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Aufwind im Blätterwald

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Seit es den „Standard“ gibt, haben sich „Presse“ und „Salzburger Nachrichten“ besonders angestrengt. Im folgenden ein Vergleich der drei Blätter in einigen Aspekten.

Seit März besitzt nun auch der „Standard“ eine Samstag-Ausgabe, und die „Salzburger Nachrichten“ (SN) haben mit ihrer Österreich-Ausgabe endgültig den Kreis der Regionalzeitungen verlassen.

Die drei sogenannten Qualitätszeitungen setzen den Schwerpunkt durchaus unterschiedlich: In der Wirtschafts-Berichterstattung bietet der „Standard“ die umfangreichsten, wenn auch nicht immer fehlerfreien Tabellen. Die „Salzburger Nachrichten“, deren dünner Wirtschaftsteil in der Person des Ronald Ba- razon einen langjährigen profunden Kommentator besitzt, glänzen in der politischen Hintergrundanalyse.

Beim „Standard“ zeigt sich eine gewisse Vernachlässigung der Politik in der knappen Innen-Be- richterstattung und im äußerst kleinen Netz von Ausländskorrespondenten. Für die beiden Konkurrenzblätter schreiben rund doppelt so viele Mitarbeiter im Ausland. London und Bonn sind zwei der weltpolitisch wichtigen Regionen, die keinen „Standard“- Korrespondenten kennen.

Allerdings sorgen Fixverträge über Artikel des renommierten „Le Monde“, der „New York Times“ und des „Economist“ für eine gewisse Kompensation.

Wie bei allen seriösen Tageszeitungen Österreichs schreibt der Großteil der Auslandsmitarbeiter auch für andere (zumeist bundesdeutsche) Blätter. „Die Presse“ beispielsweise hat einige Korrespondenten mit dem „Zürcher Tagesanzeiger“ gemein. Sie verfügt über vier kostenintensive Redaktionsbüros im Ausland (Bonn, Brüssel, Paris, Washington) und scheint in diesem Punkt tatsächlich das „Vorbild“ (Werbetext) zu sein. Die „Salzburger Nachrichten“, deren Korrespon- denten-Netz ähnlich groß ist und das — im Gegensatz zum „Standard“ - in nächster Zeit nicht erweitert wird, verfügen über halb so viele Auslandsbüros.

Zu etwaigen Ausbau-Ambitionen der „Presse“ für das heurige Jahr meint deren Chefredakteur Thomas Chorherr mit dem Unterton des Bedauerns: „Schwarzafrika ist ein weißer Fleck.“ In dieser politisch enorm wichtigen Region werde sein Blatt einen freien Mitarbeiter engagieren.

In der Tat haben die heimischen Qualitätsblätter kaum Mitarbeiter in den sogenannten Entwicklungsländern. Das Korrespon- denten-Netz des „Standard“ beschränkt sich überhaupt — mit Ausnahme von Ostasien—auf Europa. •

Zum Ressort-Schwerpunkt „Kultur“ des Bronner-Blattes, an dem bekanntlich der deutsche Mediengigant und „Bild“-Verleger Axel Springer beteiligt ist, gesellen sich weitere Novitäten im österreichischen TageszeitungsJournalismus: Etwa die hierzulande neuen Kommentar-Seiten.

Trotz dieser Einrichtung vollzieht der „Standard“ nicht stets die im angelsächsischen Journalismus vorexerzierte Trennung von Bericht und Kommentar. So trägt etwa ein Artikel über die Wahl von Kardinal Groer zum neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz auf Seite 1 den Untertitel „Die traditionalistischen Bischöfe setzen sich durch“. Mit dem Begriff „traditionalistisch“ wurde jedoch die Gruppe von Gläubigen um Bischof Lefebvre bezeichnet. Seine Anwendung auf die Mehrheit der österreichischen Bischöfe ist daher mehr als fragwürdig.

Im Gegensatz zur „Presse“ verschweigt dieser eher tendenziöse „Standard“-Artikel die Tatsache, daß traditionell der ranghöchste Würdenträger zum Vorsitzenden der österreichischen Bischofskonferenz gewählt wird.

Auch in anderen Beiträgen des im sozialistischen „Vorwärts“- Verlag gedruckten Bronner-Blattes tritt eine ideologische Färbung zutage: In Kulturartikeln beispielsweise wird der „Klassen“- Begriff als allgemein akzeptierter, wertfreier Terminus gehandhabt.

Selbst in den Sportberichten des „Standard“ fällt die unprofessionell-eigenwillige Sprache auf.

Mit diesen Problemen haben die etablierten „Salzburger Nachrichten“ nicht zu kämpfen. Die SN heben sich - trotz stärkerer Bebilderung und dickerem Chronikteil als „Standard“ und „Presse“ — deutlich von der Regenbogenpresse ab. Politische Einseitigkeiten, wie sie das Springer-Bronner- Blatt und auch der großindustrielle Horizont aufweisen, sind in den „Salzburger Nachrichten“ selten. Freilich hat auch diese Tageszeitung ihren eigenen, eigenartigen Stü. So sind das in den Inseraten „versteckte“ tägliche Fernsehprogramm und die periodischen humoristischen, aber nicht immer niveauvollen Kommentare gewöhnungsbedürftig.

Dennoch setzen die „Salzburger Nachrichten“ — nicht zuletzt aufgrund ihrer nüchternen Sachlichkeit — einen neuen Presse-Standard. Von großen Qualitätszeitungen wie „Le Monde“ oder „The Independent“ sind alle drei heimischen Blätter jedoch entfernt.

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