatte der „Verein zur Abwehr der Überschätzung Hugo von Hofmannsthal", der in Germanistenkreisen populär wur- de. Ich verschickte auch Ehrenmit- gliedschaftsurkunden; Heimito von Doderer nahm die Ehrenmitglied- schaft gern an, ebenso Frau Olga Schnitzler, die Witwe Arthur Schnitzlers, die einmal sagte: „Ich hab' ihn von Anfang an nicht leiden können."
Und nun verspüre ich wieder die unwiderstehliche Lust, einen Ver- ein zu gründen, leider wieder nur einen imaginären, obwohl neulich bei einer Sendung unseres ORF- Hörfunks der Antrieb zur realen Gründung sehr stark war. Aber da muß man Statuten entwerfen, man braucht Kassiere und Rechnungs- prüfer, man muß Mitgliedskarten ausgeben, Mitgliedsbeiträge kassie- ren, Generalversammlungen einbe- rufen - nein, bleiben wir imaginär bei dem „Verein zum Schutz Mo- zarts vor dem Mozart-Jahr".
Werden Sie, bitte, imaginäres Mitglied dieser erlauchten Runde! Auf meinem Schreibtisch habe ich ein schönes Bild Karl Böhms. Tun Sie mir's gleich, besorgen Sie sich ein solches Bild. Holen Sie Ihre Böhm-Mozart-Platten hervor! Üben Sie sich im Abdrehen oder Umschalten des Radioapparats oder des Fernseh-Apparats, wenn ein derzeitiger Neo-Mozart auf dem Programm ist! Meiden Sie Rossini- Dirigenten, die Mozart dirigieren. Hören Sie Mozart-Streichquartett- Platten vom Alban-Berg-Quartett, vom Hagen-Quartett, Amadeus- Quartett, hören Sie Mozart, wenn Gulda ihn spielt oder Serkin oder Buchbinder.
Jetzt haben Sie Ihren Umgang mit Mozart gesichert; und jedes Abdrehen des Radio- oder Fern- seh-Apparats ist eine Art Heiliger Handlung, ein heftiges Nein gegen alle Greuel, die uns (nein, nicht uns, den andern!) das Mozart-Jahr be- scheren wird. Wünsche wohl zu hören beziehungsweise wegzuhö- ren.
