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Ausbalancierte Drittelparität

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Heißt es nicht, den Stein der Weisen suchen, wollte man einen Weg zur Hochschulreform finden, der Professoren und Studenten gleicherweise gangbar erscheinen kann? Der Entwurf zu einem neuen Universitäts-Organisationsgesetz, den Minister Firnberg kürzlich präsentierte, bemüht sich ehrlich, die Markierungen abzustecken. Daß der Pfadfinder trotzdem hier oder dort in den Sumpf steigt, scheint nur natürlich.

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Heißt es nicht, den Stein der Weisen suchen, wollte man einen Weg zur Hochschulreform finden, der Professoren und Studenten gleicherweise gangbar erscheinen kann? Der Entwurf zu einem neuen Universitäts-Organisationsgesetz, den Minister Firnberg kürzlich präsentierte, bemüht sich ehrlich, die Markierungen abzustecken. Daß der Pfadfinder trotzdem hier oder dort in den Sumpf steigt, scheint nur natürlich.

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Zwei Kriterien mußten eingehalten werden, sollte der Weg gefunden werden, setzte die neue Ressortleitung ihren Experten fest: Ohne Drittelparität würden die Studenten nicht zustimmen, ohne Sicherung der Freiheit von Forschung und Lehre die Professoren nicht. Zwischen beiden Forderungen die Balance zu halten, war sicherlich nicht einf ach.

Daß nun auch die bisherigen Fachhochschulen den Titel „Universität“ erhalten sollen, war schon unter Piffl vorgesehen gewesen, nur noch nicht verwirklicht. Die Universitäten sollen nun eine starke oberste Instanz — den Akademischen Senat — erhalten und eine einheitliche, übersichtliche Gliederung in Fakultäten und Institute. Daß die bestehenden Philosophischen Fakultäten zu groß sind, steht außer Debatte. Ob man aber die Teilung so weit treiben muß, daß etwa an der Universität Wien 17 und auch an der Hochschule für Bodenkultur noch vier Fakultäten entstehen, scheint fraglich — hier wird sich sicherlich ein Mittelweg finden lassen. Die in der Hochschulreformkommission hart umstrittenen Institute sollen größer werden, als bisher — aber sehr flexibel gehaltene Formulierungen lassen die Möglichkeit offen, gegebene Strukturen beizubehalten, wo sie sich als richtig und notwendig erwiesen haben. aarioaiw

Drittelparität — Professoren, Assistenten tinid Studenten in gleicher Zahl — soll in den Institutskonferen- zen und den Fakultätskollegien gelten, ferner in den Studienkommissionen, die bereits an den technischen Hochschulen gesetzlich, an anderen auf Empfehlung hin eingerichtet wurden und sich nach Anfangs- schwierigkeiten auch meist eingewöhnt haben.

Die Entscheidungsbefugnis dieser Gremien ist jedoch nicht unbegrenzt. Im Institut kann nur ein Ordinarius Vorstand sein, der alle Routineangelegenheiten allein entscheidet. In der Fakultät können Personal- und Budgetentscheidungen nicht gegen die Professoren getroffen werden. In der Studienkommission, die für die über die Fakultät oder das Institut hinausreichenden Studienangelegen- heiten zuständig ist, hat jede der drei Gruppen geschlossen ein Vetorecht gegen Mehrheitsbeschlüsse der andern.

Universitätskonvent

Im Akademischen Senat, dem obersten Kontroll- und Koordinierungsgremium, sitzen neben Rektor und Prorektor sämtliche Dekane sowie Vertreter der Dozenten/Assistenten und der Studenten — jedoch von beiden Gruppen zusammen nur so viele, als Professoren vorhanden sind. Als Zünglein an der Waage werden dann wohl die Leiter der zentralen Verwaltungsressorts fungieren, die ebenfalls dem Senat an gehören — der Rektoratsdirektor als oberster Verwaltungschef, der Quästor als Finanzminister, der Leiter der Zentralbibliothek, der Chef des Rechenzentrums und ein Vertreter des nichtwissenschaftlichen Personals. Damit würde sich etwa der Senat der Universität Wien aus 21 Professoren, 11 Sprechern des Mittelbaus, 10 Studenten und fünf Beamten zusammensetzen. Schließlich gibt es noch den Universitätskonvent, der den Rektor zu wählen und seinen Bericht entgegenzunehmen hat.

Manches wurde in der Reformkommission noch nicht behandelt, etwa die Bestimmungen über den Aufbau und die Aufgabenstellung zentraler Einrichtungen — Rechenzentrum, Gerätepool, Abteilungen für Kurse und Lehrgänge oder für Hochs chuldidaktik, worunter hier die Studienberatung verstanden wird. Ais besonders wichtig erscheint auch die Feststellung, daß an jeder Universität eine eigene Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit einzurichten ist, die als Pressestelle die ständige Information der Öffentlichkeit zu besorgen hat, als Publikationsstelle für den ganzen Anfall an Berichten und Dokumentationen zuständig ist und schließlich mit der Veranstaltung von Vorträgen und der Kontaktpflege auch P. R. Aufgaben zu besorgen hat. Gerade hier wird es nötig sein, rechtzeitig für journalistisch geschultes Personal vorzusorgen.

Dringliche Verwaltungsreform

Die Hochschulreform kann nicht mit diesem Entwurf allein erledigt werden. So sind gleichzeitig zu diesem

Gesetz verschiedene flankierende Maßnahmen vorgesehen — alles zusammen als geschlossenes Ganzes. Hier soll — neben den erwähnten Bremsen der Drittelparität — den Professoren die Gewähr gegeben werden, daß ihre Freiheit zu forschen und zu lehren nicht beeinträchtigt wird. Ein Ausführungsgesetz soll den Artikel 17 des Staatsgrundgesetzes erläutern, wie die dort verankerte Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre zu verstehen,

wie sie auf der Universität und mit deren Einrichtungen zu verwirklichen ist. Gleichzeitig aber soll auch gesetzlich geregelt werden, unter welchen Bedingungen die Gutachterund sonstige Nebentätigkeit der Professoren oder die Auftragsforschung in die Arbeit an der Universität eingebaut werden kann. Schließlich bedarf die Struktur der Hochschülerschaft einschließlich der heute ohne Rechtsbasis agierenden Institutsvertretungen unbedingt einer Neuregelung.

Das Vorhaben wird nur dann gelingen können, wenn sich alle Beteiligten auf dem Kompromißweg treffen und wenn auch materiell die Voraussetzungen für ein Gelingen geschaffen werden. Die Reform, die Demokratisierung verlangt mehr Raum, neue Einrichtungen, vor allem aber viel Zeit von allen, die sie gestalten sollen — und damit wieder mehr Personal, wenn nicht der Gesamteffekt der Hochschule gefährdet werden soll.

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