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Bauwut vor Torschluß
Die,.Politik der starken Hand“, die die israelische Regierung in den besetzten Gebieten betreibt, hat das Zusammenleben von Juden und A rabern alles andere als gefördert. Das Verhältnis wird zusätzlich noch dadurch belastet, daß Menachem Begins Regierung zur Zeit die Schaffung neuer jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten wieder hastig vorantreibt.
Die,.Politik der starken Hand“, die die israelische Regierung in den besetzten Gebieten betreibt, hat das Zusammenleben von Juden und A rabern alles andere als gefördert. Das Verhältnis wird zusätzlich noch dadurch belastet, daß Menachem Begins Regierung zur Zeit die Schaffung neuer jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten wieder hastig vorantreibt.
Theoretisch will Menachem Begin mit den Arabern zwar Zusammenleben, doch in der Praxis versteht er es nicht einmal, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Seit seinem Amtsantritt 1977 bis heute hat er weder die besetzten Gebiete besucht, noch sich mit Führern der Palästinenser getroffen.
Begin will zwar eine Autonomie in den besetzten Gebieten einführen, unterläßt aber jede Kontaktnahme, so daß letzens die Verbitterung innerhalb der palästinensischen Bevölkerung immer größer wird.
Seit Unterzeichnung des Friedensvertrags mit Ägypten werden zwischen den beiden Staaten Verhandlungen über den Charakter der Autonomie geführt. Innerhalb der besetzten Gebiete selbst jedoch zeigt man keinerlei Interesse, irgendeiner Autonomie zuzu- stimmmen.
Die Bestrebungen der Bevölkerung laufen auf einen eigenständigen Staat hinaus, und auch wer sich als Hussein- Anhänger bekennt, sieht in der palästinensischen Fahne seine Nationalflagge. Da in den besetzten Gebieten jede politische Aktivität verboten ist, wird auch nur das Hissen einer palästinensischen Flagge als krimineller Akt geahndet.
Die derzeitige israelische Regierung weiß sich keinen Rat, das Problem der Palästinenser zu lösen. Am jetzigen Zustand soll demnach nichts geändert werden. Doch die langjährige Besetzung hat auch für den Okkupanten große Nachteile.
Es ist schwer, im Mutterland einen demokratischen Staat zu führen und zwei Kilometer weiter ostwärts eine Diktatur der Militärverwaltung aufrechtzuerhalten. Andererseits werden die nationalistischen Bestrebungen der Palästinenser immer schärfer, je länger die Besetzung andauert.
Denn jeder Autobus, der nach Waffen der Terroristen durchsucht wird, und jede Straßensperre, an der die Einwohner der besetzten Gebiete sich ausweisen müssen, bevor sie nach Israel zur Arbeit fahren, vergrößert die Verbitterung gegen den Judenstaat und vertieft die große Kluft zwischen Juden und Arabern, anstatt sie zu überbrük- ken.
Die Verbitterung der palästinensischen Bevölkerung wächst aber auch durch die derzeit hastig vorangetriebene Schaffung neuer jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten, sieht sie sich dadurch doch zusehends aus ihrem Lebensraum gedrängt. Gerade durch diese Maßnahme, glaubt die Regierung Begin aber offensichtlich, könne der jetzige Zustand - im wahrsten Sinne des Wortes - „festzementiert“ werden.
65 Familien mit ungefähr 300 Seelen haben sich Ende Jänner in der geplanten Stadt Givon, etwa 15 Kilometer von Jerusalem entfernt, illegal angesiedelt. Es handelt sich um eine Gruppe junger Leute von Begins Cherut-Partei.
Sie waren nicht gewillt, abzuwarten, bis sich die beiden Cherut-Vertreter - Landwirtschaftsminister Scharon und Wohnbauminister Levy - darüber geeinigt haben, wer nun eigentlich für diese Siedlung verantwortlich ist und wer die Ansiedlung bewerkstelligen soll. Auf alle Fälle haben die jungen Leute die moralische Unterstützung von Landwirtschaftsminister Scharon.
Kurz vor Torschluß, etwa fünf Monate vor den vorverlegten Wahlen zum Parlament, will Scharon in den besetzten Gebieten vollendete Tatsachen schaffen und damit auch die politischen Pläne der Arbeiterpartei durchkreuzen, die aller Voraussicht nach die nächste israelische Regierung bilden wird.
Denn bei einem möglichen künftigen Abkommen mit Jordanien oder anderen arabischen Faktoren wären dann eben diese jüdischen Siedlungen zu berücksichtigen; die geplante Rückgabe dieser Gebiete wird so noch schwieriger.
Für die kommenden fünf Monate
plant Scharon zehn weitere Neusiedlungen: in der Umgebung Jerusalems, im Norden Westjordaniens sowie neben den dichtbesiedelten arabischen Gebieten um die Städte Ramalla, Nablus und Bethlehem. Laut diesem Plan sollen sich bis zu den Wahlen im Juli 1981 etwa 20 000 jüdische Siedler in den besetzten Gebieten niederlassen.
Da Israels Regierungsbudget bereits überzogen ist, hat sich Scharon (noch in Übereinstimmung mit dem inzwischen zurückgetretenen Finanzminister Horwitz) an eine Anzahl Bauunternehmer gewandt und diese veranlaßt, sich in einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzu
finden, um in der Nähe von jüdischen Städten in den besetzten Gebieten 1800 Villen für Neuansiedler sowie weitere Wohnviertel zu errichten. Die Vier- bis Fünf-Zimmer-Villen sollen zum Preis einer Eineinhalb-Zimmer-Wohnungjn Tel Aviv verkauft wetden.
Nicht nur, daß die israelische Siedlungspolitik das Zusammenleben von Juden und Arabern erschwert, darüber hinaus auch das Verhältnis zu den amerikanischen Verbündeten zusehends belastet: sie wird neben wirtschaftlichen und innenpolitischen Themen auch immer mehr zu einem wesentlichen Streitobjekt im Ringen der Parteien.
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