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Aufschwung nach vielen Krisen

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Herold: Alle Höhen und Tiefen des katholischen Pressewesens in Österreich sind mit diesem Namen untrennbar verbunden. In diesen Wochen gedenkt das traditionsreiche Druck- und Verlagshaus in der Wiener Strozzigasse gleich zweier Ereignisse.

Am 1. Jänner 1894 — vor neunzig Jahren — erschien zum ersten Mal die „Reichspost“, das „Unabhängige Tagblatt für das christliche Volk Österreich-Ungarns“. Und vor siebzig Jahren, am 7. Dezember 1913, übergab der damalige Fürsterzbischof Gustav Piffl das in nur neun Monaten errichtete, für damalige Verhältnisse überaus moderne Druck- und Verlagshaus in der Strozzigasse Nummer 8 seiner Bestimmung.

Mit dem Aufstieg der „Reichspost“ — ihre Höchstauflage erreichte sie 1915 mit 55.000 Exemplaren — erlebte auch der Herold- Verlag seine Blütezeit. Im Jänner 1929 erschien die erste Nummer des „Kleinen Volksblattes“, das in seinen besten Zeiten an die 250.000mal am Tag verkauft wurde.

Einen schweren Rückschlag erlitt das Haus Herold gegen Ende der 1. Republik, als es in den Strudel der bürgerkriegsähnlichen Situation rund um #en Justizpalastbrand geriet: Am 15. Juli 1927 brannte auch das Herold-Gebäude. Zwar wurde das Haus in kurzer Zeit wieder aufgebaut, doch die bitterste Stunde erlebte Herold nach dem Anschluß Österreichs an Nazi-Deutschland.

Das Unternehmen wurde beschlagnahmt, Ende September 1938 wurde die „Reichspost“ eingestellt, das „Kleine Volksblatt“ unter Nazi-Kuratel gestellt, die Herold-Verantwortlichen rund um Friedrich Funder wanderten ins KZ.

Friedrich Funder war es dann auch, der — schon über siebzigj äh- rig — mit neuem verlegerischen Mut an den Wiederaufbau nach 1945 heranging. An die Stelle der „Reichspost“ trat die FURCHE, die ab 1. Dezember 1945 wöchentlich das Haus in der Strozzigasse verließ, um alte „Reichspost“-Le- ser zurück- und breitere Leser kreise neu zu gewinnen. Das „Kleine Volksblatt“ ging ins Eigentum der öVP über, wurde aber weiterhin bei Herold gedruckt.

Mitte der sechziger Jahre schlitterten sowohl die Druckerei wie Verlag Herold in eine fast aussichtslose finanzielle Situation: Das „Volksblatt“, das seit seiner Umstellung auf das Großformat zu Beginn der sechziger Jahre immer mehr Leser verloren hatte, wurde im November 1970 endgültig eingestellt. Die Herold-Krise erreichte wenig später, 1976, ihren Höhepunkt. Durch das Engagement der Erzdiözese Wien — namentlich des Wiener Domverlages — wurde auch diese Krise gemeistert.

Einige Jahre lang mußte man jedoch, was die Investitionen und verlegerischen Ambitionen anlangt, leisetreten. „Heute befindet sich das ganze Haus im Aufwind“, beteuert Fritz Müller, seit Herbst 1982 Geschäftsführer von Herold und Wiener Domverlag.

In einem Fünfjahresplan, beginnend .mit 1983, will Müller sowohl Umsatz- wie auch Rentabilitätssteigerungen erzielen. Noch 1984 werden in einer Investitionswelle u. a. eine neue Computer- Satzanlage sowie eine hochleistungsfähige Rotationsdruckmaschine angeschafft. Ab Mitte 1985 druckt dann Herold wieder—nach 15 Jahren — eine Tageszeitung: die großformatige „Presse“.

Aber auch selbst will der Herold-Geschäftsführer an die verlegerische Tradition des Hauses anschließen, sowohl auf dem Buch-, wie auf dem Zeitschriftensektor. Müller denkt dabei in erster Linie an eine anspruchsvolle gesellschaftspolitische Monatsschrift nach dem Vorbild von „Wort und Wahrheit“. Arbeitstitel: „Radice“.

Auch das Buchprogramm soll attraktiver gestaltet werden. Der Verkaufserfolg des neuen Busek- Buches („Mut zum aufrechten Gang“) etwa macht Müller Mut.

Der voraussichtliche Ge- schäftserfolg für das Jahr 1983 bestätigt vorerst einmal das Konzept Müllers. Er vergißt aber nicht zu erwähnen, daß ohne das gute Gesprächsklima zwischen Belegschaft und Geschäftsführung, zwischen Betriebsführung und Eigentümer, die Herold-Renaissance wohl nicht möglich gewesen wäre.

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