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Bekehrung: Täglich neu!

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„Unsere Welt braucht Bekehrung”, betonte Papst Johannes Paul II. bei seinem jüngsten Besuch in Lourdes vor einigen Wochen. Der Papst wird auch bei seinem unmittelbar bevorstehenden Besuch zum Katholikentag in Wien in einer ähnlichen Prägnanz auf die Botschaft des Christentums hinweisen.

Während in der Zeit der Vorbereitung auf dieses kirchliche Großereignis in der öffentlichen Diskussion — soweit sie sich in den Medien spiegelte — sehr oft nur Äußerlichkeiten behandelt wurden (Aufwand, Bewachung, Teilnehmerzahl), fragte kaum je-

mand, wie sich Katholikentag und Papstbesuch im religiösen Leben des einzelnen, der christlichen Familien, Gruppen und Gemeinden auswirken sollen.

In der FURCHE war vor einem Monat an das Lob für die kircheninterne, offene Vorbereitung, die Frage geknüpft: „Wie aber steht es mit Buße, Bekehrung, erneuerter Bereitschaft zur Nachfolge Christi im persönlichen wie im gemeinschaftlichen Leben? Davon war relativ wenig zu hören.”

Wenn schon nach Meinung des zitierten Kommentars in der Vorbereitungszeit des Katholikentags diese zentrale Forderung des Christentums nach persönlicher Bekehrung (wie sie der Papst in den Mittelpunkt seiner Ansprachen stellt) weitgehend gefehlt hat, so möchte ich hier wenigstens zum Nachdenken darüber anregen, wie sich diese Urforderung des Evangeliums nach Buße, Umkehr und Erneuerung zumindest in der „Zeit danach” durchsetzen könnte.

Ich möchte in diesem Zusammenhang dem Vorsitzenden des Katholikentagskomitees, Eduard Ploier, gerne beistimmen, wenn er feststellt, daß vielen Katholiken noch nicht in der ganzen Tiefe bewußt geworden sei, welche enorme Chance dieser Katholikentag für einen neuen Anfang in vielen Bereichen des Lebens der Christen darstellt.

Dieses noch Noch-nicht-Be- wußtsein gehe quer durch die Reihen der Katholiken, von oben nach unten. Die Christen in Österreich hätten in diesem Land ungeahnte Möglichkeiten und wäre heute neu gefragt, wenn sie sich nur mutiger und profilierter für die Botschaft des Evangeliums einsetzten.

Angesichts der Möglichkeit, daß sich im öffentlichen Bewußtsein der Katholikentag in Äußerlichkeiten verlieren könnte, .verweist man gerne auf das Katholikentags-Grunddokument „Perspektiven unserer Hoffnung”.

Aber gewähren sie wirklich genügend Durchblicke, Ausblicke?

Vermögen diese mit viel Engagement erarbeiteten Sätze dem Zeitgenossen von 1983 den Ein- dručk zu vermitteln, hier die vieldimensionale Wirklichkeit der Kirche Christi so dargestellt zu bekommen, daß sie aus der Fläche zum Raum wird, wie es Aufgabe perspektivischer Darstellung wäre?

Bei den Diözesantagungen sowie in Salzburg und St. Pölten konnten die Delegierten feststellen, mit welchem persönlichen Einsatz der1 eine oder andere Gedanke verfochten oder abgelehnt wurde. Da konnte es aber leicht geschehen, daß die eine oder andere Linie am „Fluchtpunkt”, an dem sich Perspektive zu treffen hat, vorbeischoß! Einzel- und Gruppeninteressen können das Bild verzerren, das die Kirche von Österreich in diesen Sätzen von sich zu bieten versucht.

Erst wenn es den Katholiken wieder gelingt, den Punkt anzuvi- sieren und darauf loszugehen, wo sich die gesamte Kirche trifft, bekommt alles Bemühen seine Sinn- haftigkeit. Dieser Punkt ist aber nicht die Gemeinde, nicht der Bischof und auch nicht die Person des Papstes, sondern Jesus Christus selbst als der Herr der gesamten Kirche.

Solche richtig gezeichneten „Perspektiven unserer Hoffnung” haben Platz für die Anerkennung der „tragischen Gebrochenheit dieser Welt” (Perspektiven Nr. 1), aber auch Platz für die geglaubte Botschaft vom heute oft zitierten Frieden, der „bei der Versöhnung mit Gott” beginnt.

Menschen, die - angeregt durch den Katholikentag - zu Christus hin aufbrechen wollen, müßten dabei von Christen begleitet sein, die als einzelne und in der Gemeinschaft der Glaubenden auf diesem Weg wertvolle Hilfe bieten können.

Alle Probleme dieser Zeit, wie Angst vor der Zukunft, Bedrohung der Partnerschaft, Gefährdung des Friedens, Sorge um den Arbeitsplatz, die Trennung in der Christenheit, das Leiden an konkreten Formen unserer Kirche, die Sorge um genügend geistliche Berufe neben manchen privaten und persönlichen Mißständen werden jedem von uns auf diesem Weg der Kirche begegnen.

Wenn es uns gelingt, trotzdem die Perspektive nicht aus den Augen zu verlieren, wenn wir versuchen, als Christen zu leben, dann kommen wir der Grundforderung Christi nahe: Umkehr, Bekehrung — täglich neu!

Wenn möglichst viele Katholiken unseres Landes den Katholikentag und die Begegnung mit dem Papst als Impuls zu einer neuerlichen Entscheidung für Christus erfahren, dann werden diese festlichen Tage im September für die weitere Entwicklung von Kirche und Gesellschaft in unserem Land von großer Bedeutung sein.

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