7056375-1991_19_12.jpg
Digital In Arbeit

Ausländerfeindlich?

Werbung
Werbung
Werbung

Unterrichtsminister Rudolf Schölten hat wiederholt, zuletzt in der TV-Pressestunde, katholische Privatschulen zu mehr Solidarität gegenüber Gastarbeiter-kindem aufgerufen. Das klang wie ein Vorwurf, diese Schulen würden generell nur ungern ausländische Kinder aufnehmen. Ein Vorwurf, der mir schon früher von Vertretern des Wiener Stadtschulrates noch direkter gemacht wurde. Es scheint nötig, einiges öffentlich klarzustellen.

Es gibt keine katholische Privatschule, die Gastarbeiterkinder nicht aufnehmen will. Daß dennoch relativ wenige solche Schulen besuchen, hat seinen Grund darin, daß die Eltem sich das dort notwendige Schulgeld meist nicht leisten können. Ein Schulgeld, das deshalb so hoch ist, weil der Staat wohl das lehrende Personal, nicht aber das übrige oder den laufenden Sachaufwand bezahlt.

„Man könnte ja für Ausländer Freiplätze schaffen", sagen manche. Das ginge wieder nicht ohne zusätzliche Belastung der Eltern, die schon zweimal zur Kassa gebeten werden: mit ihren Steuern erhalten sie die öffentlichen Schulen, mit dem Schulgeld ermöglichen sie erst den Betrieb der Privatschule. Kann man erwarten, daß sie zusätzlich noch einen Freiplatz stiften?

„Soll's halt der kirchliche Schulerhalter tun", sagen andere. Solange mehr Ordensleute im Lehrkörper waren, wurde viel

Geld von ihrem Gehalt auch für den Sachaufwand verwendet. Heute unterrichten hauptsächlich Laien. Der ständig teurer werdende Betrieb einer Schule geht nun fast ausschließlich zu Lasten des Ordens und der Eltern.

Es fehlt also nicht an Solidarität, sondern an finanziellen Mitteln, da und dort. Wie könnte man abhelfen? Den Privatschulen, wie schon oft angeregt, finanzielle Hilfe auch für das nichtlehrende Personal und für den laufenden Sachaufwand geben. Privatschulen ersparen dem Staat ohnehin die Führung manch zusätzlicher Schulen, und haben bisher nicht wenig zur Bereicherung des Schulwesens beigetragen. Oder, man gibt den Gastarbeiterfamilien einen staatlichen Zuschuß, wie einer einmal vorschlug. Ob eine solche Bevorzugung aber möglich ist und wie sie von anderen verstanden würde?

Es ist schon recht, die Kirche auf ihre Verantwortung gegenüber den .Annen" aufmerksam zu machen. In letzter Zeit gewinnt man aber den Eindruck; dies tun Politiker dann besonders gern, wenn sie mit unpopulären Problemen nicht leicht zu Rande kommen. So wars bei der Unterbringung der Flüchtlinge, so ist es jetzt bei der Integration ausländischer Kinder in unser Schulsystem. Ein Staat, der stolz ist auf seine sozialen Errungenschaften, sollte nicht vorschnell nach kirchlicher „Caritas" rufen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung