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Bessere Kooperation Hochschule - Wirtschaft

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Vertreter der steirischen Hochschulen sowie der steirischen Wirtschaft hielten kürzlich in der Handelskammer Steiermark eine zweitägige For- schungsenquete ab, in deren Verlauf die Aspekte für die künftige Forschungsentwicklung dargelegt wurden. Handelskammerpräsident May- er-Rieckh, bekannte sich zu den Grundsätzen einer freien Forschung, deren Finanzierung nicht von vornherein von einem rasch zu erwartenden Nutzen abhängig gemacht werden dürfe. Das Forschungszentrum Graz mit seinen kooperativen Forschungsinstituten sei als Beispiel für eine zielorientierte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft anzusehen. Diese Zusammenarbeit müsse, so gut es nur geht, ausgebaut werden.

Landeshauptmann Dr. Friedrich Niederl machte sich zum Sprecher einer Verbesserung der Forschungsgesinnung und bezeichnete es als Aufgabe des Landes, weiteste Kreise der Bevölkerung von der Notwendigkeit neuer Technologien, wie sie eine zukunftsweisende Industriegesellschaft brauche, zu überzeugen. Jede Koordinierung und Abstimmung der Träger der einzelnen Forschungseinrichtungen sei zu bejahen, nicht aber eine Zentralisierung, die womöglich unter dem ausschließlichen Bezug einer Gesellschaftsrelevanz stehe.

Der Rektor der Grazer Universität, Universitätsprofessor Dr. Kolb, setzte sich kritisch mit den Bestrebungen des Wissenschaftsministeriums auseinander, die Überprüfung der Voraussetzungen für die Auftragsforschung an den Universitäten aus schließlich an sich zu ziehen. Dabei klang die Befürchtung durch, daß politische Bestrebungen zur Konzentration der Forschung außerhalb der Universitäten noch stärker werden könnten.

Mit diesem für die Hochschule grundsätzlichen Problem setzte sich ein Arbeitskreis zum Thema „Forschung und Lehre” auseinander. Im Schlußkommuniquö werden die essentiellen Zusammenhänge zwischen Forschung und Lehre herausgearbeitet: „Forschung ohne Lehre ist stumm und taub”, „Lehre ohne Forschung ist blind” - treffender kann man eigentlich die auch im Universitätsorganisations-Gesetz grundsätzlich verankerte Verbindung von Forschung und Lehre nicht kennzeichnen. Konkret wurde dazu gefordert, daß bei beabsichtigten Gründungen von neuen Forschungsstätten, die aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, die gesetzliche Verpflichtung zur Überprüfung bestehen müßte, ob die Forschungsaufgaben nicht von den Hochschulen übernommen werden können. Nur dann, wenn eine solche Forschungstätigkeit an den Hochschulen nicht kostengünstig vorgenommen werden könne, oder wenn Hochschulkooperationen mit anderen Forschungsstätten nicht zum Ziele führten, sollten entsprechende Ausgliederungen von Forschungstätigkeiten erfolgen. Weiters wurde neben personellen und administrativen Überlegungen gefordert, daß die wissenschaftliche Beurteilung von der gesellschaftspolitischen Entscheidung über die Finanzierung von Forschungsak tivitäten zu trennen sei’und vorangehen müsse.

Univ.-Professor Dr. Hans Tuppy, der Präsident des Wissenschaftsförderungsfonds, ging zunächst auf die Persönlichkeitsbildung des Forschers ein. Verantwortungsbewußt, kooperativ und weltoffen, müsse auch der heutige Forscher zur Selbstkritik fähig sein. So bedeutsam die Grundlagenforschung an den Hochschulen auch sei, vor einer zu radikalen Beschränkung auf diesem Bereich müsse gewarnt werden, da eine Vernachlässigung der anwendungsorientierten Forschung besonders für die Heranbildung der Nachwuchswissenschaftler abträglich sei. Mit Entschiedenheit wandte sich Tuppy dagegen, die Qualität einer Wissenschaft danach zu beurteilen, ob deren Ergebnisse vom Staat oder von gesellschaftlichen Gruppen als wünschenswert erachtet werden. Es sei eine unabdingbare Aufgabe einer wissenschaftsimmanenten autonomen Qualitätsprüfung, Wissenschaft vor sachfremdem, naivem oder ideologischem Wunschdenken zu bewahren, wie es sich nicht nur in der Geschichte häufig der Wissenschaft in den Weg gestellt hat, sondern auch heute die Freiheit der Wissenschaft zu bedrohen scheint

Zwei weitere Arbeitskreise beschäftigten sich mit der inner- und außeruniversitären Forschung, sowie mit den Querverbindungen von Forschung, Wirtschaft und Gesellschaft Dabei wurden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, um die Kooperation zwischen Hochschule und Wirtschaft zu verbessern. So etwa ein Personalaustausch nach amerikanischen Vorbildern, eine effizientere Nutzung der wissenschaftlichen Großgeräte, sowie die Schaffung einer Kontaktstelle in der Handelskammer. Im Hinblick auf die außerordentlich große Bedeutung von Forschung und Entwicklung für die weitere Existenzfahigkeit der österreichischen Wirtschaft wurden auch Forderungen in steuerlicher Hinsicht erhoben, wie etwa nach Berücksichtigung von Aufwandzuschlägen für Kosten, insbesondere Personalkosten, in Forschung und Entwicklung, oder nach bevorzugter Behandlung von Lizenzeinkünften. - Maßnahmen, die längerfristig dem Staat keinen Ausfall von Steuern, sondern im Gegenteil zusätzlichen Steuerertrag bringen würden.

Die an der Enquete teilnehmenden Hochschulprofessoren, Assistenten, Studenten, sowie Vertreter aus der Wirtschaft gelangten zu der einmütigen Feststellung: Ohne Forschung keine wettbewerbsfähige Wirtschaft, ohne funktionierende Wirtschaft keine gesunde Gesellschaft

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