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Ausverkauf Amerikas ?

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Der luxemburgische UNO-Vertreter in New York spricht aus, was alle Repräsentanten der EG in den USA empfinden: „Amerika über alles — das wird für Industrie und Außenhandel, die immer nationalistischer werden, die entscheidende Parole.“

Und Samuel Rosenblatt, Lobbyist für die in Washington neu geschaffene Association of Foreign Investors in America, bestätigt den Trend durch die Feststellung: „Wir müssen uns für die nächsten fünf bis zehn Jahre auf einen ökonomischen Nationalismus in Amerika gefaßt machen.“

Eine Reihe von Umfragen rundet das sich abzeichnende Bild ab: 72 Prozent aller Amerikaner sehen in der negativen Außenhandelsbilanz ihres Landes ein militärpolitisches Sicherheitsproblem, und etwas mehr als 50 Prozent der Befragten halten Japan für gefährlicher als die Sowjetunion.

Ob in zehn Jahren die größere Gefahr von militärischer oder wirtschaftlicher Bedrohung ausgehe, lautete eine weitere Frage in diesem Zusammenhang. 57 Prozent nannten die wirtschaftliche Drohung aus Ubersee als die wirklich große Gefahr.

Und befragt, ob für ein großes

Land heutzutage militärische oder wirtschaftliche Stärke wichtig sei und Einfluß vermittle, meinten 62 Prozent der Amerikaner, „die Wirtschaftskraft“.

Diese Einstellung der amerikanischen Bevölkerung spielt auch eine zunehmende Rolle im US-Wahlkampf. Der Massachusetts-Gouverneur Michael Dukakis will, räumte er ein, an Ronald Reagan verlorengegangene Arbeiterstimmen für die Demokraten zurückgewinnen, weshalb er nicht müde wird, von der „Schlacht um die wirtschaftliche Zukunft Amerikas“ zu sprechen.

Vizepräsident George Bush, der wahrscheinliche nächste Präsident, nimmt sich der Thematik ebenfalls an, wenn er davon redet, Amerika müsse „endlich wieder konkurrenzfähig werden — in diesem zunehmend von der Konkurrenz bestimmten weltweiten Markt“.

Kevin Phillips, wirtschaftlicher Berater der Republikaner in Washington, spricht davon, daß die Amerikaner „supersensitiv“ geworden sind und „fürchten, die Kontrolle über ihr eigenes Haus zu verlieren“. Damit meint er die ausländischen Investments, die in der entsprechenden Diskussion eine immer größere Rolle spielen.

Sein demokratischer Kollege Greg Schneider geht in seiner Einschätzung noch weiter: „Es gibt einen Komplex von Emotionen, die sich gegen Ausländer richten — man urteilt so: Die Ausländer nehmen uns Arbeitsplätze weg, ausländische Investoren kaufen Amerika auf.“

Eine Umfrage der Firma Mart-tila and Kilwa, die auf politische Analysen spezialisiert ist, ergab dies: 84 Prozent der befragten Amerikaner sind der Ansicht: „Während wir Amerikaner Milliarden für die Verteidigung Japans und Europas ausgeben, gewinnen die Japaner und die Europäer die wirtschaftliche Schlacht gegen uns.“

Von einem „ad hoc Protektionismus“ spricht in diesem Zusammenhang Lloyd Bentsen, Vorsitzender des Senats-Finanzausschusses, von den Demokraten nominierter Vizepräsidentschaftskandidat aus Texas. Er will demnächst Europa und Japan besuchen. In Gesprächen will er herausfinden, ob Europäer und Japaner zu „freiwilligen Selbstbeschränkungen“ willens sind — was Investitionen in Amerika betrifft.

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