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Augustin, Augustin alles ist…

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Gala-Abend im Zirkus „Modernes Österreich’. Das Mittelstück besorgen das allseits beliebte XJnterhal- tungs-Duo Benya & Kreisky. Es ist unmöglich, von ihrem Sketch „ORF- Reform’ nicht gefesselt zu werden: Namen wirbeln wie Rastellis Teller durch die Luft, kommen hoch und fallen tief, gelegentliche Erdberührung scheint nicht spielerischer Zufall, sondern Absicht zu sein; der Chef-Magier versucht aus einem Vollblut-Sektionsrat einen Unterhaltungs-Sachverständigen zu kneten: Stars gastieren als Statisten (Bacher, Dalma, Härtner, Lenhardt, Kreuzer); Statisten werden zu Stars (Bron- ner); ein Teil des Zirkus-Personals hängt ohne Seil und Netz ratlos in der Luft und nennt das Ergebnis ihrer zeit- und konditionsraubenden Bemühungen „Zeit im Bild’; Programmänderungen sind der Zirkus- Direktion Vorbehalten; sie entstehen unter dem Druck des Werbebüros „Kronen-Zeitung’.

Wenn Bundeskanzler Kreisky je ehrliche Absicht zu einer Reform des ORF getrieben hat, dann wäre nun der Zeitpunkt gekommen, auf Grund des derzeitigen Stands der ORF-„Re- form’ zu demissionieren — denn dieser Versuch ist total fehlgeschlagen. Wenn es aber von Beginn an sein Ziel war, einen Regierungs- Rundfunk zu errichten, dann ist er ein ganz großer Regisseur; gut für die Inszenierung jedes Spiels bei den Salzburger Festspielen. In der Zielgeraden dieser Legislaturperiode findet ein total verunsichertes ORF- Personal nur noch in jenen Augenblicken, in denen über die Regierungsgeschäfte berichtet werden darf, zur stramm-devoten Haltung zurück. Da zuletzt die Arbeiterkammerwahlen für die Regierungspartei nicht gut ausgehen konnten, durfte zwei Tage davor erst gar keine Femseh-Dis- kussion abgehalten werden.

Für den „neuen’ ORF werden „neue’ Männer gesucht. Einer der beim Möbeltransport Management- Erfahrungen gesammelt hat, rechtskundig ist und einem Vizekanzler- Kandidaten (Christian Broda?) gut zu Gesicht steht, soll, weil Kreisky das recht ist und Benya nichts dagegen hat, Generalintendant des ORF werden: Sektionsrat Otto Oberhammer, als Beamter gewohnt, Weisungen zu befolgen. Seine Erfahrungen mit diesem Medium beschränken sich darauf, schon Fernsehsendungen gesehen zu haben. Emil Breisach, der zweite der ernsthaft zur Diskussion steht, ist ORF-Lan- desintendant in der Steiermark, erfahren im Umgang mit dem Medium, doch konservativ-liberal, also kein Mann, den Kreisky will. Das ist sein Manko. Aus den zwei Dutzend weiteren Kandidaten ragen zwei Intendanten heraus: Gerd Bacher, gegen den diese Reform gemacht wird und der deshalb aussichtslos ist und Helmut Matiasek, der zwar viel vom Theater versteht, aber in die Wiener Postenverteiler-Clique nicht integriert ist.

Für die beiden TV-Intendanturen bieten sich mehrere gute und einige indiskutable Männer an: Gerhard Weis, dem derzeit ein ÖVP-General- sekretär bös mitzuspielen versucht; Franz Kreuzer, dem gleiches durch Bundeskanzler Kreisky geschieht; Kurt Bergmann, ein durchschlagskräftiger Mann für alle politischen Jahreszeiten; Thaddäus Podgorsky, der einiges von Box- und Ringkämpfen versteht; vielleicht noch Emst Willner, über dessen Qualitäten nichts, also auch nichts Schlechtes verlautet wird und der bekannte (Fernseh-„Fachmann’) Gerhard

Bronner, dem offensichtlich der Betrieb in der „Fledermaus’-Bar zu eng für seine Ambitionen geworden ist. Da er von Bundeskanzler Kreisky protegiert wird, ist er — so stark das auch für Kenner des Show-Geschäftes klingen mag — als gewichtiger Faktor im Intęndanten-Karussell zu behandeln. Selbst in den der SPÖ nahestehenden Kultur-Kreisen zeigt man freilich ein pikiertes Lächeln, wenn auf Bronner die Rede kommt.

Für den Job eines Hörfunk-Intendanten haben seriöse Aussichten: Wolf in der Maur, wieder Kurt

Bergmann, für den sich die ÖVP begeistert, und — er ist noch nicht ganz aus dem Rennen — Alfred Härtner, der diese Funktion derzeit innehat. Was sich darüber hinaus an Kandidaten herumtreibt, ist Staffage.

ORF-Chefredakteur Dalma dürfte von Franz Kreuzer abgelöst werden, die Finanzdirektion dürfte Walter von Skala, nach politischen Irrwegen bei der SPÖ gelandet, übernehmen; die technische Direktion dürfte weiter in den Händen von Norbert Wassiczek bleiben, deshalb, weil er davon etwas versteht und auch deshalb, weil er Sozialist ist. Die hoch- dotierten Fachleute Bacher, Lehnhardt, Dalma usw. dürften mit exzellenten Pensionsverträgen in die Wüste geschickt werden.

Am 7. Oktober sollen die für das neuerrichtete ORF-Kuratorium .,interessanten Bewerber’ für eine Vorentscheidung greifbar sein. Dort sollen sie insbesondere den beiden Kuratoriums-Vorsitzenden Slunsky (SPÖ) und Friedrich Peter (FPÖ) Rede und Antwort stehen. Slunsky wurde von Justizminister Broda, dem Mann im Hintergrund dieser ORF-Reform, protegiert; Friedrich Peter hat sich auf der Welle seiner „freiheitlichen Grundsätze’ („diese Reform bringt den totalen Regierungsfunk, Herr Dr. Kreisky’) in seine neue ORF-Funktion hochspülen lassen. Sollte auch in der nächsten Fasching-Saison der „Liebe Augustin’ vergeben werden, Friedrich Peter dürfte nicht vergessen werden: dieser Mann ist als politischer Prinzipienreiter von unendlichem Humor einsame Klasse.

Augustin, Augustin, alles ist hin…

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