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Betrieb Kloster

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Klöster sind auch Wirt­schaftsbetriebe - mit unter-schiedlichstenAuf gaben, vom Weinbau bis zur Bil­dungsarbeit, von der Land-und Forstwirtschaft bis zur Betreuung von Kranken.

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Klöster sind auch Wirt­schaftsbetriebe - mit unter-schiedlichstenAuf gaben, vom Weinbau bis zur Bil­dungsarbeit, von der Land-und Forstwirtschaft bis zur Betreuung von Kranken.

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1938, als das NS-Regime unverzüglich daran ging, die österreichischen Klöster mit dem Instrument der reichsdeut-schen Steuergesetze an ihrer mate­riellen Wurzel zu treffen, rief Kar­dinal Theodor Innitzer den deut­schen-Caritasverband zu Hilfe. In dessen Eigentum befand sich die „ Solidaris" -Treuhandgesellschaft mit ihren Zweigstellen in Köln, Berlin, München, Breslau und Frei­burg. Noch im gleichen Jahr wurde beschlossen, eine neue Zweignie­derlassung in Wien zu gründen.

1939 eröffnete die Wiener „Soli­daris" ihr Büro und hrachte ein reiches steuerrechtliches Know-how in die Auseinandersetzung kirchlicher Institutionen mit der strengen deutschen Finanzverwal­tung ein. Dazu gelang es, wirt­schaftskundige österreichische Persönlichkeiten zur Mitarbeit zu gewinnen, die vom NS-Regime ih­rer bisherigen Funktionen entho­ben worden waren, darunter den Generaldirektor der „Bundeslän-der"-Versicherung Carl Habich.

Soweit die Klöster und Stifte nicht überhaupt aus politischen Gründen aufgehoben wurden, war es möglich, ihre Substanz, wenn­gleich durch Kriegsschäden erheb­lich dezimiert, in die Periode des Wiederaufbaus zu retten. In den Nachkriegsjahren schloß sich die „Solidaris" mit der damals im Be­reich der Erzdiözese Wien neu ent­standenen „Unitas"-Treuhandge-sellschaft zusammen.

Mitte der fünfziger Jahre ergrif­fen die Orden neue Initiativen für eine finanzwirtschaftliche Grund­lage ihrer seelsorglichen und so­zial-karitativen Aktivitäten: Unter Leitung des Gründers der Superio-renkonferenz, des Klosterneubur-ger Propstes und Abtprimas der Augustiner-Chorherren, Gebhard F. Koberger, beteiligten sie sich an der Gründung der „Kirchlichen Aufbauanleihe" und bestimmten weitgehend auch die Tätigkeit der „Unitas-Solidaris".

Auf dem Gebiete des Steuer­rechts, wo nach und nach die deut­schen Abgabengesetze „austrifi-ziert" wurden, gelang es, die viel­fältigen gemeinnützigen Tätigkei­ten der katholischen Orden von ihrer früheren Diskriminierung zu befreien. Als Körperschaft des öf­fentlichen Rechts sind heute die Klöster den Gebietskörperschaften, Kammern et cetera gleichgestellt. Und ihre „Betriebe gewerblicher Art" nehmen am Wettbewerb un­serer freien Marktwirtschaft teil.

Nach dem II. Vatikanischen Konzil begannen viele Ordensge­meinschaften durch zahlreiche innere Reformen auch ihre Wirt­schaftsstruktur zu verändern. Der zunehmende Nachwuchsmangel wird noch weitere und umfassende strukturelle Veränderungen mit sich bringen. Im Tätigkeitsbereich der beratenden Wirtschaftstreu­händer spiegelt sich dies in einer Schwerpunktverlagerung von der steuerlichen Beratung auf eine in­tensive betriebswirtschaftliche Begleitung und die Einführung der EDV in die klösterlichen Verwal­tungsbereiche wider.

Heute ist es undenkbar, land- und forstwirtschaftliche Betriebe der Stifte, die Schul- und Heimbetrie­be der Orden und selbst die Alters­heime ohne das Instrument einer Kostenrechnung zielgerecht zu steuern; auf dem Gebiete der Kran­kenanstaltenfinanzierung war es der Staat selbst, welcher 1978 die Einführung der Kostenrechnung zur gesetzlichen Voraussetzung für eine Subventionierung der Spitäler erklärte.

Welche Ziele verfolgen die Be­triebe der Klöster heute?

Bei den Stiften ist es auch heute in erster Linie die Erfüllung des historischen Auftrages der Seelsor­ge in den anvertrauten Pfarren. Die Betriebe erbringen meist die finan­zielle Basis für die Durchführung der umfassenden Pfarrbetreuung. Immer mehr wird auch hier eine neue Form der Seelsorge und ein Umdenken in der bisherigen Be-treuungs- und Versorgungspasto-ral notwendig werden. Dies ist sowohl aus wirtschaftlichen, finan­ziellen Überlegungen als auch besonders vom geistlichen Personal­mangel nötig. Die Erhaltung und Adaptierung der historischen denk­malgeschützten Baulichkeiten be­deuten für die Orden eine ständige Sorge und finanzielle Last. Deren Erhaltung wird von der öffentli­chen Hand, insbesonders steuerlich, nur ungenügend unterstützt.

Viele Stifte unterhalten neben der Pfarrseelsorge auch Schulen, In­ternate und Bildungshäuser, deren Wirtschaftsgebarung oft nur defi­zitär oder bestenfalls kostendek-kend zu gestalten ist. Meist ver­bleibt dann den land- und forst­wirtschaftlichen Betriebszweigen die Aufgabe, die Finanzierung der sogenannten „Hoheitssphäre" zu bestreiten.

Zu den männlichen Orden zählt neben den Stiften eine vielfältige Gruppe von Gemeinschaften, wel­che nicht nur Pfarrseelsorge son­dern auch „kategoriale Seelsorge" ausüben. Diese erstreckt sich von der Jugendarbeit über die Hoch­schullehre bis zur Sozialbetreuung und der immer bedeutungsvolleren und wichtigeren Missionstätigkeit.

Die weiblichen Orden stehen seit Jahrhunderten in der vordersten Linie der Krankenbetreuung. Der qualitative Rang der Ordensspitä­ler ist ebenso berühmt wie die ko­stenbewußte Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebsführung. Daß die Ordensspitäler in der Bevölkerung sich einer besonderen Beliebtheit erfreuen, sei hier nicht nur neben­bei erwähnt.

Ebenso wie die Ordenskranken­häuser müssen auch die Kloster­schulen in der harten Konkurrenz mit Betrieben der öffentlichen Hand bestehen. Zwar deckt der Staat die Lehrer-Personalkosten, doch bleibt den klösterlichen Ökonomen und Prokuratorinnen die jährlich neue Aufgabenstellung, den übrigen Aufwand mit Hilfe der meist sozial ermäßigten Schulgeldbeiträge der Eltern zu finanzieren.

Keinesfalls an letzter Stelle sind jene weiblichen Orden zu nennen, welche ihre Aufgabe in den Alters­und Pflegeheimen, aber auch in der Organisation der Hauskrankenpfle­ge bis zur Sterbehilfe sehen. Wie in jedem Dienstleistungsbetrieb ist hier die Qualität des persönlich­menschlichen Einsatzes von ent­scheidender Bedeutung.

In seinen wirtschaftlichen Kon­sequenzen zunehmend entschei­dend ist freilich der Mangel an Ordensnachwuchs, auf den sich die Klöster heute einstellen müssen. In den Vordergrund rückt daher die Notwendigkeit einer Zusammenar­beit mit Laien, welche für die Ziele des Ordens zu gewinnen sind.

Der Autor ist Propst des Augustiner-Chor­herrenstiftes Vorau.

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