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Bengalfeuer in Bukarest: -Russisch- rumänische Weichenstellung

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Seit Ceausescus Sommeraufenthalt auf der Krim haben sich die rumänisch-russischen Beziehungen merklich konsolidiert. Ein indirektes, aber unmißverständliches Zeichen dafür war Giereks seit langem fällige Visite in Rumänien, die im Oktober des Vorjahres stattfand. Alsbald folgte im bunten Glanz des bengalischen Feuers Breschnjews Auftritt auf der Bukare- ster internationalen Politbühne anläßlich der Warschauer-Pakt-Tagung in der rumänischen Hauptstadt.

Eine tiefere Analyse ergibt allerdings, daß zwischen Moskau und Bukarest trotz der freundlicheren Atmosphäre immer noch wesentliche Differenzen bestehen. Uber Bessarabien wird zwar momentan nur leise gesprochen, aber das Problem ist damit nicht eliminiert.

Die rumänische Parteiführung bemühte sich außerdem um versöhnliche Worte in ideologischen Fragen, auf dem Gebiet der zwischenparteilichen Beziehungen, in müitärischer Hinsicht gegenüber der Führung des Warschauer Paktes, bezüglich der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit dem COMECON und, bilateral, mit der UdSSR. Beim näheren Hinsehen läßt sich allerdings feststellen, daß die Rumänen keine entscheidenden Kon zessionen gemacht, sondern viel eher nur angedeutet haben, daß sie unter Umständen kompromißbereit seien. Unter welchen Umständen eigentlich? Viele Kenner der rumänischen Polit- szene neigen zur Annahme, daß in Bukarest zwischen „Woschd“ Breschn- jew und Generalmajor Ceausescu nur eine spektakuläre Spiegelfechterei stattgefunden habe. Rang- und Gewichtsunterschiede hätten „den bisher erfolgreichen Hochseilakrobaten Ceausescu“ gezwungen, aus der schwindelerregenden Höhe herabzusteigen und sich vorübergehend als Parterreequilibrist zu versuchen.

Die Rumänen sind notgedrungen an engeren und lukrativeren Wirtschaftsbeziehungen mit der Sowjetunion interessiert Dieser Wunsch zeigte sich bereits während ihrer Verhandlungen mit Polen und Bulgarien. Die Russen werden für wirtschaftliche Vorteile eindeutige politische Konzessionen verlangen, denn von einseitigen Hilfeleistungen und Geschenken im Stüe Washingtons halten sie nichts.

Der bisherige Stand der russisch- rumänischen Beziehungen war - milde ausgedrückt - unklar. Daß Breschnjew daraus die unsicheren Elemente eliminieren will, ist, von seinem Standpunkt aus gesehen, ver ständlich. Er hört zwar schmeichelnde Trinksprüche gerne, möchte aber je früher je lieber greifbare Resultate in seinem Verhandlungskalender verbuchen. Geschichtliche Erinnerungen an Bessarabien interessieren ihn so wenig wie der Schnee vom vergangenen Jahr, weil er weiß, daß nicht einmal der chauvinistischeste rumänische General von einer Rückgliederung Bessarabiens träumen kann. Wesentlich mehr bedeuten ihm die Differenzen in ideologischen Fragen, in den Beziehungen zwischen den Parteien, zwischen dem Oberkommando des Warschauer Pakts und der rumänischen Volksarmee.

Manche Anzeichen sprechen dafür, daß die Rumänen nolens volens ihre Absicht, die Kooperation mit Moskau zu intensivieren, nur deshalb bekundet haben, weil sie es müssen und weil sie an Stelle der bisherigen Trinkgelder wertvollere russische Gegenleistungen auf wirtschaftlichem Gebiet erwarten. Rumänien ist mehr denn je auf sowjetische Rohstoffe angewiesen.

Durch die Bereinigung fundamentaler Gegensätze mit der UdSSR hoffte Ceausescu, sich mehr Bewegungsfreiheit gegenüber Ländern außerhalb Sowjeteuropas zu sichern.

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