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Aus dem Konzertsaal

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Daß eine von ihm glücklichst gepflegte Domäne im Spiel unseres heimischen Pianisten Jörg Demus die Schubert-Interpretation ist, weiß man von seinen Soloabenden und seinem Vierhändig-Spiel mit Paul Badura-Skoda her. Auch sein letztes Schubert-Konzert im Großen Musikvereinssaal mit der B-Dur-Sonate und den Impromptus Nr. 1 bis 4 — darunter der herrliche Gesang des Variationen-Andantes — vermittelte den Hörern einen hohen Genuß. Krönender Mittelpunkt des Abends war die „Wanderer-Fantasie“ mit ihrem feurigen Stirnsatz, den Demus mit richtigem „Con fuoco“ versah, während er in das Adagio mit dem Thema des „Wanderer“-Liedes vollstes Romantikerempfinden hineinlegte. Jedenfalls eine auch auf die dramatischen Stellen des Werkes bedachte, kraftvolle Interpretation. Die bei einem Schubert-Abend Jörg Demus' selbstverständlichen Zugaben waren sehr zahlreich.

Der Liederabend der Sopranistin Margaret Price im Brahmssaal ließ sehr bedauern, daß die Sängerin ihr an sich sehr schönes großvolumiges Organ, das sie zur Hochdramatischen prädestinierte, nicht unter der nötigen technischen Kontrolle hat. Denn was man in dem bunt zusammengestellten Programm — Mozarts Kantate „Die ihr des unermeßlichen Weltalls Schöpfer ehrt“, den „Petrarca-Sonetten“ Liszts und Gesängen von Britten und Ravel — hörte, zeigte das Fehlen einer gut postierten Mezza voce, die oft schneidend scharfen, grellen Töne der Höhenlage werden infolge der viel zu weit hinaufgezogenen Bruststimme stark herausgestoßen und geraten zu tief, eine Uberleitung vom Piano zum Mezzoforte und Forte fehlt oft völlig und wirkt sich schädigend auf die Phrasierung aus. Schade, daß eine solche, oft ans Naturalistische grenzende Stimmbehandlung einen raschen Materialverschleiß befürchten läßt. — Auch James Lockhart war in seiner Klavierbegleitung mehr auf Robustheit als auf Feinheit eingestellt.

In einem ORF-Konzert der Wiener Symphoniker brachte Carl Melles die „Studien für Orchester“ seines Landsmannes Eugen Zädor zur Aufführung, deren Wesentliches in ihren acht Teilen sich in interessanten Klangmischungen und stark variablen, vom Elegischen bis zum ausgelassen Lustigen reichenden Stimmungen konzentriert. Ein sehr geschickt gemachtes, teilweise zur U-Musik tendierendes Werk. Haydns — wenn auch nicht mit Sicherheit als ein Opus des Meisters festzustellendes — Oboenkonzert in C-Dur bringt auf jeden Fall eine Bereicherung der für dieses Instrument nicht sehr zahlreichen Literatur. Sehr hübsch, dem Charakter der Oboe angepaßt, das Pastorale des zweiten Satzes; Gipfelpunkt ist das genüß-lich-breite Rondo des Finales. Lothar Faber erblies dem Werk einen großen Erfolg. Beethovens zum Schluß gespielte 1. Symphonie bildete einen guten Anschluß an Haydn, an den die langsame Einleitung des ersten Satzes so stark erinnert, daß sie von Haydn selbst geschrieben sein könnte.

Im Gegensatz zu dem geringen Schaffensinteresse, das große Tonsetzer des 19. und 20. Jahrhunderts dem Streichtrio entgegenbrachten,

haben Komponisten des Barockzeitalters viel für die Kammermusiksparte „Trio“ geschrieben. Mit der Aufführung einiger selten auftauchender Werke dieser Meister kam das jetzt gegründete Wiener Barocktrio gewiß dem Wunsch vieler Interessenten und Liebhaber alter Musik entgegen. Die Namen Froberger, Biber und Schmelzer erinnern daran, daß sich diese Musiker großen Ansehens am österreichischen Hof und der musikliebenden Kaiser Leopold und Ferdinand erfreuten. Biber und Schmelzer, selbst bedeutende Geiger ihrer Zeit, verstanden es, in ihren Sonaten, die schon Anwandlungen an die Vorklassik zeigen, die Geige virtuos herauszustellen, aber auch das Zusammenspiel der drei Instrumente, Violine, Viola da gamba und Cembalo, in mitunter reicher Harmonik zu pflegen. Auch Corelli, der erste wirklich große italienische Geigenvirtuose des 17. Jahrhunderts, hat in seinen Sonaten, ebenso wie Scarlaüi und Nardini, Wertvolles für die Trioliteratur geschrieben. — Um die Ausführung des von großer Sachkenntnis und Stilkunde der Mitwirkenden zeugenden Programms machten sich Heide Schnitzler als technisch bestakkreditierte Virtuosin auf der Barockgeige und Gerold Sonneck als vorzüglicher, das grundierende- Contmuo vertretender Viola-da-gamba-Spieler verdient. In einer Passacaglia Muffats und einer Toccata und Suite des großen Orgelmeisters Froberger zeichnete sich Johann Sonnleitner als Cembalosolist aus. Was aber als Wertvollstes des Abends zu gelten hat: Alle drei Künstler vereinigten sich in vollkommener Homogenität ihres in erster Linie auf die musikalische Seite ausgerichteten und immer darauf bedachten Spiels.

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