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Bayerns Musenhain

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Der Grundstock war die Privatsammlung Ludwig I. von Bayern mit Schwerpunkt Münchner Malerei der 1. Hälfte des 19. Jahrh underts. Der königliche Mäzen zeigte aber auch Interesse für neueste und auch fremdländische Produktionen. Das gab der von ihm gegründeten Sammlung der „Neuen Pinakothek" das zweite Bein für den Sprung an die Spitze.

Schenkungen. die sogenannte Tschudi-Spende, Stiftungen und Leihgaben ließen München - wenn’s ums 19. Jahrhundert geht - nach ganz vorne rücken. Impressionisten etwa, das ist auch mit einer Reise nach München verbunden. Oder Waldmüller? Willkommen in der neuen „Neuen Pinakothek"! Sie wurde vor wenigen Tagen mit viel A ufsehen und - vor allem die A u- ßenhaut betreffend - kritischen Bemerkungen eröffnet und bedacht.

Dazu einige Daten und Bemerkungen zur Geschichte des Hauses.

Stifter und Sammler der modernen Kunst - es gibt sie nicht erst seit heute. Auch das 19. Jahrhundert hat seinen Ludwig. Allerdings war es damals nicht der König einer süßen Branche, sondern der eines Landes: Ludwig I. von Bayern, nicht nur der antiken Kunstwelt zugetan, sondern auch der seiner Zeit und hier vor allem der Malerei, die er „durch Teutsche“ wiederauferstanden sah.

Anläßlich der Grundsteinlegung des „Neuen Pinakothek-Gebäudes“ (1846) meinte er: „Des Staatsmanns Werke werden längst vergangen seyn, wenn die des ausgezeichneten Künstlers noch erhebend erfreuen.“ Und ausgezeichnet fand er in erster Linie Wilhelm von Kaulbach, dessen Monumentalwerk „Die Zerstörung Jerusalems“ König Ludwig an zentraler Stelle im Museum aufstellen ließ. Der neue aufkeimende und geförderte Stern aber hieß Karl Theodor von Piloty, dem eine kometenhafte Karriere mit einem damals als genial empfundenen Wurf gelang: „Seni an der Leiche Wallensteins“, 1855 fertiggestellt und in diesem Jahr von König Ludwig I. erworben.

Der Mäzen aber zeigte auch Interesse für die Kunst der Allerjüngsten seiner Zeit. 1859 wurde Tür die königliche Sammlung Arnold Böcklins „Pan im SchilF* angekauft. Dieses Werk hat man dann später entsprechend der gerade herrschenden Kunstwetterlage vorgezeigt oder weggeschoben. Piloty konnte als Negativbeispiel deutscher Historienmalerei gerade noch in Erin

nerung bleiben, Kaulbachs „Zerstörung Jerusalems“ wurde zusammengerollt und im Depot ganz hinten gelagert. Liebevoll restauriert hängt das knapp 6 mal 7 Meter große Gemälde zwar nicht mehr als Paradebeispiel einer Sammlung aber Immerhin als Prunkstück im Historiensaal in der neuen „Neuen Pinakothek“, die vor wenigen Tagen eröffnet wurde.

Das Neue an der Neuen ist vor allem der Bau, der längst notwendig war. Denn die von König Ludwig I. finan-, zierte und 1853 eröffnete Neue Pinakothek „für Gemälde aus diesem und aus künftigen Jahrhunderten“ wurde gegen Ende des 2. Weltkrieges durch Bombenschäden derart schwer beschädigt, daß das Gebäude nach Ende des Krieges abgetragen werden mußte. Erst 1966 wurde für den Neubau ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben.

Auf dem Gelände der Neuen Pinakothek sollte ein Galeriegebäude errichtet werden, das die Bestände der Sammlung des 19. Jahrhunderts und die der Staatsgalerie moderner Kunst - also das inzwischen angesammelte 20. Jahrhundert - aufnehmen sollte. Von den 278 eingereichten Arbeiten wurde die von Alexander Freiherr von Branca mit dem 1. Preis ausgezeichnet. Die Grundsteinlegung konnte allerdings erst 9 Jahre später erfolgen. Denn wesentliche Raumprogrammänderungen verlangten nicht nur kosmetische Korrekturen.

Die Staatsgalerie moderner Kunst und die Staatliche Graphische Sammlung, die ebenfalls hier eine Heimstätte finden sollte, wurden ausgeklammert. Man entschied sich also für die Trennung der Kunst des 19. und des 20. Jahrhunderts. Stattdessen wurden im Neubau die Direktion der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen mit Verwaltung, Bibliothek, Restaurierwerkstätten und das Doerner-Institut zusammengefaßt.

Mit einem Kostenaufwand von 735 Millionen Schilling (147.000) Kubikmeter umbauter Raum) entstand der größte Museumsneubau Deutschlands der Nachkriegszeit. Es ist eine Architektur, die mit Zitaten nicht spart, die aber von diesen nicht lebt. Was dem Architekten als „Verrat an der Gegenwart“ vorgeworfen wird, bezeichnet dieser als „Schritt ‘heraus aus der Unverbindlichkeit“: Es ist ein der Kunst und dem Menschen dienendes Haus, in diesem Sinne ein Höhepunkt in der deutschen Museumslandschaft.

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