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Bald klingeln die Pensionskassen

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Uber die Finanzierungsschwie -rigkeiten der staatlichen Pensionssysteme ist schon so viel diskutiert und geschrieben worden, daß es keiner detaillierten Darlegung mehr bedarf, warum unsere Altersversorgung in gleicher Weise reform- und ergänzungsbedürftig ist. Aufgrund der absehbaren demographischen Veränderungen müssen bei den gesetzlichen Pensionsansprüchen weitere Korrekturen angebracht werden, die tendenziell zu einer weiteren Verschlechterung der Relation zwischen Aktiveinkommen und Pension führen müssen. Nichtsdestoweniger, dies sei gleich an dieser Stelle betont, um die mehrfach geäußerten Existenzängste mancher Sozialversicherungsfunktionäre und -direktoren zu kalmieren, wird der staatliche Pensionsanspruch noch auf Jahrzehnte hinaus die tragende Säule der Alterseinkommen darstellen. Bei der betrieblichen Altersvorsorge handelt es sich somit um eine Zusatzvorsorge, wie sie in anderen Ländern längst üblich und auch völlig unbestritten ist. Seit der Steuerreform 1988 bietet sich als Instrument dieser Zusatzvorsorge die Pensionskasse an, die aufgrund völlig unzureichender steuerlicher Rahmenbedingungen bisher ausgesprochen unattraktiv war.

Das derzeit in Beratung stehende Pensionskassengesetz sieht die Schaffung betrieblicher und überbetrieblicher Pensionskassen vor. Aufgrund der österreichischen Betriebsstruktur wird die Voraussetzung für die Gründung einer körperschaftssteuerbefreiten betrieblichen Pensionskasse - 1.000 Anwartschafts- und Leistungsberechtigte - nur für wenige Unternehmen gegeben sein. Kleinere und mittlere Betriebe werden sich überbetrieblichen Pensionskassen anschließen, die die Verwaltung betrieblicher Pensionsregelungen als Dienstleistung anbieten und für die Veranlagung der einbezahlten Gelder (maximal zehn Prozent der

Lohn- und Gehaltssumme, wobei ein allfälliger Arbeitnehmerbeitrag nicht höher sein darf als der Arbeitgeberbeitrag) verantwortlich sein werden.

Grundsätzlich kommen beitrags-und leistungsorientierte Systeme in Betracht. Bei beitragsorientierten Systemen ergibt sich die Pensionsleistung aus dem durch die Beiträge finanzierten Deckungskapital und ist somit nicht von vornherein exakt bestimmbar. Bei leistungsorientierten Systemen sagt der Arbeitgeber eine bestimmte Pensionsleistung zu und übernimmt damit eine Art „Ausfallshaftung“, falls das Deckungskapital für diese Pension nicht ausreicht.

Die Dotierung der Pensionskasse ist für den Arbeitgeber Betriebsausgabe, für den Arbeitnehmer im Rahmen der Sonderausgaben geltend zu machen. Der auf die Arbeitgeberprämie entfallende Teil der Pension ist normal zu versteuern, der auf den Arbeitnehmeranteil entfallende Pensionsteil unterliegt einer 25prozentigen Einkommensteuerpflicht.

Das von der Pensionskasse verwaltete Vermögen ist von der Körperschaftssteuer und somit auch von der Gewerbesteuer und Vermögenssteuer befreit. Beiträge an Pensionskassen unterliegen - dies ist meines Erachtens ein schon jetzt feststellbarer Schönheitsfehler -einer 2,5prozentigen Versicherungssteuer. Diese fällt jedoch nicht an, wenn Pensionsrückstellungen in Pensionskassen übertragen werden.

Pensionskassen müssen Leistungen für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung bieten, die Invaliditätsversorgung ist fakultativ und hängt vor allem von der Branche und den Arbeitnehmerpräferenzen ab.

Voraussetzung für die Gründung einer beziehungsweise dem Beitritt zu einer Pensionskasse ist der Abschluß einer Betriebsvereinbarung beziehungsweise entsprechender Einzelverträge, wenn ein Betriebsrat nicht besteht. Neu ist für die österreichische Rechtsordnung das Instrument der Unverfallbarkeit: demnach entstehen unverfallbare Anwartschaften auf eine Pensionsleistung auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Eintritt des Versicherungsfalles endet. Dies ist eine Regelung, die zwar derzeit noch erhebliches Aufsehen erregt, weil es aller Voraussicht nach nicht auf die Art der Beendigung ankommen wird, doch ist die Unverfallbarkeit aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ein wertvoller Beitrag zur Hebung der ohnehin nicht besonders großen Arbeitnehmermobilität.

In den letzten Monaten begegnet man in Diskussionen über Pensionskassen häufig einem Vorurteil und einer krassen Fehleinschätzung. Das Vorurteil lautet, Pensionskassen wären nur etwas für Großbetriebe und würden somit eine Entwicklung der Arbeitnehmer in zwei Kategorien einleiten oder begünstigen. Dem ist entgegenzuhalten, daß auch der Klein- und Mittelbetrieb zweckmäßigerweise diese

Vorsorgemöglichkeit nützen wird, um qualifiziertes Personal zu halten oder zu bekommen, eine auf geänderte Arbeitnehmerpräferenzen gerichtete Untemehmenskul-tur aufzubauen und - im Kleinstbetrieb - die ohnehin nicht spektakuläre Altersversorgung der mittätigen Familienmitglieder zu verbessern. Das Leistungspotential des Mittelstandes ist groß genug, um sich auch im Umgang mit den Mitarbeitern sehen zu lassen. Ein großer Vorteil der Pensionskasse gegenüber den herkömmlichen Pensionsrückstellungen ist in diesem Zusammenhang die gerade für den Klein- und Mittelbetrieb wichtige Auslagerung des versicherungstechnischen Risikos: der lOOjähri-ge Mitarbeiter geht zu Lasten der Kasse, nicht des cash flow des Betriebes.

Die krasse Fehleinschätzung betrifft das Prämienvolumen in der Anfangsphase. Die häufig geäußerten zwei- und dreistelligen Milliardenbeträge sind illusorisch. Wie jede Form der Altersversorgung brauchen auch die Pensionskassen Zeit zum Aufbau des Deckungsstockes, kurzfristig bewegt sich hier gar nichts.

Der Umfang des Pensionskassengeschäftes ist abhängig von Beratung, konkreter „Versorgungslük-ke“ im Unternehmen, Gehaltsbeziehungsweise Lohnniveau, Bewußtseinsbildung, Marketing et cetera und kann sich nur langsam entwickeln. Umso wichtiger und bedeutsamer ist es, daß die parlamentarischen Beschlüsse über Pensionskassengesetz und Betriebspensionsgesetz sehr bald fallen, damit endlich auch in Österreich mit einem planvollen Aufbau der betrieblichen Altersversorgung begonnen werden kann.

Der Autor ist stellvertretender Leiter der sozialpolitischen Abteilung in der Bundeswirtschaftskammer.

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