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Bankgeheimnis: Mehr Qualität

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Das Jahr 1980 kann wirklich nicht als rosiges Jahr für den österreichischen Kreditapparat gelten. Zu vieles ist in diesem Jahr passiert, das die Entwicklung des österreichischen Kreditwesens negativ beeinflußt hat.

Angefangen hat es mit dem überdrehten Wettbewerb um schrumpfende Märkte, wurde noch gesteigert durch die zur Unzeit erfolgte Kündigung des Habenzinsabkommens und durch die Blamage der versuchten (und grundsätzlich durchaus vernünftigen) Einführung von Gebühren auf bestimmte Bankdienstleistungen. Zu guter Letzt zeigen die sinkenden Erträge unter gleichzeitiger Aufbürdung immer größerer Risken und Belastungen (z. B. Einführung einer neuen Banksteuer), daß all diese Entwicklungen nicht gerade als positiver Start in die 80er Jahre bezeichnet werden können.

Kein Zweifel - das Jahr 1980 hat gezeigt, daß die Zukunft des österreichischen Kreditapparates nicht in der Quantität, sondern in der Qualität liegen dürfte. Diese These wird von einer Reihe wichtiger Faktoren gestützt wie z. B. die starke Zunahme der Fremdfinanzierung der österreichischen Wirtschaft, zunehmende Risken, vor allem im innovatorischen Bereich, zunehmende Kompliziertheit der Finanzierungstechniken, ansteigende Internationalisierung der Geldbeschaffung sowie wachsender Automatisierungs- und Rationalisierungsdruck.

Wenn man dazu noch bedenkt, daß 98,8 Prozent der österreichischen Betriebe unter 100 Beschäftigte aufweisen und damit zu den Mittelbetrieben gezählt werden, ist klar, daß gerade diese Mittelbetriebe im zunehmenden Maß Beratungsdienste in Anspruch nehmen bzw. nehmen wollen. Gerade der Mittelbetrieb - der nicht über die spezialisierten Stabsabteilungen des Großbetriebes verfügt - hat ein besonderes Interesse an qualitativ hochwertiger Beratung, zuvorkommender Bedienung sowie schneller und problemloser Abwicklung.

Diese Beratung betrifft nicht nur den Sektor der Finanzen, sondern zunehmend auch den sogenannten komplementären Bereich: also z. B. Beratung in betriebswirtschaftlichen, in steuerlichen, absatzpolitischen und anderen Fragen. Solche Beratungsdienstleistungen stellt der Kreditapparat immer häufiger selbst oder durch Tochtergesellschaften zur Verfügung. Die breite Palette des Angebots reicht von der Exportberatung, Vermittlungstätigkeit, Kontaktherstellung zu ausländischen Geschäftspartnern über Rationalisierungsmaßnahmen im Zahlungsverkehr (wie z. B. Abrufauftrag, Datenträgeraustausch) oder im Fakturenwesen (durch Factoring) bis zum Baumanagement durch spezialisierte Immobilienleasinggesellschaften .

In diesem Zusammenhang hat eine Untersuchung bei 500 österreichischen Mittelbetrieben unter anderem ergeben, daß der österreichische Mittelbetrieb bei der externen Informationsbeschaffung (noch) nicht primär an Geldinstitute denkt. Allerdings ist ein deutlich steigender Bedarf in dieser Richtung festzustellen.

Dieser erfreulichen Entwicklung steht immer noch ein nur langsam abbaubares Mißtrauen gegenüber dem Financier, der sich allzu stark in die unternehmerischen Belange einmischen könnte, entgegen. Viele Unternehmen betrachten den Finanzierungsbereich immer noch als den Bereich der unternehmerischen Intimsphäre, über den man nur ungern Auskunft gibt.

Diese Einstellung kann allerdings auch gefährlich sein: Eine zu späte Einschaltung des Kreditapparates, eine verspätete Information kann in gewis

sen Fällen eine rechtzeitige Problemlösung verhindern.

Das dürften auch viele österreichische Unternehmer unbewußt spüren. Denn im Zuge der erwähnten Befragung gab ein wesentlich größerer Prozentsatz an, daß es vernünftiger wäre, rechtzeitig mit dem Kreditinstitut zu sprechen, als es auch tatsächlich getan wird.

In die gleiche Richtung weisen auch die Ergebnisse einer Exportuntersuchung der Linzer Kepler-Universität (siehe auch untenstehenden Beitrag).

All diese Untersuchungen sowie die tägliche Praxis zeigen deutlich, daß der zunehmende Beratungsbedarf der Wirtschaft steigende Anforderungen an den österreichischen Kreditapparat stellen wird. Die Qualität wird die Quantität verdrängen, denn die stürmischen Wachstumsschübe der 70er Jahre werden sich in den 80er Jahren nicht fortsetzen.

Die letztverfügbaren Wachstumsprognosen nehmen für Westeuropa für die Jahre bis 1985 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von real knapp über 2 Prozent an. (Zum Vergleich: in den siebziger Jahren war eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von real 3,7 Prozent zu verzeichnen.)

An diesem gesamtwirtschaftlichen Szenario wird auch der Kreditapparat seine Politik orientieren müssen und daher der Qualität der Leistungserbringung Priorität einräumen müssen.

Dr. Herbert Kaspar ist Prokurist und Abteilungsleiter der Girozentrale Wien

Die Probleme der Klein-und Mittelbetriebe mit dem Export

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