Aufschlußreiche Studie des Instituts für angewandte Sozial- und Wirtschaftsforschung
..Arbeits- und sozialrechtliche Regelungen int internationalen Vergleich" heißt eine Studie, die kürzlich int angesehenen Institut für angewandte Sozial- und Wirtschaftsforschung herausgekommen ist. Die EG- Länder (ohne Irland und Luxemburg) sowie Norwegen, Schweden, Schweiz, Japan und USA waren einbezogen. Wir zitieren aus der
Zusammenfassung dieser 1980 angestellten Untersuchung.
A rbeitszeit
Die gesetzlichen Regelungen der Nomalarbeitszeit beinhalten in vielen Ländern bereits die 40-Stunden-Wo- che. Wo auf gesetzlicher Basis noch längere Wochenarbeitszeiten bestehen, sind diese durch günstigere kollektivvertragliche Regelungen,- überwiegend die 40-Stunden-Woche - weitestgehend überholt. Einzig in der Schweiz sowie in Japan ist die gesetzliche Normalarbeitszeit wie auch die kollektivvertragliche länger als 40 Wochenstunden.
In Belgien wurde 1980 die gesetzliche Normalarbeitszeit für Angestellte und Beamte mit 38 Wochenstunden festgelegt. In anderen Ländern existie
ren kürzere Arbeitszeiten (37 bis 38 Wochenstunden) in Branchen mit schwierigen Arbeitsbedingungen, teilweise jedoch auch im Bereich der Banken und Versicherungen.
Generell dominiert die 5-Tage-Wo- che. In der Schweiz wird in vielen Bereichen fünfeinhalb Tage gearbeitet, in Japan generell fünfeinhalb bis sechs Tage.
Überstunden
Mit Ausnahme der USA bestehen in allen Ländern zeitmäßige Limitierungen der Überstunden. Diese Limitierungen können teilweise mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden überschritten werden, es gibt jedoch im Regelfall eine absolute Obergrenze.
Ferner existieren in den meisten Ländern gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungen für Überstundenzuschläge. Bezüglich der Höhe der Zuschläge liegt Österreich im Spitzenfeld der untersuchten Länder. Zuschläge bis 200 Prozent, wie sie sich in Österreich finden, kommen sonst nur noch in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Schweden vor.
Nachtarbeit
Beschränkungen für Nachtarbeit bei Frauen und bei Jugendlichen bestehen mit Ausnahme der USA in allen Ländern. Die für Männer geltenden Beschränkungen sind in ihrem
Umfang wesentlich geringer bzw. (Ausnahme männliche Jugendliche) nicht vorhanden.
In allen Ländern, die eine Beschränkung der Nachtarbeit für Frauen generell vorsehen, besteht jedoch die Möglichkeit von Ausnahmen für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern.
Feiertage, Urlaub
Hinsichtlich der Anzahl der bezahlten Feiertage liegt Österreich mit 13 bzw. 14 Feiertagen an der Spitze der untersuchten Länder. Die BRD reicht mit elf bis 13 bezahlten Feiertagen (je nach Ländern) an Österreich heran. Italien weist nach der 1977 erfolgten Reduktion der Zahl der Feiertage nur mehr zwölf bezahlte Feiertage auf.
Gesetzliche Regelungen über das Urlaubsausmaß gibt es in allen Ländern mit Ausnahme der USA und Großbritanniens. Österreich liegt mit einem (derzeitigen) Mindesturlaub von 24 und einem Höchsturlaub von 30 Werktagen im Spitzenfeld. Einen längeren Mindesturlaub gibt es in Dänemark ab 1980 (26 Werktage) sowie in Schweden (fünf Wochen).
Es verdient, angemerkt zu werden, daß der Höchsturlaub in Japan mit 20 Werktagen noch unter dem österreichischen Mindesturlaubsausmaß liegt. Festzuhalten ist ferner, daß auch in anderen Ländern über das gesetzliche Ausmaß hinausgehende günstigere Kollektivvertragsregelungen nur in Einzelfällen dazu führen, daß das Höchsturlaubsausmaß, wie es in Österreich gesetzlich festgelegt ist, überschritten wird.
Bildungsurlaub
Eine Bildungsfreistellung gibt es mit Ausnahme von Dänemark, Japan und den USA in allen untersuchten Ländern. In drei Ländern (darunter auch Österreich) existiert die Bildungsfreistellung nur für Betriebsräte, in anderen Ländern ist sie auf bestimmte Branchen oder bestimmte Arbeitnehmergruppen eingeschränkt.
Aus den beschriebenen Arbeitszeitregelungen wird klar, daß in Österreich die Arbeitszeit im internationalen Vergleich relativ niedrig liegt. So zeigt ein internationaler Vergleich der Sollarbeitszeiten Österreich mit der geringsten Sollarbeitszeit (1.808 Stunden). In Japan, dem Land mit der höchsten Sollarbeitszeit, beträgt diese 2.083 Stunden.
Eine OECD-Statistik über geleiste
te Arbeitsstunden zeigt für Japan ebenfalls die längste Arbeitszeit; Österreich rangiert bei dieser Übersicht auf Rang 6 (unter 13 untersuchten Ländern) mit 1.712 Stunden, somit im Mittelfeld.
Dieser Unterschied der Position Österreichs bei den Sollarbeitszeiten und der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit dürfte vor allem auf das hohe Ausmaß des sozialen Friedens zurückzuführen sein.
Entgelt bei Krankheit
Gesetzliche Regelungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für Arbeiter durch den Arbeitgeber existieren in sieben der untersuchten Staaten. Dabei zählt Österreich gemeinsam mit der BRD und Frankreich zweifellos zu den Staaten mit dem höchsten Leistungsniveau.
Ein sehr hohes Leistungsniveau weist Österreich bei der Entgeltfortzahlung an Angestellte auf. Auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Krankengeldleistungen können sich die österreichischen Regelungen im internationalen Vergleich durchaus sehen lassen. Bei einer Gesamtbeurteilung der Einkommenssicherung im Krankheitsfall muß Österreich ohne Zweifel dem europäischen Spitzenfeld zugeordnet werden.
Pflege, Betriebsarzt
Anspruch auf bezahlte Pflegefreistellung auf gesetzlicher Basis besteht außer in Österreich noch in der BRD, -Norwegen und Schweden. Dabei wird allerdings in diesen drei Staaten - zum Unterschied von Österreich, wo auch nahe Angehörige von der Regelung erfaßt werden - nur die Erkrankung von Kindern geregelt.
In sechs der untersuchten Staaten besteht überhaupt keine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung betriebsärztlicher Dienste. Wo solche Regelungen bestehen, werden (mit Ausnahme Dänemarks) vom Gesetzgeber keine Mindesteinsatzzeiten für die Betriebsärzte festgelegt.
Sonderzahlungen
Hinsichtlich regelmäßiger Sonderzahlungen liegt Österreich im Spitzenfeld. In einigen Ländern gibt es regelmäßige Sonderzahlungen überhaupt nicht, in anderen nur einmal pro Jahr, wobei die Höhe der Sonderzahlungen meist unter dem österreichischen Niveau liegt.
Mit Ausnahme Österreichs und der BRD werden Sonderzahlungen steuerlich nirgends begünstigt.
Karenzurlaub
Anspruch auf einen längeren Karenzurlaub (über die üblichen Schutzfristen nach der Geburt hinaus) im Falle.der Mutterschaft besteht außer in Österreich noch in der BRD, Großbritannien, Italien, Norwegen und Schweden.
Damit ist überwiegend auch ein Anspruch auf Geldleistungen unterschiedlicher Höhe verbunden. Die Möglichkeit einer wahlweisen Inanspruchnahme durch die Mutter oder den Vater des Kindes besteht in Italien, Norwegen und Schweden.
Kündigung
Hinsichtlich der Kündigungsregelungen kann als ein genereller Aspekt festgehalten werden, daß (wo die Fristen bei Kündigung durch den Arbeitgeber oder durch den Arbeitnehmer nicht gleich sind) die Fristenbei Kündigung durch den Arbeitgeber länger sind als bei Kündigung durch den Arbeitnehmer.
Häufig kommt es zu einer Staffelung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit. In einigen Ländern existiert auch eine Staffelung nach dem Lebensalter. Unkündbarkeitsregelun- gen existieren mit Ausnahme von Dänemark, Norwegen und der Schweiz für Beamte in allen Ländern.
In anderen Bereichen sind derartige Unkündbarkeitsregelungen eher unüblich; außer in Österreich gibt es sie noch in der BRD, Belgien sowie in Frankreich. Bei Kündigung einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern besteht in vielen Ländern die Verpflichtung, das Arbeitsamt zu verständigen.
Abfertigung
Hinsichtlich der Abfertigungsregelungen weist Österreich zweifellos die günstigsten Regelungen auf, wenn man Anspruchsvoraussetzungen, Anspruchshöhe und den erfaßten Personenkreis betrachtet. In einer Reihe von Staaten bestehen Abfertigungsleistungen nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen (Auflösungen, die weder betrieblich noch in der Person des Arbeitnehmers begründet sind).
Selbstbehalt
Die soziale Sicherung bei Krankheit und Unfall ist in den untersuchten Staaten zwar unterschiedlich geregelt, es besteht jedoch eine Versicherungsdichte zwischen 85 und 100 % der Gesamtbevölkerung (Ausnahme USA).
Viele Staaten sehen neben dem Selbstbehalt bei Medikamentenkosten auch eine Kostenbeteiligung der Versicherten bei der ärztlichen Betreuung und zum Teil auch bei den Spitalskosten vor.
Pensionsrecht
Bezüglich des Leistungsniveaus der Alterspension liegen nur Schweden und die Schweiz über dem österreichischen Niveau. Dabei ist zu berücksichtigen, daß für diese Staaten Ergänzungsleistungen der betrieblichen Altersvorsorge in den Vergleich einbezogen wurden.
Das allgemeine Pensionsanfallsalter liegt bei Männern ziemlich einheitlich bei 65 Jahren. Bei den Frauen gibt es größere Unterschiede.
Außer in Österreich gibt es noch in sieben weiteren Staaten die Möglichkeit einer vorgezogenen Alterspension („Frühpension“), wobei bei den Frauen nur Belgien ein gleich niedriges Frühpensionsalter wie Österreich aufweist.
Arbeitslosigkeit
Eine finanzielle Sicherung bei Arbeitslosigkeit ist in allen Staaten gegeben. Die notwendigen Anspruchsvoraussetzungen, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes sowie dessen Höhe sind sehr unterschiedlich.
In den meisten Staaten gibt es nach Ablauf der Bezugsfrist für das Arbeitslosengeld Maßnahmen der Sozialfürsorge.
Beihilfen
Hinsichtlich der Anzahl staatlicher Beihilfen (wie etwa Kinderbeihilfe, Geburtenbeihilfe, Heiratsbeihilfe, etc.) liegt Österreich an der Spitze. Die überwiegende Mehrzahl der untersuchten Länder zieht Geldtransfers den Realtransfers vor.