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Bewährungstest steht noch bevor

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Es vergeht wohl kaum ein Tag, ohne daß nicht irgendwo auf der Welt eine internationale Organisation gegründet wird. Uber die Gründung der Internationalen Demokratischen Union (IDU), die vor etwas mehr als einer Woche in London stattfand, wurde in den österreichischen Medien ausführlich berichtet. Man könnte somit (fast) zur Tagesordnung übergehen, gäbe es da nicht bemerkenswerte Hintergründe.

Uber allem steht einmal die Tatsache, daß mit der IDU ein jahrelanger Traum des christlichdemokratischen, bürgerlichen und konservativen Lagers endlich realisiert wurde. Schon seit langem warf man immer wieder neidische Blicke zur Sozialistischen

Internationale, wurde da doch — lange Zeit jedenfalls — der Eindruck erweckt, als würde es sich bei der SI um ein solidarisches, weltumspannendes politisches Unternehmen handeln. Mittlerweile ist dort die Solidarität manchem Zerwürfnis und Mißtrauen gewichen.

Es entspricht dem Auf und Ab in der Politik, daß, während die eine politische Kraft ins Trudeln gerät, eine andere Auferstehung feiert. Und die anerkennenden Worte, die vor kurzem der deutsche Oppositionschef Hans-Jochen Vogel anläßlich seines Wien- Besuchs für die IDU fand, zeigen, daß die neue internationale Gruppierung vom politischen Vis-a- vis sehr ernst genommen wird.

Die Gründung der IDU hat eine lange Vorgeschichte. Auf europäischer Ebene gibt es schon seit Jahrzehnten die Union europäischer Christdemokraten, die UECD. Ihr gehören ausschließlich sogenannte CD-Parteien an. Mit Mißbehagen hat die UECD bereits 1978 die Gründung der EDU, der Europäischen Demokrati schen Union, und dabei vor allem die Tatsache verfolgt, daß einige Parteien aus der UECD sich plötzlich auch mit konservativen und Zentrumsparteien eingelassen haben, wie etwa die CDU/CSU oder die OVP.

Das änderte aber nichts daran, daß die EDU politisch und organisatorisch zu wachsen begann.

Was die UECD nun auf europäischer, das ist die UMDC — das M steht für „mondial“—auf Weltebene. Von ihr freilich hört man noch weniger als von der UECD. Dabei hat die UMDC derzeit noch ein Plus für sich, das sie nur nicht ausspielt: nämlich die Kontakte zu den Christdemokraten in Zentral- und Lateinamerika.

Wenngleich manche Spannungen zwischen UECD und EDU beziehungsweise zwischen UMDC und IDU nicht wegzudiskutieren sind, so ist zweifellos ein gewisser Annäherungsprozeß im Gange. Dazu zwei Indizien und ein Garant:

Die italienische Democrazia Cristiana entsendet seit zwei Jahren jeweils einen Beobachter zur EDU-Parteiführerkonferenz (in London gab es wegen der zum selben Termin stattfindenden Parlamentswahlen verständlicherweise keinen DC-Repräsentanten). Die belgischen und niederländischen Christdemokraten erkundigen sich bei den gelegentlich stattfindenden Parteitreffen mit der ÖVP immer wieder auch über die Entwicklung der EDU. Mit

Besonders für die Amerikaner ist dies ein ungewöhnlicher Schritt. Bis vor kurzem hatten die beiden amerikanischen Parteien nicht einmal ein Auslandsbüro — geschweige denn irgendeine internationale Mitgliedschaft. Und jetzt haben sowohl Republikaner wie Demokraten eine eigene Auslandskontaktstelle und machen auch noch mit in der IDU-Partie— die einen als Mitglied (die Republikaner), die anderen als Beobachter (die Demokraten).

Eine besondere Rolle auf dem amerikanischen Kontinent wird der kanadischen Progressiv-konservativen Partei zukommen. Als eine Partei aus einem bevölkerungsmäßig kleinen Land hat sie die Chance, in den nächsten Jahren auch eine sogenannte Ameri- kanische-Demokratische-Union (ADU) zustande zu bringen, der gleichgesinnte Parteien aus dem amerikanischen Kontinent angehören könnten.

Die Gründung der IDU hat ein beachtliches internationales Echo gefunden, wobei man fairerweise hinzufügen muß, daß dieses Echo - bedingt durch die Person des Obmannes und durch den Tagungsort — in Österreich beziehungsweise Großbritannien besonders ausgeprägt war. Es steht außer Zweifel, daß man sich darüber hinaus international noch mehr Echo für die Zukunft wünschen darf und muß.

Dies wiederum hängt davon ab, daß dem organisatorischen Akt auch politische Handlungen folgen. Daher: Was wird die Mittelamerika-Mission bringen? Wird die soziale Marktwirtschaft das auch international anerkannte und praktizierte wirtschaftspolitische Ordnungsmodell? Wird es einmal zu einem Gipfeltreffen des IDU- und des SI-Chefs kommen?

Uber die Geburtsstunde der IDU dürfen sich die Gründungsväter mit Recht freuen. Die Bewährungsprobe steht allerdings noch bevor.

gierung, also einer Ubergangslö- sung aufkommen ließ. Derlei könnte freilich die gelangweilte Erbitterung der Wähler nur noch steigern.

„Die Parteien haben ihre Vermittlerfunktion zwischen Gesellschaft und Staatsinstitutionen kompromittiert. Die Partei hat sich wie ein Krebsgeschwür in der Gesellschaft ausgebreitet und den Staat okkupiert“, also erklärt Pater Sorge die Revolte, die sich abzeichnet und er befürchtet tragische Folgen für Italiens Demokratie.

Die Parteien selbst scheint das wenig zu kümmern. Ihr Selbstgespräch, an den Ohren des Landes vorbei ist so munter wie je im Gange. Personen und Formeln werden herumgereicht und für Programme ausgegeben.

Sorglosigkeit? Auch Zeichen von Gewißheit, daß es einen politischen Erdrutsch gegeben hat und vertiefte Risse in der ohnehin unübersichtlichen politischen Landschaft Italiens. Und auf diesem Boden haben die Italiener ja allemal mehr Standvermögen bewiesen als sie sich selbst zutrauen.

Alois Mock schließlich steht an der Spitze von EDU und IDU ein Politiker, der selbst aus dem Lager der Christdemokraten kommt.

Bis 1979, als er als Nachfolger von Josef Taus ins internationale Geschäft einstieg, war Mock stellvertretender Vorsitzender der UECDA, des Arbeitnehmerflügels der UECD. Viele strenggläubige Christdemokraten verstehen derzeit noch nicht ganz, wie sich einer der Ihrigen auch mit konservativen und Zentrumsparteien einlassen kann.

Gleichzeitig beginnen sie aber auch zu erkennen, daß es, abgesehen vom sogenannten „C“ in der Politik, sehr wohl auch noch andere politische Bindeelemente gibt: etwa das Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft, zu den politischen und sozialen Grund- und Freiheitsrechten, zur parlamentarischen Mehrparteiendemokratie.

Mit dem Gründungsakt der IDU hat sich gezeigt, daß in diesem politischen Bereich nicht nur weltweit eine Sehnsucht nach mehr Zusammenarbeit besteht, sondern auch der Wille, so etwas durchzuziehen, vorhanden ist. Und so ist an der IDU nicht nur der starke europäische Block, von EG- und Nicht-EG-Ländern, von Neutralen und NATO-Staaten, bemerkenswert, sondern vor allem, daß auch Parteien aus dem amerikanischen und pazifischen Raum mittun.

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