Rund 20 Millionen Menschen sind in den Industriestaaten der westlichen Welt arbeitslos oder müssen kurzarbeiten. Ökonomen des Internationalen Arbeitsamtes in Genf rechnen damit, daß die Arbeitslosigkeit Mitte 1976 zumindest genau so hoch oder gar noch höher sein wird. Mehr als 40 Prozent aller Arbeitslosen in den westlichen Industriestaaten haben das dreißigste Lebensjahr noch nicht erreicht. Dagegen liegt der Anteil der Arbeitslosen in der Altersgruppe zwischen dem vierzigsten und sechzigsten Lebensjahr bei 28 Prozent.
Diese Zahlen müssen verwundern, wenn man berücksichtigt, daß jüngere Arbeitskräfte für einen größeren Arbeitseinsatz meist ein geringeres Entgelt erhalten als ältere Arbeitskräfte. Daß sie aber dennoch bei scharfem Nachfragerückgang als erste freigestellt werden, liegt in der Sozialgesetzgebung und im gewerkschaftlichen Interesse begründet. Die Freistellung älterer Arbeitskräfte ist erheblich teurer (Abfertigungen!) und sie stößt auf erheblich größere gewerkschaftliche Schwierigkeiten. Die gewerkschaftlichen Schwierigkeiten sind meist nicht sozialpolitisch, sondern interessenpolitisch motiviert. Der geringste gewerkschaftliche Organisationsgrad ist international und national bei Lehrlingen, Frauen, Hilfsarbeitern und Arbeitskräften unter dem dreißigsten Lebensjahr festzustellen.
Schon vor einem Jahr meinte ÖGB-Präsident Benya, Unternehmer mögen doch in der Rezession erst die Frauen von ihrer Arbeit freistellen. Davor noch sprach er sich für einen Abbau der Gastarbeiter (Hilfskräfte) aus. Die gewerkschaftliche Solidarität kennt eben Grenzen, die — wie auch anders — von ihren Interessen gezogen werden.
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