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Australiens Sorgenkinder

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The Commonwealth of Australia“, der Australische Staatenbund - so die richtige amtliche Bezeichnung für den fünften Kontinent - hat seit dem 11. Juli 1987 eine neue Regierung. Die Bevölkerung des unabhängigen Mitglieds des Commonwealth of Nations hat die Politik der sozialdemokratischen Australian Labor Party (ALP) gutgeheißen. Bob

Hawke, Premierminister seit dem 5. März 1983, wird auch für die kommenden drei Jahre an der Spitze der austrahschen Regierung stehen.

Hatte die ALP als Regierungspartei vor vier Jahren noch knapp 50 Prozent der Wählerstimmen erhalten, so mußte sie bei dieser Wahl Stimmenverluste hinnehmen (- 1,3 Prozent); trotzdem erreichte sie 81 Sitze (1984: 82) im 148köpfigen Abgeordnetenhaus. Veriierer war jedenfalls die große Oppositionspartei, Liberal Party (33 Prozent der Stimmen = - 0,8 Prozent, 41 Sitze), trotz Stimmengewinnen hat auch die rechtskonservative National Party Mandate verloren (zwölf Prozent der Stimmen = 4-1,3 Prozent, 19 Sitze).

Der siebenwöchige Wahlkampf hatte nur ein Thema: Steuern. Wollten die beiden Oppositionsparteien Liberal und National Party mittels einer Vereinfachung des Steuersystems mehr

Anreize für Investitionen heimischer Geldgeber sowie mehr Arbeitsplätze schaffen, so trat die ALP mit Bob Hawke mit dem Motto „AustraHen braucht Sicherheit, StabiUtät und Kontinuität“ an. Verstärkte Besteuerung von ausländischem Kapital und des „big business“, verstärkte Förderung der heimischen Sekundärindustrie und die Sicherung eines hohen Selbstversorgungsgrades waren die Schlagworte.

Doch auch in AustraHen scheinen Personal- vor Sachfragen zu gehen. Zu viele Themen hätte es gegeben, so monieren die Kommentatoren der großen Zeitungen und der privaten TV-Stationen, über die die PoHtiker hätten reden müssen: die Ausbildung der Kinder in den öffentlichen Schulen (Privatschulen verzeichnen einen großen Zulauf) zum Beispiel, oder die erhöhte KriminaH- tät, die Eindämmung des Drogenhandels und -mißbrauches sowie eine stärkere Behandlung von fa- miHenpobtischen Fragen.

Aber vor aHem auf dem Gebiet der WirtschaftspoHtik wird sich die Hawke-Regierung für die kommenden drei Jahre einiges einfallen lassen müssen. Experten erwarten für den Beginn der neunziger Jahre einen Tiefpunkt für die austraksche Wirtschaft, die Arbeitslosenrate Hegt derzeit bei 8,0 Prozent (zum Vergleich im August 1981: 5,6 Prozent, im August 1983: 9,9 Prozent).

Schwierigkeiten gibt es vor allem in der Landwirtschaft. Versucht man einerseits, für die Weine des Inselstaates Abnehmer auf dem Weltmarkt zu finden - und die Chancen dafür stehen gut—, so geht es den Getreideproduzenten Australiens derzeit eher schlecht. Naturkatastrophen und der kaputte Weltmarkt haben zahlreiche Farmer in West- und Süd- Austraben sowie in Victoria in Schwierigkeiten gebracht.

AustraHen weiß, daß es in wirt- schaftbchen Belangen niemals die Vorbilder USA und Japan erreichen wird. Die AustraHer wissen aber auch, daß der gesamte asiatische Raum, mit dem Zentrum Singapur, in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren zu einem übermächtigen Wirtschaftskonkurrenten werden wird — aber nicht nur für AustaHen. So versucht die Regierung, mittels Steuern die Importflut einzudämmen, Imagekampagnen zugunsten heimischer Produkte durchzuführen und mögbche Exportchancen aufzuspüren. Verstärkt werden die Anstrengungen vor aHem in den Bereichen High Technology (besonders auf dem medizinischen Sektor) sowie Fremdenverkehr.

1988 feiert man den 200. Geburtstag des Inselstaates, in Brisbane trifft sich ab nächstem April die Wirtschaftswelt bei der „Expo“ und derzeit gilt es, noch rechtzeitig eine neue Flagge sowie eine neue Nationalhymne zu finden.

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