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BEI ADVENTISTEN DIE BIBEL NEU ENTDECKT

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Kein Buch der Geschichte hat die Menschheit so sehr bewegt und geprägt wie die Bibel. Und keines wurde so oft zum „Stein des Anstoßes". Sie wurde und wird ausgelegt, als Märchenbuch belächelt, analysiert, verfälscht, und als Ziergegenstand verschenkt und man setzte sie als Waffe gegen Andersgläubige ein.

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Kein Buch der Geschichte hat die Menschheit so sehr bewegt und geprägt wie die Bibel. Und keines wurde so oft zum „Stein des Anstoßes". Sie wurde und wird ausgelegt, als Märchenbuch belächelt, analysiert, verfälscht, und als Ziergegenstand verschenkt und man setzte sie als Waffe gegen Andersgläubige ein.

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Den Weisen, Klugen und Mächtigen dieser Welt blieben die Inhalte oft verborgen weil sie es nicht verstanden mit dem Herzen zu lesen. Vielen Menschen jedoch gab sie Trost und Hoffnung, viele lernten durch sie Gott kennen, seine Sprache verstehen und seine Pläne. Unzähligen Märtyrern gab sie Kraft, unvorstellbare Torturen zu ertragen und zu sterben. Denn sie glaubten an Gottes Verheißungen, die in der Bibel niedergeschrieben sind.

Niedergeschrieben und überliefert für Sie und für mich! Aber es sollte eine Zeit dauern bis ich dies begriff.

Im Religionsunterricht hatten wir die verschiedensten Arbeitsbücher mit zum Teil recht interessanten Beiträgen und Aufgaben. Wir bekamen sogar eine Bibel geschenkt. Nur gelesen haben wir darin - soweit ich mich erinnere - nicht. Übrigens empfand ich das damals nicht als Mangel.

Mit 18 Jahren besuchte ich, obwohl nicht gläubig, einen theologischen Kurs und war fasziniert von der Vielfalt des Lehrstoffes. Einer der Professoren begrüßte uns mit dem weisen Satz: „Mit etwas Mühe können Sie hier vieles lernen, nur zu glauben können wir Sie nicht lehren." Was mich betrifft, sollte er recht behalten. Trotzdem machte mir der Umgang mit Philosophie, Kirchengeschichte, Fundamentaltheologie und so weiter riesigen Spaß. Daß wir auch in „moderner Bibelkritik" unterrichtet wurden, machte die Sache nur noch reizvoller. Mit meinen 18 Jahren kam ich mir recht klug vor, wenn ich, besonders im Gespräch mit älteren Menschen, deren „Kinderglauben" ein wenig zerpflücken konnte.

Diese Freude blieb jedoch nur von kurzer Dauer.

Meine Gedankenspielereien machten sich allmählich selbständig, bis ich endlich überhaupt nicht mehr wußte, was Wahrheit und was Fiktion war. Ich dachte nur mehr darüber nach, zu welcher Gattung dieses oder jenes

Schriftstück gehörte. Handelte es sich um eine Sage, eirt Märchen, einen historischen Bericht? War es ein Gleichnis oder gar eine Erzählform, die ich im Unterricht verschlafen hatte?

Lag es an meinem eigenen Unvermögen oder daran, daß ich keinen Menschen hatte, mit dem ich diese Probleme austauschen konnte? Wahrscheinlich an beidem. Für mich blieb die Bibel jedenfalls eine Ansammlung von toten Buchstaben ohne Bezug zu meinem Leben und im besten Fall ein Teil der Allgemeinbildung. Anmerken möchte ich jedoch, daß mir vieles, was ich damals im Kurs gehört hatte, Jahre später im Umgang mit gläubigen, zweifelnden oder suchenden Menschen sehr geholfen hat.

Ungefähr ein Jahr war seit dem Kurs vergangen, als ich durch einen Freund Mitglieder einer Pf ingstgemeinde (der Adventisten) kennenlernte. Und zu meinem großen Erstaunen hatte jeder immer seine Bibel bei sich. Wir führten zum Teil recht hitzige Diskussionen und ich wurde förmlich mit Bibelzitaten bombardiert. Sie können sich leicht vorstellen, daß ich mich da oft plötzlich in recht peinlichen Situationen wiederfand. Da half es auch nur sehr wenig, daß ich heimlich „Munition" sammelte um beim nächsten Mal besser dazustehen. Allein die Mühe war vergebens, sie waren mir immer einen Schritt voraus.

Zum ersten Mal sah ich Menschen, die, nach ihrem Verständnis, ihr Leben völlig nach den Regeln der Bibel ausrichteten. Das übte eine starke Anziehungskraft auf mich aus. Die Buchstaben erwachten zum Leben und im gleichen Maße erwachte auch mein Glaube. Vor mir öffnete sich eine Welt, die mir bis dahin verborgen geblieben war.

In einem neuen Licht empfand ich die majestätische Schönheit des Schöpfungsberichtes. Ich las von der liebenden Fürsorge Gottes für die Menschen im Paradies und von der Katastrophe des Sündenfalls. Ich ließ mich vom Glauben Abrahams beeindrucken, als er seinen Sohn opfern sollte. Beim Anblick des Regenbogens dachte ich an das Versprechen Gottes an Noah, nie wieder eine Sintflut über die Erde kommen zu lassen.

Ich war erschüttert über den Bericht aus der Makkabäer-Zeit, als eine Mutter nacheinander ihre sieben Söhne verlor und am Ende selbst in den Tod ging, ohne ihren Glauben aufzugeben. Und ich schmunzelte über Jona, der mit allen möglichen Mitteln versuchte dem Auftrag Gottes, die Stadt Ninive vor dem Untergang zu warnen, zu entkommen. Die Stadt wurde nicht vernichtet, weil alle sich bekehrten und Jona sitzt schmollend unter einem Strauch. Mit Freude las ich das Hohelied, diesen innigen Ausdruck der Zärtlichkeit und Liebe des orientalischen Menschen. Von den Psalmisten lernte ich, daß ich es Gott auch wissen lassen darf, „wenn mir etwas nicht paßt".

Moses, der machtvolle Prophet Jesaja, Kohelet der Grübler und die vielen vielen anderen Großen des Alten Bundes hatten mir etwas zu sagen, über Generationen hinweg.

Und dann der Höhepunkt: Gott sendet seinen Sohn in die Welt! Jesus sollte den Lauf der Welt verändern und die Menschheit vor dem sicheren Untergang retten. Das Neue Testament ist sein Vermächtnis. Und gleichzeitig ist es Auftrag an uns, seine frohe Botschaft allen Menschen zu verkünden.

Nun, wie ging es mit mir weiter?

Nach meinem „Ausflug" in die Pfingstgemeinde fand ich wieder in die Katholische Kirche zurück. Geblieben ist mir der Glaube, daß Gott selbst sich in der Bibel offenbart.

Ich lernte auch in der Katholischen Kirche Gemeinschaften kennen, für die der alltägliche „Gebrauch" der Bibel eine Selbstverständlichkeit ist. Und es werden immer mehr, besonders junge Menschen. Ich erkannte für mich, daß ich die Fülle der biblischen Botschaft in größtem Ausmaß in der katholischen Kirche finden kann. Jesus sagt: „Ihr sollt das Leben in Fülle haben." Der Autor ist Angestellter.

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