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bewegt die Materie

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Die eingehende Erforschung der Funktionsweise des Gehirns und der Entwicklung des Menschen in den ersten Lebensphasen zeigt die vorrangige Bedeutung von Information.

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Die eingehende Erforschung der Funktionsweise des Gehirns und der Entwicklung des Menschen in den ersten Lebensphasen zeigt die vorrangige Bedeutung von Information.

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für die Ideenschöpfung in unserem Geist. Das ist nicht Ausdruck der Armut einer Sprache, sondern Zeugnis für die phänomenale Intuition der Menschen, die Schöpfer dieser Sprache waren:

Schon ganz am Beginn des Lebens sind Seele und Leib, Geist und Materie so sehr ineinander verwoben, daß wir nur ein Wort verwenden, um diese zwei Phänomene zu beschreiben: eine Idee, die einem einfällt, ein „Konzept“, und ein Kind, das zu leben beginnt aufgrund seiner „Konzeption“.

Die Erbinformation ist auf einem spiralenförmigen Gebilde in den Samen- und Eizellen gespeichert. Man kann das System mit dem Magnetband der Kassette vergleichen, die wir in einen Kassettenrecorder einlegen. In den Genen ist enorm viel Information gespeichert: Würden wir sämtliche „Buchstaben“ (sie sind in chemischer Form, der von Basen gespeichert), so würde das ein Sammelwerk füllen, das fünfmal so umfangreich wäre, wiedie “Encyclopediabritannica“. Die Menge an Information ist einfach unfaßbar groß.

Der Grund, warum diese Information so miniaturisiert worden ist, liegt darin, daß eben Geist die Materie animiert, die Partikeln ordnet, sodaß im Grunde genommen das Leben ein Trick ist, den Zufall mit unseren eigenen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen.

Trotz all dieser unfaßbaren Menge an Information, die da im Spiel ist, würde ich dennoch die Basis der modernen Genetik sehr einfach definieren, als Paraphrase einer sehr alten Schrift: „Im Anfang gibt es eine Botschaft. Diese Botschaft ist im Leben und diese Botschaft ist das Leben.“ Und wenn diese Bot-

schaft eine menschliche ist, dann ist dieses Leben ein menschliches Leben.

Es wäre äußerst unzureichend, nur dem Rechnung zu tragen, was in der DNS (der Erbinformation) eingeschrieben ist. Denn trotz ihres enormen Umfangs reicht diese Botschaft nicht, um den neuen Menschen zu definieren. Denn innerhalb der Zelle ist nicht nur die in der DNS enthaltene Information gespeichert, sondern die Zelle verfügt auch über einen eigenen Apparat, diese Information zu lesen, zu übersetzen und in „Handlungen“ umzusetzen.

Um die oben erwähnte Analogie

wieder zu verwenden. Wenn man eine Kassette hernimmt, auf der eine Symphonie gespeichert ist, und sie in einen Recorder steckt, so gibt dieser die Symphonie wieder, obwohl keine Musiker unmittelbar am Werk sind. Es wurde eben das ursprüngliche Klangwerk aufgenommen, zunächst verschlüsselt und dann im Recorder wieder decodiert.

Dasselbe gilt für das Leben. Es ist wie eine Symphonie. Das Außergewöhnliche ist nur, daß sowohl die Symphonie als auch der Recorder in der Zelle vorhanden sind. Die enorme Informationsmenge ergibt sich also nicht nur aus dem, was am Band „geschrieben steht“, sondern auch aus der im „Recorder“ enthaltenen Information. Ich kann diese Informationsmenge überhaupt nicht schätzen. Es gibt rund 100.000.000.000 Basen in der DNS. Aber wieviel Information im „Lesegerät“ steckt, das hat noch niemand bisher erfaßt. Es muß aber milliardenmal mehr sein.

Zum Schluß noch einen Blick auf die Forschungsergebnisse der vergleichenden Anatomie. Sie lassen erkennen, daß sehr große Gehirnpartien des Menschen für das Sprechen, das Verstehen von Gesprochenem und für Assoziationen vorgesehen sind. Es existiert nichts annähernd Gleichartiges bei den verschiedenen Tierarten.Man muß nicht Genetiker sein, um zu erkennen, daß die menschliche Natur sich sehr deutlich von der übrigen Schöpfimg unterscheidet.

Der Autor ist Entdecker der genetischen Ursachen des Mongolismus. Mit diesem Forschungsergebnis hat er der modernen Genetik den Weg bereitet. Sein Beitrag ist ein Auszug aus einem Vortrag beim 15. Internationalen Familienkongreß in Zagreb im Oktober 1989.

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