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Bantus vom Kap sind nicht Neger vom Mississippi

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Fangen wir mit der Feststellung an, daß es in den Vereinigten Staaten so gut wie keine „reinen” Neger gibt und daß drüben auch sehr dunkle Mischlinge „kaukasische” Züge haben. Besuchen diese Afrika und gebärden sie sich als „Neger”, so werden sie prompt ausgelacht: Guckt doch aus ihnen der Weiße Mann heraus! Realisiert wird das von ihnen nicht, denn die jetzige Rassenromantik spricht von „Blacks”, doch weder der Sonderbeauftragte Mr. Young, noch Angela Davis haben eine schwarze Haut…

Nach südafrikanischen Begriffen wären diese mehr oder weniger dunklen Amerikaner eben Farbige („Colored”, „Kleurde”), die dort einen Sonderstatus genießen. Allerdings haben die meisten Farbigen Südafrikas kein Negerblut: Sie sind Mischlinge aus Weißen, Malayen, Hottentotten und Buschmännern. Die letzteren sind eine gelbliche paläoafrikanische Rasse, die mit den Bantus nichts zu tun hat. Die Bantus wanderten, von Norden kommend, ungefähr zur selben Zeit ins nordöstliche Südafrika ein wie die „Buren” (zu deutsch: Bauern), der britischen Herrschaft überdrüssig, dorthin trekkten und mit den Bantus zusammentrafen. Es sei aber auch gleich vermerkt, daß die Buren zwar die in bitteren Kriegen unterworfenen Bantus in ein Abhängigkeitsverhältnis brachten, aber eben in Transvaal und Oranje niemals Sklaven hielten. Die Sklaverei dauerte hingegen in den Vereinigten Staaten bis 1863. Mit diesem Jahr hörten’die sozialen Schwierigkeiten für die amerikanischen Neger keineswegs auf. Selbst der Sklavenbefreier Lincoln ermunterte die Farbigen zur Auswanderung und sagte ihnen aufrichtig: „Eure Rasse leidet nur zu oft daran, unter uns leben zu müssen und wir leiden durch eure Anwesenheit.” (C. Sandburg, „Lincoln”, Bd. 2, S. 203.) Eine marginale, gesellschaftlich-wirtschaftliche Emanzipation der „Neger” in den Vereinigten Staaten hat erst in den letzten 20 Jahren stattgefunden, was einer bewundernswerten moralischen Anstrengung der weißen Amerikaner zu verdanken ist. Diese haben allerdings die innere Sicherheit, durch ihre neunzigprozentige Mehrheit das Heft fest in der Hand zu halten, auch sind bei der ungeschickt provokatorischen Haltung so vieler Farbiger ernstliche Rückschläge in diesem Emanzipationsprozeß nicht ausgeschlossen. Die angelsächsische Kultur hat nun einmal keinen portugiesischen Charakter. Die anglo-niederländische auch nicht.

Keine andere Lösung

Als ich zum erstenmal in Südafrika weilte und zu meinen Eindrücken keinen gültigen Schlüssel hatte, sprach und schrieb ich darüber wie man eben im Westen über Afrika zu schreiben pflegt. Dann las ich Allan Drurys „A Very Strange Society”, ein fast 900 Seiten dickes Buch über Südafrika, das sehr kritisch, aber auch sehr fair beschrieben wird. Er kommt zu dem Schluß, daß er keine andere Lösung des Problems wisse, als die von der südafrikanischen Regierung angestrebte. Dann fuhr ich wieder nach Südafrika. Die südafrikanische Formel, zugegebenermaßen nicht leicht in die Praxis umzusetzen, läuft auf eine getrennte Entwicklung der vielen Rassen und Nationalitäten hinaus. (Zwei weiße Nationalitäten, die farbige Mischrasse, die 18 schwarzen Völker und die Inder.) Was die Afrikander (Buren) und Briten zustandegebracht haben, ist aber dennoch bemerkenswert und trotz vieler Mißgriffe eine Höchstleistung ersten Ranges.

Ziel ist die Trennung des Landes in rein-schwarze, autonome oder auch selbständige Staaten, und in andere Gebiete, in denen die Bantus arbeiten,

aber nicht wohnen dürfen. Ob der zweite Teil dieses Programms restlos durchgeführt werden kann, ist fraglich. Gegen die Große (geographische) Apartheid ist nichts einzuwenden. Die Kleine - sozial-wirtschaftliche - ist jedoch kleinlich, lieblos, sogar unsinnig, bricht aber ohnedies allmählich zusammen. (Sie hatte fast dieselben Nachteile für die Weißen wie für die Farbigen: Denken wir nur an einen „Blanken”, der im Regen eine halbe Stunde lang auf den Autobus wartet und diesen dann nicht besteigen darf, weil er für „Nie-Blankes” bestimmt ist.) Das aber sind Dinge, die es in Rhodesien nie gegeben hat. Ich lebte im zweitbesten Hotel von Salisbury als Zimmernachbar von Farbigen und Bantus. (Vor 20 Jahren in New York? Kaum vorstellbar!) Auch die Armee ist in Rhodesien überwiegend, die Polizei zu 90 Prozent schwarz.- (Dafür aber gibt es den Boykott der UN, der gerade den armen Schwarzen trifft.

Aber nicht nur in Rhodesien, auch in Südafrika liegt der Lebensstandard der Schwarzen turmhoch über jenem Restafrikas, obwohl das schwarze Arbeitsethos noch weit unter dem österreichischen steht und trotz hoher Erinnerungsfähigkeit die Intelligenzquotienten des Farbigen den unsrigen nicht vergleichbar sind. Diese Quotienten sind allerdings auf unsere moderne Zivilisation zugeschnitten, aber da das südliche Afrika für seine Ernährung und sein Wohlergehen einen industriellen Charakter haben muß, ist das natürlich sehr schmerzlich. (Allerdings können die Bantus Dinge tun, in denen wir völlig versagen: Sie können sich in Trance versetzen und „zaubern”.)

Farbenblindes Kapital

Auch ist es nicht unwichtig, sich daran zu erinnern, daß die Apartheid nicht etwa vom „Monopolkapital” (das immer „farbenblind” ist), sondern von den Gewerkschaften erzwungen wurde. Dem stockliberalen Sir Harry Oppenheimer, einem der tonangebenden Industriellen Südafrikas, ist es ganz gleichgültig, ob ein guter Arbeiter schwarz, weiß oder gelb ist. Auch in Amerika haben Gewerkschaften (nicht Unternehmer!) die „Blacks” diskriminiert.

Eine politische Demokratie einzuführen, ein allgemeines Wahlrecht, wäre das sofortige Ende Südafrikas (oder Rhodesiens), eine Katastrophe für alle Rassen und Nationalitäten. Dasselbe gilt für eine „integrierte Gesellschaft”. Dann würden, wie Ver- woerd richtig gesagt hat, bei sachgerechten Löhnen, Gehältern und Aufstiegsmöglichkeiten, die Weißen und Inder mit geringen Ausnahmen die oberen und obersten, die Schwarzen aber die unteren und untersten

Schichten stellen: Das Resultat wäre ein kotnbinierter Rassen- und Klassenkampf, der das Land erbarmungslos zerreissen würde. Ein späterer Wiederaufbau? Ein Erreichen des alten geistigen und materiellen Niveaus? Wir Europäer brauchten dafür nach der Zerstörung des Römischen Reiches an die 800 Jahre!

Die „Vorbilder”

Glaubt wirklich jemand, daß für Weiße, Inder und Farbige das Vorbild schwarzer Herrschaft so anheimelnd wirkt? Männer wie Sėkou Tourė, Mačias Nguema, Idi Amin, die äthiopische Junta oder selbst Papa Doc Duva- lier, der ein medizinisches Doktorat in den USA sein eigen nannte? Die schwarzen Merowinger drohen!

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