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Augarten-Porzellan seit 275 Jahren

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Unter dem Zeichen des „Blauen Bindenschildes” überdauerte die Manufaktur alle politik- und kriegsbedingten Umbrüche.

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Unter dem Zeichen des „Blauen Bindenschildes” überdauerte die Manufaktur alle politik- und kriegsbedingten Umbrüche.

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as Wiener Porzellan feiert seinen Geburtstag. Es feiert das 275. Jahr seiner Gründung mit einer Ausstellung im ehemaligen Schloßrestaurant des barocken Palais Augarten in Wien, wo einst der junge Mozart Konzerte gab und der 17jährige Beethoven bei seinem ersten Wiener Besuch als Klaviervirtuose auftrat. Die Wiener Porzellanfabrik, der xlas Domizil Augarten 1923 zugewiesen wurde, zeigt in Zusammenarbeit mit dem Historischen Museum der Stadt Wien bis 12. März 1994 die überaus reizvolle Schau „Wiener Porzellan: Rokoko-Klassizismus-Biedermeier”. Bei dieser Gelegenheit stellt sie auch „Neuauflagen” von Biedermeier-Objekten mit der im Jahre 1800 kreierten „Biedermeier-Masche” vor.

Als Geburtstag der Zweitältesten europäischen Porzellanmanufaktur gilt der 25. Mai 1718. Damals unterzeichnete Kaiser Karl VI. ein Spezialprivilegium. Es räumte dem als Hofkriegsagent tätig gewesenen Niederländer Innocentius du Paquier das alleinige Recht ein, innerhalb der österreichischen Erblande Porzellan herzustellen - ein Produkt, das bis dahin auf unserem Kontinent bloß in Dresden durch die 1706 von Johann Friedrich Bött-ger gemachte Erfindung hergestellt werden konnte.

Du Paquier war damals nach Dresden gereist, so Porzellan-Expertin Waltraud Neuwirth, um womöglich die dortigen Fabrikationsgeheimnisse kennenzulernen und sie sich anzueignen. Mit der Verheißung von 1.000 Taler Gehalt nebst eigener Equipage und freier Wohnung lockte er den Werkmeister der Porzellanfabrik Stöltzel und drei seiner Mitarbeiter nach Wien und fing im neu erworbenen Breunerschen Sommergebäude in der Vorstadt Rossau mit der Fabrikation an.

Obgleich Du Paquiers Erzeugnisse - zumal das mit Blumen-und Goldornamenten dekorierte

Schokolade- und Teeservice -sehr teuer waren, keim der Fabrikant nicht auf seine Rechnung. Mißratene Versuche erhöhten seine Schulden.

So ging über Wunsch von Maria Theresia 1744 die Manufaktur in kaiserlichen Besitz über. In der Folge wurde der unterglasurblaue Bindenschild, das auf die Babenberger zurückgehende Wappen der österreichischen Herzöge beziehungsweise des Kaiserreiches Österreich und der Republik, zum Markenzeichen des Wiener Porzellans. Es blieb sein Kennzeichen bis zur Auflösung des Unternehmens im Jahre 1864 und blieb es in der 1923 gegründeten „Wiener Porzellan fabrik Augarten AG zur Erneuerung und Fortsetzung der vormaligen staatlichen (Aerariel-) Porzellanmanufaktur Wien”.

Als kreativste aller Phasen wird die dritte, von 1784 bis 1805 dauernde Periode der unter Kaiser Joseph II. verpachteten Manufaktur bewertet. Herausragend in dieser Epoche sind einige Tassen im berühmten Kobaltblau, dem nach dem Obermaler Leithner in der Blumenmalerei benannten

„Leithnerblau”. Seine Erfindung einer reinen blauen Farbe überflügelte die ausländische Konkurrenz.

Zur Zeit des Wiener Kongresses wurden in der Manufaktur für die ausländischen Gäste zahlreiche Prachtgeschenke angefertigt. Es gab Niederlassungen in Karlsbad und Dresden, man beschäftigte nach dem Ende der napoleonischen Kriege 500 Arbeiter, davon 106 Maler.

Jährlich wurden über 50.000 Stück der blaugeränderten Teller verkauft, das Frühstücksservice fand noch mehr Abnehmer.

Dem topographischen Interesse des historischen Museums entsprechend, präsentiert die Jubiläumsausstellung vor allem Vedutentassen mit Ansichten etwa von Laxenburg, der Brigittenau, dem Stephansdom, dem Michaelerplatz, der Spinnerin am Kreuz, von Schönbrunn sowie dem The-seustempel. Wie die Tassen mit Blumenmalereien waren sie beliebte Geschenkartikel von Herrn und Frau Biedermeier. Aufgrund des Lokalkolorits zählen sie nach wie vor zu den international begehrtesten Sammelobjekten.

Wiener Porzellan: Rokoko-Klassizismus-Biedermeier

Wiener Porzellanmanufaktur Augarten, 1020 Wien, Ob. Augartenstraße 1, Schloß Augarten. Bis 12. März 1994, Mo bis Fr 8J0 bis 18, Sa 9 bis 12 Uhr.

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