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Begrenzte Reserven

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Die hydrographischen Verhältnisse Österreichs sind im Vergleich zu vielen anderen Ländern äußerst günstig. Die jährliche Niederschlagshöhe beträgt im Mittel — bezogen auf das gesamte Bundesgebiet — etwa 1.190 Millimeter, das sind etwa 100 Milliarden Quadratmeter Wasser, wovon auf der Oberfläche rund 54 Milliarden Quadratmeter abfließen. Dies entspricht einer Abflußhöhe

von 653 Millimetern. Zu dieser Menge kommen noch etwa 35 Milliarden Quadratmeter, die jährlich aus dem Ausland — vor allem über Donau und Inn - zufließen.

Obwohl in Österreich als Gebirgsland der überwiegende Teil des Wassers an der Oberfläche auftritt, kommt dem unterirdischen Wasservorkommen, wie einer Studie des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft zu entnehmen ist, auch große Bedeutung zu. Grundwasser spielt vor allem in den Flachlandgebieten im Osten, aber auch in den Flußtälern der Alpen eine große Rolle, Berg- beziehungs-

weise Kluftwasser hingegen besonders in den verkarsteten und verkarstungsgefährdeten Regionen, die rund ein Sechstel der Fläche Österreichs ausmachen.

Die Gebiete mit verhältnismäßig reichem Grundwasservorkommen, die insgesamt ebenfalls etwa ein Sechstel des Bundesgebietes umfassen, haben in den einzelnen Bundesländern etwa folgende Anteile an den jeweiligen Flächen: Burgenland 38 Prozent, Kärnten 24 Prozent, Niederösterreich samt Wien 23 Prozent, Oberösterreich 23 Prozent, Vorarlberg zwölf Prozent, Salzburg zehn Prozent, Steiermark acht Prozent und Tirol fünf Prozent.

Das Trinkwasser stammt in Österreich bei einem Verbrauch von 270 Liter je Einwohner und Tag zu 59 Prozent aus Quellen, zu 40 Prozent aus dem Grundwasser und nur zu einem Prozent aus Oberflächengewässern.

Es gilt daher, das heimische Grundwasservorkommen als wichtige Quelle für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung zu schützen und vor allem in agrarischen Intensivgebieten eine boden- und umweltschonende Bewirtschaftung durchzuführen. In intensiven Landwirtschaftsgebieten sind bereits Gefährdungen des Trinkwassers feststellbar. Immerhin besteht bei einem Nitratgehalt von mehr als 50 Milligramm pro Liter bereits eine Gesundheitsgefahr für Kleinkinder.

In diesem Zusammenhang ist es auch wichtig, die Kommunalpolitiker über mögliche Gefahren der Trinkwasserverschmutzung aufzuklären.

Bei einer Stichprobenuntersuchung der österreichischen Gesellschaft für Marketing, die in 41 Gemeinden zum Thema Trinkwassergefährdung durchgeführt wurde, wußten 68 Prozent der verantwortlichen Kommunalpolitiker keine Antwort auf die Frage, wie stark die Trinkwasservorkommen in Österreich allenfalls durch Umweltunfälle oder andere negative Faktoren gefährdet sind. In 65 Prozent der befragten Gemeinden gibt es keine Krisenpläne für etwaige Trinkwasserausfälle durch Umweltunfälle. Befragte Bürgermeister, Gemeinderäte, aber auch Chefs von Wasserwerken treten daher dafür ein, die Bevölkerung verstärkt über die Trinkwassersituation zu informieren.

In diesem Zusammenhang fordert Professor Michael Kunze vom Institut für Sozialmedizin der Universität Wien die Grün

dung einer Expertengruppe für jedes Bundesland, bestehend aus einem Hygieniker, Sozialmediziner, Wasserfachmann sowie diversen Technikern, die die Gemeinden’ in allen Fragen der Trinkwasserversorgung unterstützen müßten.

Weiters befürwortet er das Anlegen von Notvorräten an Mineralwasser für Krankenhäuser und Zivilschutzeinrichtungen in Gebieten mit bereits gefährdetem Trinkwasser. Grundsätzlich sollte jeder Österreicher eine eiserne Reserve von 14 Liter pro Person, was einem Wochenbedarf entspricht, in Form von geeigneten Flüssigkeiten bevorraten.

Am besten für eine solche Bevorratung eignet sich Mineralwasser. Laut Auskunft der meisten Mineralwasserfirmen ist dieses, in Flaschen abgefüllt, auch unbeschränkt haltbar. Obwohl das Mineralwasser so gut haltbar ist, reichen aber die vorhandenen Kapazitäten der heimischen Unternehmen für eine Notversorgung der gesamten Bevölkerung nicht aus. Das geht aus einer Untersuchung des Wirtschaftsforschers und Kommunikationsberaters Peter Hochegger bei den heimischen Mineralwasserfirmen hervor. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht und aus Gründen der Preisgestaltung sind die einschlägigen Unternehmen in Österreich auch nur in der Lage, eine bestimmte Reserve an Kisten und Flaschen anzubieten. Insgesamt haben die Mineralwasserfirmen etwa sieben Millionen Kisten zu zwölf Flaschen im Umlauf beziehungsweise für die entsprechenden Spitzenzeiten auf Lager. Diese Kapazität von 84 Millionen Litern würde in etwa den Flüssigkeitsbedarf Österreichs für sechs Tage decken.

Eines steht aber trotzdem fest: Die Erhaltung beziehungsweise Schaffung biologisch günstiger Umweltbedingungen verlangt das Fernhalten massiver und schädlicher Verunreinigungen sowie die Erhaltung naturnaher Gewässer.

Es ist für ein kulturell hochstehendes Land wie Österreich selbstverständlich, daß Abfälle der menschlichen Zivilisation möglichst überhaupt nicht - jedenfalls nicht in Seen — oder nur nach weitestgehender Aufbereitung und in gänzlich unschädlicher Form dem Gewässer einfach überantwortet werden.

Der Autor ist Leiter der Abteilung für Agrarökonomie im Landwirtschaftsministerium.

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