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Berechtigte Sorge

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Im Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende — Eine theologische Positionsbestimmung“ bewegt Eugen Biser eine große Sorge, die heute viele Christen teilen. Es ist die Sorge, daß die Kirchen durch eine defätistische Einschätzung der bestehenden Situation und durch Blickverengung den Herausforderungen der heutigen Zeit nicht gerecht werden.

„Großräumig betrifft das auch den Gang der kirchengeschichtlichen Entwicklung während der Nachkriegszeit, die sich bei allem Großen, das sie zeitigte, zugleich als eine Geschichte verpaßter Chancen darstellt. Sie betrafen vor allem die sich wiederholt anbietende Möglichkeit, mit dem sich wie kaum einmal zuvor für religiöse Fragen öffnenden Zeitgeist ins Gespräch zu kommen, kaum weniger aber auch die sich wiederholt anbietende Gelegenheit, den tief verunsicherten und an seinem Lebenssinn irregewordenen Menschen dieser Zeit für die christliche Sache zu gewinnen“ (Seite 14f.).

Die Sorge, „daß eine sich dem Christentum bietende Chance von historischer Größenordnung übersehen, womöglich sogar vergeben werden könnte“, hat Eugen Biser veranlaßt, sein Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende“ zu schreiben. Die Sorge ist berechtigt. Sie gewinnt auch dadurch an Aktualität, als wir uns in raschen Schritten dem Jahr 2000 nach Christi Geburt nähern, das zweifellos für die gesamte Christenheit ein Anlaß zu einer umfassenden Standortbestimmung und Besinnung auf den künftigen Weg des Christentums ist.

Das Buch von Eugen Biser ist eine Fundgrube von Gedanken und Denkanstößen über die geistesgeschichtliche Situation, in der wir uns gegenwärtig befinden. Der Verfasser ist überzeugt, daß der Kirche, die einem sturmgepeitschten Gefährt gleicht, nicht durch Bremsmanöver, sondern eher durch zusätzliche Antriebe zu helfen sei.

Eugen Biser befürchtet, daß es uns Christen so ergehen könnte wie einem Meteorologen, „der über einer hartnäckig verharrenden Kleinklimatik das übersieht, was sich von der Großwetterlage her ankündigt“.

Beschäftigt mit innerkirchlichen Problemen und Querelen sind gerade auch wir gegenwärtig in Österreich in Gefahr, die Bedürfnisse und Nöte der Menschen und die großen Entwicklungen in der Menschheit zu übersehen und so auch die Chancen für das Christentum heute zu versäumen; wobei immer zu bedenken ist, daß in der Sicht des Glaubenden die Chancen für das Christentum auch Chancen für den Menschen sind.

Erster Teil einer Serie zum Buch „Die glaubensgeschichtliche Wende“ von Eugen Biser (Styria).

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