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Bejarts Mahler
(Wiener Staatsoper) Die Choreographen haben lange gezögert, bis sie erstmals zu einer Mahler- Partitur griffen. Aber dann folgte ein wahrer „Boom“, von dem man nicht weiß, ob man ihn Mahlers rapid steigender Popularität oder gewissen in unserer Zeit wirkenden Kräften oder schmerzlichen Nöten zuschreiben soll (zwischen 1971 und 1976 sind zum Beispiel nicht weniger als 32 neue Mahler-Ballette entstanden). Was Maurice Bėjart zu Mahler zieht, liegt auf der Hand: eben gerade jenes Pathos, das frühere Choreographen scheuten, Mahlers Intel- lektualität, seine Zerrissenheit, die Diskrepanz zwischen Denken und Fühlen.
Die drei am zweiten Gastspielabend des Brüsseler Balletts des 20. Jahrhunderts gezeigten Werke, nicht als Trias konzipiert, waren durch die Themen Erinnerung, Einsamkeit, Liebe und Tod ebenso miteinander verbunden wie durch Bėjarts ausdrucksstarksten und schönsten Solotänzer Jorge Donn. Am Anfang standen, unter dem Titel „Was mir der Tod erzählt“, die fünf Rückert- Lieder sowie die Lieder aus „Des Knaben Wunderhom“, in denen neben Patrice Toumon als Partner Donns fast das gesamte Corps beschäftigt war. Darauf folgten „Lieder eines fahrenden Gesellen“, wieder mit Jorge Donn und, als „alter ego“, Patrice Toumon.
Als das gelungenste und eindrucksvollste Werk erschien mir, nach den drei letzten Sätzen von Mahlers 3. Symphonie (in einer Aufnahme der New Yorker Philharmoniker unter Bernstein), das letzte Werk des Abends „Was mir die Liebe erzählt“. Hier zeigte sich, in einer Choreographie für die beiden genannten Solisten und etwa 30 Mitglieder des Corps Bėjarts unerschöpflicher Erfindungsreichtum an Schritten und Bewegungen. Langanhaltender, herzlicher Beifall.
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