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Bimdesrat sollte Mitwirkungsrecht an Gesetzgebung erhalten

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In einem Vortrag in Graz befaßte sich der stellvertretende Bundesratsvorsitzende Univ.-Prof. Dr. Herbert Schambeck ausführlich mit der gegenwärtigen Situation des österreichischen Föderalismus. Schambeck plädierte dafür, eine Verbesserung in der Mitwirkung des Bundesrates an der Gesetzgebung und Kontrolle anzustreben: „Man könnte den Mitgliedern des Bundesrates in der Weise ein Mitwirkungsrecht an der Gesetzgebung eröffnen, daß Bundesratsmitglieder an den Ausschußsitzungen des Nationalrates mit beratender Stimme teilnehmen können.

Da alle von der Regierung und den Abgeordneten initiierten Gesetzesvorlagen nicht nur den Nationalratsabgeordneten, sondern auch den Bundesratsmitgliedern zugehen, könnte man dem Bundesrat - gleich dem Senat in Bayern gegenüber dem dortigen Landtag - auch das Recht zur Stellungnahme zu diesen Gesetzesvorla- gen eröffnen. Im Falle einer Verfassungsänderung zu Lasten der Länder sollte das suspensive Veto des Bundesrates in ein absolutes Veto gewandelt werden. Wünschenswert wäre es auch, den Landeshauptleuten gleich den Mitgliedern der Bundesregierung das Recht zu geben, das Wort im Bundesrat zu ergreifen.

Eine Erleichterung sollte für die Ausübung der Gesetzesinitiative im Bundesrat vorgesehen werden. Dafür ist jetzt eine nur schwer erreichbare Mehrheit erforderlich. Gleich dem Nationalrat sollte dazu eine bestimmte Anzahl Abgeordneter, denkbar wären mindestens sechs Bundesratsmitglieder oder die Mehrheit der Bundesräte zweier Bundesländer, genügen. Auch wäre ein Ausbau der parlamentarischen Kontrolle des Bundes rates in politischer und rechtlicher Hinsicht zu begrüßen: Der Bundegrat sollte die ihm schon im Buridesvėrfassungsge- setz eingeräumte Möglichkeit der mündlichen Anfrage durch Schaffung einer Fragestunde nutzen, wobei man die im National rat gewonnenen Erfahrungen beachten sollte.

Als parlamentarische Minderheitsrechte, zu deren Nutzung sechs Bundesratsmitglieder oder die Mehrheit der Bundesräte zweier Bundesländer genügen könnten, sollten für den Bundesrat das Resolutionsrecht erleichtert und das Enqueterecht neu- eingeführt werden. Beim Verfassungsgerichtshof müßte dem Bundesrat das Recht zur Anfechtung von Gesetzen wegen des Verdachts der Verfassungswidrigkeit, insbesondere wegen Verletzung der Bundesstaatlichkeit, eröffnet werden.

Es wäre auch begrüßenswert, dem Bundesrat einen Zugang zur finanziellen Kontrolle zu eröffnen, indem ihm ein Prüfungs- und Kontrollantrags- recht beim Rechnungshof eingeräumt wird. Das wäre insofern verständlich, als die Tätigkeit des Rechnungshofes auch in den Ländern von Bedeutung ist und das Budget für die Länder von ausschlaggebendem Einfluß, besonders in der Privatwirtschaftsverwaltung, geworden ist. Das setzt allerdings voraus, daß die Repräsentanten des Rechnungshofes, nämlich Präsident und Vizepräsident nicht allein vom Nationalrat, sondern von der Bundesversammlung gewählt werden.“

Der Referent erwähnte auch die Tendenzen zur Regionalisierung von Rundfunk und Fernsehen, eine Erscheinung, die wesentlich mit dem Föderalismus zu tun hat. Schambeck dazu: „Auf dem medien-politisch so bedeutsamen Bereich des Rundfunkrechtes wurden durch den Verfassungsgerichtshof 1954 die Weichen gestellt, als dieser in einem Rechtssatz Rundfunk und Fernsehen zur Gänze, also in technischer, organisatorischer und kultureller Beziehung als Bestandteil des Telegraphenwesens ansah. Somit wurde eine Bundeszuständigkeit für die Gesetzgebung und Vollziehung ausgesprochen.

Aber atfch die so fixierte Kompetenz bedeutet in keiner Weise eine Entscheidung für die Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit eines umfassenden zentralistischen Einheitsrundfunks. Im Gegenteil: Erst vor kurzem hat Karl Korinek in einem vielbeachteten Vortrag ausgeführt, daß das durch die Rundfunkgesetze von 1974 geschaffene Rundfunkmonopol des ORF, das diesem Unternehmen auch eine Monopolstellung für den Bereich des Kabelfernsehens eröffnet und es den Ländern unmöglich macht, ohne eigenen Gesetzgebungsakt des Bundes im Bereich des Äther- oder Kabelrundfunks und Fernsehens tätig zu Werden, im Hinblick auf Artikel 10 der Menschen rechtskorivöntiöH verfässühgs- widrig sei.

Dem rundfunkpolitischen Anliegen kann aus der Sicht des Föderalismus, Wie Landeshauptmann Dr. Erwin Wenzel deutlich gemacht hat, in zweifacher Form Rechnung getragen werden. Soweit man sich - etwa aus technischen oder finanziellen Zwängen - für die Beibehaltung des Monopols auf dem Gebiet des Ätherfunks und Fernsehens entscheiden möchte, wäre es erforderlich, die einheitliche Anstalt organisatorisch umzugestalten, um eine entsprechende Länderrepräsentanz sicherzustellen. Außerdem müßte sie hinsichtlich der Programmgestaltung in stärkerem Maße regiona- lisiert werden. Soweit es um neue Kommunikationstechniken wie etwa das Kabelfernsehen geht, wäre hingegen die selbständige Einrichtung von Landesgesellschaften oder Anstalten zu erwägen, denen Aufgaben der Programmerstellung und Übermittlung bundesgesetzlich zu übertragen wären!

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