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Bald schwarz-blau?
Nein, am Noricum-Ausschuß wird die Koalition von SPÖ und ÖVP nicht zerbrechen. Aber an der Stimmung, die zu dessen Einsetzung geführt hat, zerbröselt sie längst.
Keine der beiden Großparteien ist mehr zu einer entscheidenden Tat bereit, die Arbeitswilligkeit bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode signalisieren würde. Die unaufschiebbare Pensionsreform wurde vom Sozialminister ohne Wort der Entschuldigung auf die nächste Amtszeit verschoben.
Spitälerreform? Keine Spur. Ein neues Wahlrecht? Für mehr als die vom Verfassungsgerichtshof vorgeschriebene Einbeziehung der Auslandsösterreicherwirdes nicht reichen.
In der Volkspartei ist der „Noricum “-Druck übermächtig geworden, obwohl das Sachargument der Vernünftigen, einparlamentarischer Untersuchungsausschuß und ein Justizverfahren nebeneinander vertrügen sich nur schwer, un-widerlegt ist. Was mag das Parteivolk nur bewegen, sich vom Abschuß von noch ein paar SPÖ-Ministem einen Wahlsieg zu versprechen? Bisher haben alle Skandale im SPÖ-Bereich per Saldo der ÖVP nicht eine Stimme gebracht.
Ein wahrscheinliches Szenarium der folgenden Monate ist unschwer konstruierbar. Man wird sich auch auf ein Budget für 1990 einigen, aber dann ist der Energievorrat der Koalitionstreue aufgebraucht. Frühjahrswahlen sind wahrscheinlich. Aber selbst wenn bis Herbst gewartet wird, dürfte sich am voraussichtlichen Ergebnis kaum noch viel ändern: weitere Verluste beider Großparteien, Zugewinne bei FPÖ und Grünen, vielleicht eine neue Pensionistenpartei mit einem Achtungserfolg.
Was ist, wenn der blaue Jörgl noch am Wahlabend vor laufender Kamera der ÖVP eine kleine Koalition und ihrem Obmann Riegler die Bundeskanzlerstelle offeriert?Dann wird es wohl so kommen wie in Kärnten: Eigentlich wollen die meisten Verantwortlichen in der Volkspartei gar nicht, aber der Druck „von unten“ könnte die schwarzblaue Bettgenossenschaft erzwingen. Denn wie will die ÖVP-Führung ihren durch neuerliche Stimmenverluste entmutigten Mitgliedern klarmachen, daß man den Kanzlerposten ausschlägt und geradezu mutwillig SPÖ und FPÖ oder SPÖ und Grüne zusammentreibt?
Was aber wäre so schlimm an einer schwarzblauen Koalition? Sicher nicht einfach die FPÖ, die sich als Regierungspartei schon einmal ausgewiesen hat. Aber Aufgaben, die nur die Großen lösen können, blieben erneut auf der Strecke - und die ÖVP (in Kärnten derzeit bei 15 Prozent) vermutlich auch.
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